Gestalten mit Licht und Schatten. Oliver Rausch

Gestalten mit Licht und Schatten - Oliver Rausch


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Es kommt als Seitenlicht von links und rechts, zudem auch noch als Gegenlicht. Es sind also gleich drei Hauptlichtquellen eingesetzt. Eine natürlich wirkende Beleuchtung erhalten Sie mit einer solch »wüsten« Ausleuchtung nicht. Diese Ausleuchtung entstammt eher einem Theater. Hier erzeugt Kathrin eine sehr surreale und passend zu den Albträumen geheimnisvolle Wirkung.

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      Horst Mumper

      In diesen Szenen, Ausschnitten aus einer Kurzgeschichte, untermalt Horst Mumper die emotionalen Zustände seiner Protagonisten durch eine entsprechende Lichtführung. In dem Bild mit Barbie in der Kutsche setzt er ein sehr klassisches hochfrontales Licht mit einer großen Lichtquelle und kombiniert diese mit einer Aufhellung durch Verlängerung. So erhält er ein sehr strahlendes, sonniges Licht. In diesem Fall sorgt eher die Farbgebung für den traumhaften, surrealen Effekt. Im zweiten Bild kombiniert Horst Mumper passend zur bedrohlichen Figur des Hulk ein eher düsteres Seitenlicht. Gleichzeitig erscheint Barbie jetzt, der Dramatik der Szene entsprechend, im Rembrandtlicht.

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      Rolf Franke

      Die Bilder von Rolf Franke wirken oft sehr filmisch. Er fotografiert gerne auf sehr komplex aufgebauten Filmsets, die die in diesem Buch vorgestellte »Nasentheorie« verwenden, um natürliches Licht nachzuahmen. Tatsächlich wird das »Fensterlicht« in dieser morgendlichen Szene durch Filmscheinwerfer und das (in Kapitel 3 vorgestellte) »Multilight« erzeugt.

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      Maya Claussen

      Maya Claussen nutzt die Lichttheorie für diese Bilder, die in einem strikten Reportageansatz erstellt wurden, um das vorhandene Licht vor Ort bewusster zu sehen und dessen Bildwirkung bereits in der Situation zu erkennen. So kann sie einen idealen Standpunkt für ihre Aufnahmen finden. Das hochfrontale Licht der ersten Aufnahme fällt durch ein Dachfenster. Es wirkt so, als würde die Frau auf einer Bühne stehen. Erst das Erkennen dieser Lichtsituation macht das Motiv für die Fotografin überhaupt interessant – dagegen nicht, dass diese Frau Milch umgießt. Ebenso verleiht das dramatische Seitenlicht auf den Lehrer in der Schulklasse dem Bild einen Großteil seiner erzählerischen Kraft. Schulen Sie Ihre Wahrnehmung und üben Sie im Studio, auch wenn Sie später vor Ort und in Reportagesettings arbeiten möchten. So können Sie den richtigen Moment abpassen. Und dieser Moment ist oft erst durch das richtige Licht gegeben. Weshalb Sie lernen sollten, es zu erkennen.

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      Maya Claussen

      Maya Claussen nutzt die Lichttheorie auch für Interieurs, wie dieses Beispiel zeigt. Jedes Objekt hat ein »Gesicht« und lässt sich daher genau wie ein solches lichtgestalterisch behandeln. Das Bettzeug erhält Seitenlicht, genau wie die Wand auf der rechten Seite. Das Buch im Vordergrund ist so gedreht, dass es Rembrandtlicht auf der kurzen Seite erhält.

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      Vildan

      Im Stillleben von Vildan können Sie feststellen, dass die Frucht und das Haar jeweils in ein stark durch Verlängerung aufgehelltes hochfrontales Licht getaucht sind. Dabei verwendet die Fotografin das Licht eines Fensters als Hauptlichtquelle. All diese Begriffe und Zusammenhänge erscheinen Ihnen jetzt eventuell noch sehr rätselhaft, doch dafür halten Sie ja dieses Buch nun in Händen: um das Licht sehen und im wahrsten Sinne des Wortes begreifen zu lernen.

      1. Kapitel

      Grundlegendes, bevor es losgeht

      Ausleuchten heißt Schatten erschaffen. Ein erster wesentlicher Aspekt für die Wirkung von Licht ist, dass ein dreidimensionales Objekt auch im zweidimensionalen Bild seine Räumlichkeit, seine Plastizität behält. Hierzu darf zum Beispiel ein Gesicht nicht nur »hell« und damit schattenfrei angeleuchtet werden. Das wäre mit einer nahe der optischen Achse platzierten Lichtquelle der Fall, etwa bei Nutzung des eingebauten bzw. eines Systemblitzes auf der Kamera oder der Sonne im Rücken des Fotografen. Das Ergebnis ist am Beispiel einer Kugel einfach zu verdeutlichen, wie Abbildung 1–1 zeigt.

      Abbildung 1–1

      Eine dreidimensionale Kugel ist nur bei entsprechender Ausleuchtung als solche in einer zweidimensionalen Abbildung wahrnehmbar.

      Bei einer frontalen Ausleuchtung wirkt die Kugel im Bild eher wie eine Scheibe. Nachts können Sie das anhand des Vollmondes sehen, der wie eine Scheibe und nicht wie eine Kugel am Himmel steht. Erst Schatten auf der Oberfläche lassen uns ein Objekt im zweidimensionalen Bild als dreidimensional wahrnehmen. Dabei sind unterschiedliche Eigenschaften der Schatten, die wir im Verlauf der folgenden Kapitel ausführlich diskutieren werden, dafür verantwortlich, wie stark diese »Plastizität« und viele weitere Charakteristika ausgeprägt sind. Ein plötzlich einsetzender Schatten mit einer scharfen Übergangskante wie bei der zweiten Kugel in Abbildung 1–1 lässt diese wie eine flache Sichel erscheinen, so wie wir es auch beim Mond beobachten können. Erst ein breit verlaufender Schatten, der von der angeleuchteten bis zur Schattenseite verläuft, verleiht der Kugel das nötige Volumen. Wird dieser Verlauf breiter, wirkt die Kugel stärker dreidimensional.

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      Das Gesicht erscheint frontal beleuchtet flächiger als bei schattenreicher seitlicher Beleuchtung.

      Anhand der Porträts in Abbildung 1–2 lässt sich der Unterschied der Tiefenwirkung durch Schattenverläufe nochmals verdeutlichen. Bei frontaler Beleuchtung ist das Gesicht nahezu schattenfrei und damit wenig plastisch. Bei seitlicher Beleuchtung entstehen deutlichere Schatten und damit auch Hell-Dunkel-Verläufe, die eine plastischere Bildwirkung ergeben.

      Schatten mit einem breiten Hell-Dunkel-Verlauf lassen ein Motiv in der zweidimensionalen Bildebene dreidimensional und damit plastisch wirken.

      Ausleuchten heißt also nicht, die Motive möglichst überall mit Licht zu versorgen, sondern Ausleuchten bedeutet im Gegenteil, Schatten zu erschaffen. Von den im Bild erzeugten Schatten hängt aber nicht nur die Plastizität ab, sondern auch die Wiedergabe von Glanzlichtern auf teilweise spiegelnden Oberflächen wie Wasser, Metall, Glas oder eben auch einer feuchten oder fettigen Haut. Auch die Wiedergabe von Struktur, der Oberflächentextur eines Motives, hängt von den erzeugten Schatten ab. Genauso wesentlich für die Bildwirkung sind zudem die entstehende Flächenaufteilung, Linienführung und Akzentsetzung sowie nicht zuletzt die Grundstimmung, also die emotionale Wirkung auf den Betrachter, die ebenfalls von den erzeugten Schatten und deren Verläufen und Kontrasten abhängig ist. All diese Aspekte versuche ich Schritt für Schritt, einzeln und nach Möglichkeit losgelöst voneinander zu betrachten. Viele dieser Faktoren stehen zwar mehr oder weniger stark in Wechselwirkung, aber sie lassen sich doch gezielt separat betrachten, beeinflussen und beurteilen.

      Mir wird in Workshops immer wieder die Frage gestellt, wie ich dieses oder jenes Motiv beleuchten würde. Und ich bekomme sehr oft die Frage zu hören, was ich gerne fotografiere, womit dann immer gemeint ist, welche Motive ich bevorzuge. In beiden Fällen muss ich die Fragesteller zunächst enttäuschen: Ich fotografiere keine besonderen Motive und meine Lichtsetzung unterscheidet sich


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