Beyoncé - Crazy in Love. Anna Pointer

Beyoncé - Crazy in Love - Anna Pointer


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bewahrt, dass Solange, wie sie sagt, sich weigerte, Vergleiche zwischen sich und ihrer großen Schwester zu ziehen. „Für meine Familie war ich immer die Rebellin“, erzählte sie in Texas Monthly. „Ich zog mich immer ganz anders an. Ich habe mich nie über meine Schwester definiert.“

      Tina beschrieb sich selbst stets als überaus familienorientiert und ihre Töchter genossen all die üblichen Vorzüge der Kindheit. Weihnachten war immer eine besonders fröhliche Zeit. Es wurden Weihnachtslieder angestimmt, ein glitzernd dekorierter Baum wurde aufgestellt und es gab Truthahn mit allem Drum und Dran. Ein weiterer besonderer Termin im Kalender der Familie war die Houston Livestock Show inklusive Rodeo. Die Mädchen freuten sich jedes Jahr darauf. „Es war wie ein riesiges Familien-Picknick. Wir aßen frittierte Snickers-Riegel“, erinnerte sich Beyoncé später im Magazin Essence.

      Heute, als Mutter, blickt Solange voller Zuneigung auf ihre gemeinsame Kindheit zurück und besteht gleichzeitig darauf, dass diese sich nicht besonders von jener anderer Leute unterschied. „Meine Schwester und ich bekamen keine teuren Klamotten. Als Kinder wollten wir unbedingt diese Fila-Sneakers, aber meine Mutter nahm uns stattdessen mit zum Flohmarkt, wo sie uns Imitate kaufte“, erzählte sie im Guardian. „Schaut euch nur die frühen Videos von Destiny’s Child an, da könnt ihr sie sehen!“

      Auch wenn der innige Wunsch nach den Markenturnschuhen unerfüllt blieb, waren die beiden Schwestern immer die reizendsten Kinder, wobei Beyoncés Schüchternheit von Solanges Unverblümtheit ausbalanciert wurde. Ein frühes Foto zeigt sie in zueinander passenden Schottenröcken: Beyoncé blickt gelassen in die Kamera, wohingegen Solange die Zunge herausstreckt und mit beiden Händen winkt.

      Um etwas Taschengeld dazuzuverdienen, kehrte Beyoncé den Fußboden und sang für ein kleines Trinkgeld in Tinas Salon, womit sie sich in der Regel ihre Saisonkarte für den Themenpark Six Flags AstroWorld finanzierte. Die Attraktion hatte zwar mit Thunder River einen künstlichen Wasserlauf mitsamt Stromschnellen sowie mit Greezed Lightin’ eine Achterbahn, die Beyoncé liebte, im Programm, der Park musste aber 2005 dennoch die Pforten schließen. Die beiden Schwestern besserten ihr Budget außerdem auf, indem sie kleine Shows bei sich zuhause organisierten und Eintrittskarten dafür verkauften. „Niemand wollte zu uns nach Hause kommen, weil wir buchstäblich aus allem, was wir fanden, eine Bühne machten“, erzählte Beyoncé NBC. „Wir stapelten Zeug übereinander, rissen die Einrichtung nieder und der Kassettenrekorder ragte über allem … Und wir verkauften Eintrittskarten. Die kosteten so um die fünf Dollar, was einigermaßen gewagt war.“

      Im Bewusstsein, dass ihre beiden Töchter nichts mehr liebten, als vor anderen aufzutreten, ließen Tina und Mathew hinter dem Haus eine Konstruktion bestehend aus mehreren Ebenen errichten, um den Mädchen eine ansehnliche Bühne bieten zu können. Sie versuchten, jeden Tag eine Show auf die Beine zu stellen. Tina sagt: „Das machte einen großen Teil ihres Lebens aus und das war, was sie am liebsten taten. Sie versuchten, Shows zu organisieren.“ Solange erinnert sich auch noch daran, wie ihre Schwester ununterbrochen vor dem Spiegel übte. „Ich habe ganz, ganz frühe Erinnerungen daran, wie sie alleine in ihrem Zimmer probt“, erzählte sie GQ. „Ich kann mich ganz genau daran erinnern, dass sie sich eine Textzeile aus einem Song oder einer Nummer vornahm und immer und immer wieder wiederholte, bis sie perfekt saß und stark rüberkam … Wenn jeder sonst längst gesagt hätte, dass er müde sei und eine Pause benötige, machte sie noch weiter, um die Sache zu meistern.“

      Als Beyoncé fünf war, nahmen sie ihre Eltern zu einem Event mit, der ihr Leben verändern sollte – einem Konzert von Michael Jackson. „Ich war fünf Jahre alt und es war mein erstes Konzert“, sollte sie später in der australischen TV-Show Sunday Night erzählen. „An diesem Abend wurde mein Lebenssinn entschieden. Er ist der Grund, warum ich tue, was ich tue. Ohne ihn hätte ich diese Magie nie zu spüren bekommen.“

      Ungefähr zur selben Zeit entstand ein Heimvideo, das Beyoncé mit Zahnlücken dabei zeigt, wie sie einen Rap über sich selbst vorführt und dabei ein Selbstvertrauen an den Tag legt, das den meisten Kindern dieses Alters fremd sein dürfte. Sie schnippte mit den Fingern und bewegte sich geschickt zu ihrem Reim:

      I think I’m bad

      Beyoncé’s my name

      Love is my game

      So take a sip of my potion

      and do it in slow motion

      She thinks she’s bad

      Baby, baby don’t make me mad.

      Mathew und Tina waren tiefreligiös und der Besuch in der Kirche ein sonntäglicher Fixtermin. Als Beyoncé sieben war, sang sie dort auch im Kirchenchor. Ursprünglich besuchte die Familie einen katholischen Gottesdienst, wechselte aber später in die St. John’s United Methodist Church, wo sie regelmäßig die Messe besuchte. Die junge Beyoncé liebte es, Gospel zu singen, und erzählte VH1: „Er ist in der Lage, einen zu berühren und Emotionen zu behandeln, wie gesprochene Worte das nicht können. Es ist die schönste Musik, die es gibt.“

      Sobald das Schuljahr zu Ende war, besuchten die beiden Schwestern ihre Cousine Angie Beyincé, mit der sie sehr eng befreundet waren. „Am letzten Schultag holte mich Tante Tina ab“, sagte Angie dem Observer. „Ich verbrachte den ganzen Sommer bei ihnen zuhause. Am Abend vor dem ersten Schultag wurde ich dann wieder zurückgebracht. Beyoncé und Solange liebten Janet Jackson“, erinnerte sie sich. „Wir quatschten die ganze Nacht und guckten Showtime at the Apollo. Meine Schlange Fendi kroch über den Fußboden. Sie saß auf unseren Köpfen, während wir fernsahen.“ Angie sollte eine essenzielle Rolle in Beyoncés Zukunft spielen, als sie schließlich Vizepräsidentin des 400 Mitarbeiter umfassenden Teams bei Parkwood wurde und ihr außerdem dabei half, viele ihrer Songs zu schreiben.

      Eine weitere von Beyoncés Lieblingsshows war die Verfilmung von A Star Is Born – später würde sie sich sogar um eine Rolle im Remake bewerben. „So wurde ich zu einem Barbra-Streisand-Fan. Dann sah ich schließlich Judy Garlands Version von A Star Is Born und realisierte, dass alle 20 bis 30 Jahre ein neuer Star geboren wird, der als neues Talent eine ganze Generation und Ära repräsentiert. Ich dachte nicht, dass ich jemals die Gelegenheit bekommen würde, dieser Star zu sein“, sagte sie.

      Während Beyoncé zuhause glücklich war und sich geborgen fühlte, erschwerte ihre intensive Schüchternheit ihr Schulleben an der St. Mary’s Elementary in Fredericksburg, Texas. Die Hänseleien, die ihr Name provozierte, entfachten Unsicherheiten bezüglich ihres Erscheinungsbildes und sie wurde zu einem stillen, in sich gekehrten Kind, das sich nicht traute, im Unterricht die Hand zu heben. „Ich war so ein Kind, das es nicht ertrug, wenn es jemand nicht mochte“, erzählte sie einmal MTV. „Typischerweise musste ich dann darüber nachgrübeln und die Sache in Ordnung bringen.“

      Beyoncé war durchaus bewusst, dass sie ein paar der Mädchen ablehnten, weil die Jungs sie süß fanden, obwohl sie vermied, mit ihnen zu sprechen. Sie war so schüchtern, dass sie lieber das Weite suchte, als eine direkte Unterhaltung zu riskieren. Im Unterricht war sie besonders still und nervös und hatte in vielen Fächern zu kämpfen. „Manche Kinder müssen nicht viel büffeln. Aber ich musste mich für die Schule definitiv ins Zeug legen“, schrieb sie in Soul Survivors. Mathe erwies sich als besonders beschwerlich: „Ich hatte Angst vor den Zahlen, sie schüchterten mich ein – genauso wie der Junge neben mir. Er nannte mich dumm und hässlich. Ich war ja ohnehin schon so unsicher, also glaubte ich ihm. Ich trug ständig Jungsklamotten, weil ich so stämmig war, und er verunsicherte mich noch mehr.“

      Beyoncé hatte zu dieser Zeit noch keine Ahnung, wie umwerfend sie in Wirklichkeit war. Sie hielt sich nicht nur für übergewichtig, sondern war auch davon überzeugt, dass sie mit ihren Ohren Dumbo Konkurrenz machen könnte. Sie versuchte, sich so gut wie möglich im Hintergrund zu halten, und wählte Kleidung, die ihr dabei half, sich unsichtbar zu machen. Auf einem Schnappschuss aus ihrer Schulzeit trägt sie etwa einen Kleiderrock mit einem langärmeligen weißen Pullover darunter – kein Vergleich zu den rassigen Kostümen, die sie heute auf der Bühne trägt. „Ich tat alles, um keine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Die Leute bilden sich ihre Meinung über dich, egal, was du tust oder wie du aussiehst“, sagte sie. „Man hielt mich für eingebildet … manche Leute missinterpretieren Schüchternheit und


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