Seewölfe Paket 7. Roy Palmer

Seewölfe Paket 7 - Roy Palmer


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sie dachten nicht daran, umzukehren, sie waren auch nicht mehr zu sehen. Er mußte versuchen, die übelste Niederlage seines Lebens zu überwinden, ohne an seinem eigenen Haß zu ersticken.

      Und diesen verfluchten Bastarden hatte er auch noch den Kurs der „Black Pearl“ verraten! Nun, schade war es um die Kerle nicht, sollten sie sich gegenseitig die Schädel einschlagen, wenn sie sich begegneten.

      Der Wind blies jetzt etwas stärker, und er ließ sich mit dem Floß in die Richtung treiben, in die er blies. Viel mehr konnte er nicht tun.

      Irgendwann wurde es dunkel, und er schlief wieder ein. Winzige Wellen überspülten sein Floß, aber er merkte es nicht. Das Wasser war warm und angenehm, und so schlief er weiter.

      3.

      Auf der „Black Pearl“ wurde gegen Morgen die spanische, etwas dickbauchige Galeone gesichtet.

      Stan Ellen überblickte seine Crew und gelangte zu dem Schluß, daß sie nur noch aus einem abgezehrten Häuflein bestand, das wegen Skorbut nicht mal in der Lage war, die Schiffsgeschütze zu bedienen.

      Wintham, der Erste, pfiff die Männer an.

      „Ein Spanier!“ schrie er. „Er hält auf uns zu! Hoch, ihr faulen Hunde, oder sollen wir uns zusammenschießen lassen!“

      Er lief nach unten, vom Befehl des Alten getrieben, und versuchte, die halbtoten Männer nach oben zu zerren. Doch das erwies sich größtenteils als aussichtslos. Einige waren nicht mehr in der Lage, aufzustehen. Sie hatten bereits mit dem Leben abgeschlossen und begriffen überhaupt nicht, was der Erste von ihnen wollte.

      Die Situation war zum Verzweifeln.

      Captain Stan Ellen, Blake, Fisher und zwei Seeleute hatten bereits die Kanonen geladen. Eine Handvoll Männer, die von der gesamten Crew noch einigermaßen auf den Beinen war.

      Dabei sahen sie selbst aus wie Gespenster.

      „Sie haben es auf uns abgesehen“, sagte Ellen. „Sonst hätten sie nicht den Kurs geändert. Wir feuern, sobald wir sicher sind, daß unsere Kugeln auch treffen. Leider haben wir kaum eine Chance, um zu bestehen“, setzte er leise hinzu.

      „Und wenn wir einmal nicht die Helden spielen und einfach vor ihnen auskneifen, Sir?“ fragte der Erste.

      Ellen schüttelte den Kopf.

      „Vor einem Don davonlaufen?“ sagte er gedehnt. „Das würde ich mir mein ganzes Leben lang nicht verzeihen – und Sie vermutlich auch nicht, Mister Wintham.“

      „Allerdings nicht“ gab der Erste zu. „Wir sind zwar schneller als der Don, aber Sie haben recht, Sir: Ich würde mich vor mir selbst schämen. Ich hatte dabei auch nur an die Kranken und Halbtoten gedacht.“

      Blake sagte gar nichts. Er hatte die Augen zusammengekniffen und musterte den auf Gegenkurs heransegelnden Spanier.

      Beide Schiffe bewegten sich nur langsam, ihre Chancen standen gleich gut, denn jeder hatte genau denselben Wind. Der blies jetzt ganz schwach aus Norden. Während die „Black Pearl“ auf Ostkurs lief, segelte der Spanier nach Westen. Niemand war dadurch im Vorteil oder Nachteil.

      „Wir müssen den Don unbedingt in Luv fassen“, sagte der Kapitän, „aber so schlau ist der natürlich auch.“

      Er sah den Rudergänger durchdringend an.

      „Und wenn du ihm die ‚Black Pearl‘ genau in den Bug knallst“, sagte er hart, „und wenn wir zusammenknallen und verrecken, du wirst nicht ausweichen, Hentrop. Ist das klar!“

      „Aye, Sir, ganz klar. Lieber saufen wir ab, als dem lausigen Don Luv zu überlassen.“

      „So ist es richtig. Wir riskieren einen Rammstoß! Außerdem gehen wir so hoch an den Wind wie nur möglich.“

      Blake wußte, daß sie auf verlorenem Posten standen. Der Kampf war unausweichlich. Ausgerechnet jetzt verspürte er wieder diese harten Schmerzen im Magen, die ihn fast um den Verstand brachten. Die Folge war, daß er gleich darauf Blut spuckte und auf die besorgten Blicke des Kapitäns zu fluchen begann.

      „Ich kann nichts dafür, die anderen sind auch nicht besser dran“, sagte er grollend.

      Der Kapitän wandte sich achselzuckend ab. Ihm ging es nicht anders. Der einzige, der bei bester Gesundheit war, war der ausgesetzte Reverend, der heimlich dafür gesorgt hatte, daß es ihm an nichts mangelte.

      Hentrop hielt genau auf den Spanier zu und rechnete sich im stillen die Chance aus, die Luvposition zu gewinnen. Ging er jetzt weiter nach Backbord, würde der Wind ihn stoppen, denn so hoch dran konnten sie nicht mehr segeln. Der Spanier natürlich auch nicht, der außerdem plumper gebaut und deshalb nicht so beweglich war. Darin lag ihr einziger kleiner Vorteil.

      Hentrop schielte zu dem Kapitän, doch der sah ihn nicht an. Normalerweise wäre sein Platz auf dem Achterdeck gewesen, wo der Kapitän während eines Gefechtes hingehörte, doch diesmal waren die Umstände anders, sie waren nicht mal mehr eine halbe Mannschaft, und der Kapitän dachte gar nicht daran, seinen Platz an den Kanonen zu verlassen.

      Hentrop sah die glimmenden Lunten, die sie in den Fäusten hielten, die steinernen Züge, die zusammengekniffenen Augen und die schmalen Lippen in den mit Stoppelbärten übersäten Gesichtern.

      Er schwitzte Blut und Wasser, sah in die Takelage, dann wieder auf den heransegelnden Spanier und fluchte unterdrückt, weil sie bei einem Ausweichmanöver niemanden hatten, der Brassen oder Schoten klarierte.

      Jetzt kam es darauf an, wer die besseren Nerven hatte, sie oder die Spanier, und so hielt er weiterhin genau auf den Bug des anderen zu, ein hartes Grinsen in seinem aufgedunsenen Gesicht.

      Es erwies sich, daß Hentrop doch die besseren Nerven hatte.

      Stur und unbeirrt hielt er Kurs, bis er die Männer an Deck erkennen konnte. Dabei flatterte alles an ihm vor Nervosität.

      Buchstäblich im allerletzten Augenblick drehte der Spanier leicht nach Backbord ab, als er sah, daß ein Rammstoß unvermeidbar wurde.

      Hentrop entblößte seine Zähne wie ein angreifendes Raubtier. Seine Fäuste umkrampften das Ruder, salziger Schweiß rann ihm in die Augen.

      Er zuckte zusammen, als es dumpf aufbrüllte, das Deck erzitterte und Holz in einem Splitterregen davonflog.

      Wieder donnerte es dumpf, ein peitschender Knall folgte. Ohne nach dem Kapitän zu sehen, legte er das Ruder leicht nach Steuerbord.

      Auf dem Spanier schlug es zweimal hintereinander ein. Rauch stieg auf, ein Mast schwankte bedrohlich, in dem Großsegel erschien ein langer gezackter Riß.

      Hentrop hörte Männer schreien, Holz splittern, Musketen krachen und das Stöhnen zu Tode getroffener Männer.

      Wieder krachte es ein paarmal hintereinander, und dann erwischte es den Besan. Ein Teil des oberen Mastes wirbelte davon und krachte auf Deck.

      Gleich darauf herrschte tiefe Stille, so unnatürlich, als wäre nach dem letzten Donnerschlag die ganze Welt untergegangen.

      Der Rudergänger sah sich um. Die beiden Schiffe strebten schon wieder voneinander fort, nachdem sich ihre Geschütze todbringend entladen hatten.

      Allerdings beschrieb der Spanier ein Manöver, das allen Regeln der Schiffsführung widersprach. Er schwang immer weiter herum, bis er den Wind achterlich hatte, und begann dann aufzugeien.

      Ist der Kerl verrückt geworden? fragte sich Hentrop.

      In der Kuhl und auf dem Vordeck erkannte er Ellen, Blake und Wintham. Fisher hing verkrümmt am Schanzkleid und versuchte sich hochzuziehen, aber ein anderer war tot. Er lag auf dem Rücken in der Kuhl, und unter seinem Körper breitete sich eine große Lache von Blut aus.

      Ellen lief nach achtern.

      „Verfolgen!“ schrie er laut. „Wir haben ihm das Ruder zerschossen, los herum, Mann, hopp, hopp!“

      Fünf


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