Seewölfe Paket 7. Roy Palmer
Dann wusch er sich, riß sich die zerfetzte Hose vom Körper und sprang in den Tümpel.
Thornton hatte eine eiserne Kondition. Als er den Tümpel verließ und seine Hose wieder anzog, war er ein neuer Mensch, dem jetzt nichts mehr fehlte, als etwas zu essen.
Er ging den Weg zurück, vergaß aber nicht, ihn zu markieren, indem er Blätter abriß, Äste knickte oder Pflanzen niedertrampelte, um den Tümpel wiederzufinden.
Er fand auch Früchte, die er zwar nicht kannte, sie aber voller Gier in den Mund steckte. Eine der Früchte schmeckte so sauer, daß er einen leisen Schrei ausstieß, als er sie mit seinen aufgeplatzten Lippen berührte. Aber ein paar andere, groß wie eine Faust und von dunkelgelber Farbe, schmeckten hervorragend, und er hörte nicht mehr auf zu essen.
Dann sah er wieder den Strand vor sich und stellte fest, daß er viel zu weit durch Dickicht und Gestrüpp geirrt war, denn sein Floß befand sich fast eine halbe Meile entfernt.
Er vergaß auch hier nicht, Markierungen anzubringen, um den Tümpel mit dem lebensnotwendigen Naß nicht zu verlieren.
Er zog das notdürftig zusammengezimmerte Floß höher auf den Strand, band das kleine Faß los und steckte sich das Messer ein. Den einen Stiefel besaß er nicht mehr, er hatte ihn unterwegs voller Wut ins Meer geworfen, aber die Soutane hatte er noch. Er hängte sie sich über die Schulter, sah sich noch einmal um und ging weiter.
Eine geheimnisvolle Kraft trieb den ausgemergelten Mann weiter am Strand entlang, eine Kraft, die einfach Neugier war, Forscherdrang, weil er wissen wollte, wo er sich befand.
Nach seiner Schätzung war eine Stunde vergangen, als er die Landzunge umrundete.
Sprachlos vor Staunen und andächtig blieb er stehen, um das ungewohnte Bild in sich aufzunehmen.
Er befand sich an der nördlichen Spitze einer langgezogenen Bucht, die einen außergewöhnlich breiten Strand aufwies. Unglaublich weiß schimmerte er in der Sonne. Die Bucht war vor auflandigen Winden geschützt, denn auf der anderen Seite erhoben sich Berge, die den Wind brachen.
Dicht dahinter befand sich Urwald, sattgrün leuchtend, und die Wedel hoher Kokospalmen schienen zu flüstern. Er hörte das leise Murmeln, mit dem winzige Wellen an den Strand liefen, dort hinaufleckten und langsam ins Meer zurückglitten.
Das Eindrucksvollste an der ganzen Bucht aber war der Wasserfall, der von aufragenden Felsen nicht weit vom Strand donnernd und rauschend in die Tiefe stürzte. Reines klares Wasser, dachte er wie betäubt, das aus einer Quelle in den Bergen stammte.
Jetzt hatte alle Not ein Ende, er, der Ausgesetzte, hatte das Paradies gefunden.
Und die anderen? Die mag der Teufel holen, dachte er fröhlich. Er warf das kleine Fäßchen in den Sand, breitete die Arme aus und erklomm die Stelle, wo sich der Wasserfall befand.
Er stellte sich seitlich darunter und ließ sich berieseln.
Hinter dem Wasserfall war der Fels glatt geschliffen und sehr glitschig. Alles war mit üppig wuchernden Lianen bedeckt.
Jetzt hatte er das, was er wollte, wovon er in den einsamen Stunden auf dem Floß immer geträumt hatte. Jetzt lag es direkt vor ihm, das Paradies, in dem es keinen Hunger und keinen Durst mehr gab.
Er konnte trinken und essen, soviel er nur wollte, er konnte sich Kokosnüsse holen, kleinen Vögeln nachstellen oder Schildkröten suchen, von denen es hier genügend gab.
Und eine Behausung? Brauchte er vorläufig nicht. Es war warm und angenehm, und wenn es ihm zu heiß wurde, konnte er ins Meer gehen und baden oder sich unter den Wasserfall stellen, um sich abzukühlen.
Im Sand fanden sich auch keine Spuren von Menschen oder größeren Tieren. Wahrscheinlich war es eine Insel, auf der er gelandet war.
Vielleicht war er sogar im Umkreis von Hunderten von Meilen der einzige Mensch weit und breit.
Er hatte Glück gehabt, er lag satt und faul am Strand eines unbekannten Garten Edens, hatte sich den Bauch vollgeschlagen und seinen brennenden Durst gelöscht.
Schade, daß er sich nicht bei Kapitän Ellen für dieses Paradies bedanken konnte.
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