Irland Reiseführer Michael Müller Verlag. Ralph Raymond Braun
Einblick in den Strafvollzug vergangener Zeiten.
◊ National Garden Exhibition Centre - zwanzig Ideen für den eigenen Garten oder für den Traum davon.
Westflanke der Wicklow Mountains
Die Landschaft auf der Westseite des Gebirges ist weniger dramatisch und spektakulär als ihr Gegenüber, hat aber einige Perlen: den Poulaphouca-Stausee, Landschloss und Park von Russborough, einen Steinkreis und schließlich das Imaal-Tal als Wandergebiet.
Das Gebiet ist über die Landstraße N 81 gut erschlossen. Wer es nicht eilig hat, mag statt der Autobahn diesen Weg von Dublin in den Süden nehmen. In einem halben Tag hat man alles Wesentliche gesehen.
Blessington
Das langgestreckte Dorf überblickt den (zungenbrechenden) Poulaphouca-Stausee, der Dublin mit Trinkwasser und Strom versorgt. Schmucke, fast städtische Häuser im Stil des 18. und 19. Jh. säumen die Hauptstraße, in der zweiten Reihe etwas Industrie und ein Einkaufszentrum aus den Boomjahren des keltischen Tigers. Im Zeitalter der Pferdekutschen war Blessington die letzte Etappe auf der Reise von Waterford nach Dublin, zwischen 1888 und 1932 fuhr von hier sogar eine Straßenbahn in die Hauptstadt. Das Dorf wurde 1670 am Reißbrett entworfen und gehörte zur Domäne Downshire, dem Gut des Erzbischofs von Dublin. Gut 100 Jahre später kam es in den Besitz von Russborough House.
Verbindung Von Dublin Stadtbus Nr. 65.
Übernachten Camping Moat Farm, ca. 1 Autostunde südl. von Dublin; sauberer, gepflegter Platz, ausreichende Sanitäranlagen, Aufenthaltsraum mit TV, Küche. Wanderer/Radler mit Zelt 10 €/Pers. Geöffnet Mitte März bis Sept. An der N 81 nach der Abzweigung „Donard“, Tel. 045 404 727. ♦ Lesertipp
Essen & Trinken West Wicklow House, ein Dorfgasthof mit bodenständiger Küche: Steak, Lamm, Hühnerfleisch, auch vegetarische Gerichte. Tägl. geöffnet, Mi Session, Fr/Sa Disco im Saal. Main St, www.westwicklowhouse.com.
Bio/Regional Grangecon Café, Naturkost-Restaurant in einem alten Schulhaus. Bis hin zum Schinken wird hier alles selbst hergestellt. Angeboten werden Salate, Sandwichs, Pies und leckere Kuchen. Di-Sa 9-16 Uhr. Kilbride Rd, www.grangeconcafe.blogspot.com.
Russborough House
Ein Musterbeispiel für die Landschlösser, die sich die englisch-irische Oberschicht in der Nähe Dublins anlegen ließ. Bauherr war Joseph Leeson, Earl of Miltown, der es mit einer Brauerei zu Geld gebracht hatte und sich nicht scheute, diesen Reichtum zu zeigen - damals hatte die Firma Guinness noch ernst zu nehmende Konkurrenz. Ähnlich wie in Maynooth sind zwei Seitenflügel durch halbrunde Säulengänge mit dem aus grauem Granit gefügten Haupthaus verbunden, die Fassade misst alles in allem über 200 m. Für den Innenausbau wurden die Gebrüder Francini als Stuckateure engagiert, und auch an Möbeln, Gemälden, Figuren und Silber hat der Bauherr nicht gespart. 1931 kam das Haus in den Besitz von Alfred Beit, einem Neffen des gleichnamigen Gründers und Hauptaktionärs von de Beers, der bis heute im Abbau und Handel mit Diamanten weltweit führenden Firma. Kein Wunder, dass der junge Alfred vom alten Alfred eine Sammlung erstklassiger Gemälde (darunter Goya, Rubens, Velasquez) erbte, die jetzt auch in Russborough House hängen. 1974 machte Russborough Schlagzeilen, als IRA-Sympathisanten die wertvollsten Gemälde klauten, um vom Erlös die Kasse der Organisation zu erfüllen. Die Bilder wurden später unversehrt geborgen. Nach zwei weiteren Einbrüchen, diesmal waren gewöhnliche Kriminelle am Werk, kann die Sammlung nur noch im Rahmen 45-minütiger Führungen unter strengen Sicherheitsvorkehrungen besichtigt werden. Auf eigene Faust erforschen darf man den Park mit historischem Küchengarten, Labyrinth und Abenteuerspielplatz. Am Wochenende zeigen zudem die Greifvögel der im Park beheimateten Falknerei ihre Flugkünste.
♦ März-Dez. tägl. 10-15 Uhr (Beginn letzte Führung), im Sommer erweitert. Eintritt 12 €. www.russborough.ie. Flugshow-Termine unter nationalbirdofpreycentre.ie.
Tanzplatz der Mondgöttin?
Je mehr man sich mit den etwa 1000 noch erhaltenen Steinkreisen der britischen Inseln beschäftigt, desto widersprüchlichere Befunde tauchen auf. Nur gut die Hälfte der Kreise ist tatsächlich rund. Daneben gibt es abgeplattete Kreise, „Eier“, Ellipsen und scheinbar regellos deformierte Kreise. Einige haben im Zentrum einen aufrechten (phallischen?) Stein, andere einen liegenden, manche Spuren einer Brandbestattung und wieder andere einfach nichts. Die größten Kreise haben einen Durchmesser von 400 m, die kleinsten von gerade 2 m. Je jünger, desto kleiner. Der Steinkreis um den Grabhügel von Newgrange gilt als der älteste in Irland - nach herrschender Lehrmeinung wurde er vor 5000 Jahren gebaut, während der Drombeg Circle „erst“ 2600 oder sogar nur 2000 Jahre zählt.
Eine gängige Interpretation sieht in den Steinkreisen eine Kalenderstätte, mit deren Hilfe beispielsweise die Sonnenwende, Tag- und Nachtgleiche, besondere Mondstellungen beobachtet oder Sterne fixiert werden können. Nun ergeben sich bei einem Kreis mit, sagen wir, zwölf Steinen 132 verschiedene Achsen. Rechnen wir nur vom Zentrum aus, sind es zunächst zwölf, die aber wiederum mit drei zu multiplizieren sind, da niemand weiß, ob die Achsen über rechte Seite, linke Seite oder die Mitte des Visiersteins gezogen werden müssen. Selbst wenn die vorgeschichtlichen Baumeister ihre Kreise also nach bestimmten Gestirnen oder Himmelskonstellationen ausrichteten, wozu sich eine hufeisenförmige Anordnung übrigens weit besser geeignet hätte, ist heute kaum nachvollziehbar, woran sie sich orientierten.
Die Deutung der Steinkreise durch die Frauengeschichtsforscherin Heide Göttner-Abendroth als Tanzplätze matriarchalischer, eine Mondgöttin verehrender Gesellschaften ist also kaum zu widerlegen. Es kann so gewesen sein, aber vielleicht auch ganz anders.
Kevin’s Way
Der gut markierte Wanderweg folgt weitgehend einer alten Pilgerroute zur Klostersiedlung Glendalough. In Hollywood (N 81) beginnend, überquert er in einem anstrengenden 30-km-Tagesmarsch das Gebirge parallel zur R 756 und damit das Wicklow Gap (490 m ü. M.). Ein Seitenarm des Wegs (nur diesen erreichen Sie in aller Herrgottsfrühe mit Bus 65 ab Dublin) beginnt in Valleymount am Poulaphouca-Stausee.
Steinkreise
Ein Steinkreis bleibt selten allein. War es, weil die bronzezeitlichen Priester und Baumeister die Nähe zu anderen Kultstätten schätzten? Weil sie miteinander wetteiferten? Weil sie nur in einzelnen Gebieten Irlands siedelten? Jedenfalls stehen gewöhnlich mehrere Steinkreise relativ dicht beieinander. So auch auf der Westflanke der Wicklow-Berge, die damals die wichtigste Goldader Europas bargen. Am bekanntesten sind die Athgreany Piper’s Stones, ein Steinkreis aus 14 Granitbrocken und einem weiteren außerhalb des Kreises, der sogenannte Outlier. Abergläubische Iren sehen in ihm einen versteinerten Dudelsackpfeifer, den Kreis bilden die Reigentänzer. Unweit des Kreises sind die Fundamente einer kleinen Kapelle erhalten, und es geht die Legende, dass St Kevin sich zunächst hier niedergelassen hatte, bevor er ins weit schönere Glendalough umzog. Der Grund für die Versteinerung der Tänzer war, wie es schon Frau Lot geschah, ihr weltlich ausschweifendes Treiben an diesem heiligen Ort. So belegt die Nähe von Steinkreis und Kapelle einmal mehr, dass neue Religionen just dort ihre Riten vollziehen, wo schon die alten, heidnischen Kulte