Seewölfe Paket 1. Roy Palmer

Seewölfe Paket 1 - Roy Palmer


Скачать книгу
sagte er: „Vergiß nie, was ich dir unten in der Vorpiek angekündigt habe. Irgendwann zahle ich zurück, und dann wirst du erkennen, daß dein verbrannter Hintern das Paradies war.“

      Gordon Brown zischte ab wie eine Rakete.

      Mac Pellew rührte miesgrämig in einem Topf und sagte über die Schulter: „Der Brown ist ein blöder Hund, außerdem quatscht er dauernd auf den Taubstummen ein.“

      „Der versteht doch gar nichts“, sagte Carberry verdutzt.

      „Eben“, sagte der Koch.

      „Was heißt das?“ fragte der Profoß grollend.

      „Das heißt, daß er einen gefunden hat, der ihm nie widersprechen wird, wenn er seinen Quatsch faselt“, sagte der Koch mit einer Miene, die allen Jammer dieser Welt ausdrückte. „Was wollt ihr hier überhaupt?“

      „Einen zwitschern“, erwiderte der Profoß, „und die beiden Wasserleichen trocknen.“

      „Wer einen zwitschert, ist des Teufels“, sagte der Koch.

      „Mann, hör auf mit dem Gejammere. Außerdem zwitschern wir mehr als einen, also sind wir nicht des Teufels.“ Er zog den Korken heraus und schnüffelte an der Flaschenöffnung. „Das ist was“, murmelte er, leckte sich die Lippen, bezwang sich aber und reichte Hasard die Flasche. „Hier, du Sohn einer Kanonenkugel, nimm einen zur Brust.“

      Hasard gab die Flasche dem Kutscher, der klappernd und zitternd an dem breiten Herd stand, etwas weiß um die Nase, und sichtlich überfordert schien. Er hatte den Schluckauf, und als er die Flasche an den Mund setzte, schepperte das Glas gegen seine Zähne.

      „Ach du meine Güte“, sagte der Profoß und half ihm, die Flasche zu halten. „Nun mal hinein mit dem Schottischen, hopp-hopp!“

      Der Kutscher, trank, schluckte, trank, schluckte. Als er die Flasche absetzte, blies er die Backen auf, wurde hochrot und kriegte Froschaugen.

      „Gleich platzt er“, sagte der Profoß gemütlich, „in dem Schottischen sind nämlich Feuer und Eisenspäne drin.“

      „Uiiii!“ sagte der Kutscher und platzte nicht, sondern holte tief Luft. Und dann wurden seine Froschaugen weniger quellend, dafür aber begehrlich.

      Der Profoß nahm ihm schnell die Flasche weg und drohte mit dem Finger.

      „Langsam, Junge, langsam. Jetzt ist erst Hasard dran. Schließlich hat er dich ja rausgefischt, was, wie?“ Er hielt dem Seewolf die Flasche hin. „Und jetzt ran an den Schottischen, du Satansbraten.“

      Hasard gurgelte und spürte das Feuer, das ihm in den Magen rann und Wärme verbreitete.

      Als nächster trank der Profoß, dann Mac Pellew, der ein alter Heuchler war und mehr als drei Schlucke soff, dann wieder der Kutscher, dessen Kopf zu glühen begann, darauf Hasard, der zu der Ansicht gelangte, es könnten ruhig noch ein paar mehr außenbords fallen, und wieder der narbige Carberry. Die Flasche kreiste zwischen den vier Männern.

      Der Schrei Donegal Daniel O’Flynns, der als Ausguck im Großmars hockte, war grell und mißtönend.

      „Segel ho! Steuerbord voraus!“

      Der Profoß war wie der Blitz aus der Kombüse. Hasard verkorkte die Flasche und verstaute sie unter seinem Hemd.

      „Lösch das Kombüsenfeuer, Mac“, sagte er zu dem Koch. „Jetzt geht’s rund!“

      Der nickte griesgrämig.

      „Immer die gleiche Scheiße. Wenn man mal einen zwitschert, kommt der Don dazwischen.“

      „Was für’n Don?“ fragte der Kutscher und bremste einen Schluckauf.

      „Der Don ist der Spanier“, sagte der Koch. „Jetzt werden gleich Messer gewetzt, und das Pulver wird auf die Pfannen geschüttet.“

      „Kämpfen wir jetzt?“ fragte der Kutscher begierig.

      „Was der fragt!“ Mac Pellew blickte gottergeben zur Decke hoch. „Meinst du, wir segeln hier herum, um Möweneier zu sammeln? O nein, der alte Francis sammelt Prisen – schöne, fette spanische Prisen. Und weißt du, warum?“

      „Nein“, sagte der Kutscher.

      „Weil er ein wilder Hecht ist und Silber braucht, um neue Schiffe auszurüsten. Denn gegen die Dons kämpft man nicht mit einem Schiff, sondern braucht eine Flotte. Verstehst du das, du Sohn eines Hammels?“

      „Verstehe“, sagte der Kutscher und rülpste donnernd.

      6.

      Die „Marygold“ wurde klar zum Gefecht gemacht. Das Kombüsenfeuer war erloschen.

      Ferris Tucker, der Schiffszimmermann, ein riesiger Kerl mit Schultern so breit wie ein Rahsegel, verschalkte Luken und Niedergänge, ließ Sandsäcke aus dem Bauch des Schiffes an Deck mannen, stellte Pützen bereit und strich wie ein grollender Geist durchs Schiff.

      Die Geschütze hinter den Pforten auf dem Mitteldeck waren klar, um ausgerannt zu werden – drei an der Backbordseite, drei an der Steuerbordseite. Es waren sogenannte Minions – Vierpfünder mit gegossenen Bronzerohren. Vorn auf der Back vor dem Vorkastell standen noch zwei leichte Serpentinen in drehbaren Gabellafetten und auf dem Achterdeck zwei Falkons-Drei-Pfünder.

      Ein Schlachtschiff war die „Marygold“ keineswegs, und ihre Armierung war eher lächerlich. Aber sie war schnell, wendig und hervorragend ausgetrimmt.

      Außerdem wurde sie von einem Kapitän geführt, der zäh, verwegen und von einer rücksichtslosen Härte war. Rechnete man noch seine seemännischen Qualitäten hinzu, mit der er ein Schiff wie die „Marygold“ zu handhaben verstand, dann war es gleichgültig, ob der Gegner größer und besser armiert war. Bei aller Verwegenheit, die Francis Drake auszeichnete, berechnete er kühl und sachlich seine Chancen, und wenn er ins Gefecht ging, dann durfte eins als gesichert vorausgesetzt sein: der taktische Vorteil.

      An diesem Tag riß Francis Drake seine erste Beute.

      Die Segel, die Dan vom Hauptmars aus gesichtet hatte, wuchsen aus der Kimm hoch.

      „Eine Galeone!“ schrie Dan aufs Deck hinunter. „Ein gottverdammter Spanier!“

      „Woher will dieser Furz das wissen, was ein gottverdammter Spanier ist?“ murmelte der Profoß. „Er hat doch bestimmt noch nie einen gesehen.“ Laut brüllte er zurück: „He! Wieso ein Spanier? Woher weißt du das?“

      „An seinem Bugspriet baumelt ein Holzkreuz!“ schrie Donegal Daniel O’Flynn. „Führen das vielleicht die Franzosen oder Holländer oder Schweden? Nein, nur die Spanier, also ist es einer, verdammt noch mal, ich hab doch Augen im Kopf.“

      Hasard lächelte vor sich hin. Er stand an der vorderen Steuerbordkanone als Geschützführer und spähte über das Schanzkleid. Auch er hatte scharfe Augen, aber das Kreuz konnte er noch nicht erkennen. Dan O’Flynn mußte tatsächlich Raubvogelaugen haben.

      Francis Drake trat an die Schmuckbalustrade des Achterkastells.

      „Männer!“ rief er über das Deck. „Wir werden entern! Das heißt, ich will diesen Don so haben, daß er kein Trümmerhaufen ist, wenn er die Flagge streicht. Schlagt also nicht alles kurz und klein, wenn ihr ihm an die Gurgel geht. Tut eure Pflicht. Gott möge euch behüten. Stückmeister!“

      „Sir?“ Der Stückmeister Barry Burnaby trat ans Achterkastell und schaute zu dem Kapitän hoch.

      „Glauben Sie, daß Sie es schaffen, mit einer der beiden Serpentinen vorn auf der Back dem Don einen Achterstich verpassen zu können? Und zwar müssen Ruderkopf oder Pinnenbaum getroffen werden.“

      Es war klar, was der Kapitän wollte. Wenn das Ruder ausfiel, war der Spanier manövrierunfähig. Andererseits war ein Ruderkopf oder Pinnenbaum mit Bordmitteln vom Schiffszimmermann ohne weiteres wieder zu reparieren.

      Barry


Скачать книгу