Seewölfe - Piraten der Weltmeere 14. Garnett William

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 14 - Garnett William


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ihr alle dabei drauf geht!“

      „Bis jetzt sieht es so aus, als ob von euch eine Menge draufgehen!“ rief Dan O’Flynn und deutete auf die drei Toten und sieben oder acht Bewußtlosen, die an Deck lagen. „Wollen wir sie nicht über Bord hieven?“ wandte er sich dann an Hasard.

      „Die sollen ihre Toten selbst wegschaffen“, sagte Hasard hart.

      „Ich meine, auch die anderen, die nur weggetreten sind.“

      „Wir sind keine Mörder, Dan.“

      „Aber es wären dann sieben weniger, mit denen wir uns herumschlagen müssen, wenn der Tanz wieder beginnt.“

      „Hast du Angst, Dan?“

      „Ich? Angst?“ Dan O’Flynn blinzelte aus dem linken Auge, das zusehends zuschwoll. „Von mir aus könnte es den ganzen Nachmittag so weitergehen.“

      „Den Wunsch wird man dir sicher erfüllen“, sagte Hasard.

      Er blickte zu den Männern um Bombarde hinüber. Sie hatten fast die gleiche Gruppierung wie zuvor: Bombarde war das Zentrum, und um ihn herum scharte sich der „harte Kern“ der Banditen. Aber jetzt hielten die „Neutralen“ einen deutlicheren Abstand als vorher. Der Rückzug Bombardes schien ihnen den Rücken gestärkt zu haben. Vorher hatten sie aus Furcht vor Vergeltung zumindest noch eine gewisse Zugehörigkeit zu den Verbrechern demonstriert, und auch bei dem Kampf wenigstens so getan, als ob sie mitmischen wollten – wenngleich keiner von ihnen wirklich eingegriffen hatte.

      Nur diesem Umstand war es zuzuschreiben, daß es den zahlenmäßig unterlegenen und von der dreimonatigen Sklaverei geschwächten Engländern gelungen war, den Angriff abzuwehren. Und der planlosen, jeder taktischen Konzeption mangelnden Schlägermethoden des wüst zusammengewürfelten Haufens, der hier einer geschlossenen, kampferprobten Einheit gegenüberstand.

      Hasard stieß einen Bewußtlosen, der quer über Smokys Körper lag, mit dem Fuß beiseite und nahm den reglosen Smoky auf seine Arme.

      „Zurück auf das Achterdeck“, sagte er zu Dan O’Flynn und Batuti, der sich das Blut von seinem wolligen Schädel wischte.

      „Der Kutscher soll dir die Platzwunde gleich verbinden, Batuti“, sagte er zu dem Schwarzen, als er mit Smoky auf den Armen zum Niedergang schritt. „Geht’s denn einigermaßen?“

      „Einigermaßen geht“, sagte der Neger mit einem Grinsen, das nicht ganz so fröhlich wirkte wie sonst. „Nur ist dicker Schwarm Hummeln in Batutis Kopf, nein, nicht Hummeln, Hornissennest in Kopf, brummt so.“

      „Gegen Hornissen hilft eine Pütz Seewasser“, sagte Hasard und schob den bewußtlosen Smoky die Stufen hinauf, wo er von Blacky und Ben Brighton in Empfang genommen wurde. „Der Kutscher soll sich gleich um ihn kümmern.“

      „Der Kutscher hat hier schon genug zu tun“, sagte Ben Brighton. „Ferris Tucker hat es ziemlich schlimm erwischt. Messerstich in der linken Schulter.“

      „Das war der Kerl, den ich dir vor die Füße gelegt habe“, setzte Blacky hinzu.

      Hasard trat schon zu Tucker, der an den Besanmast gelehnt an Deck saß.

      „Laßt Bombarde nicht aus den Augen, Ben!“ rief Hasard Brighton über die Schulter zu. „Der Bastard ist zu jeder Schweinerei fähig.“

      „Keine Sorge.“

      Ferris Tuckers zerfetztes Hemd war auf der ganzen linken Seite von Blut durchtränkt. Der Kutscher kniete neben ihm und versuchte, das immer noch rinnende Blut mit Fetzen des eigenen Hemdes zum Stehen zu bringen. Beide Ärmel und einen breiten Streifen des unteren Randes hatte er bereits verbraucht, und der Rest sah aus wie eine Weste, eine ziemlich kurz geratene Weste sogar, die einen breiten Streifen Bauch und Rücken freilegte.

      Hasard erkannte sofort, daß die Wunde nicht lebensgefährlich war, und das war ihm das wichtigste. Aber der unter dem Schlüsselbein eingedrungene Stahl hatte offensichtlich ein größeres Blutgefäß verletzt, und Ferris Tucker hatte ziemlich viel Blut verloren. Das bedeutete natürlich, daß er vorerst nicht mehr einsatzfähig war.

      „Tut mir leid, Hasard“, sagte er entschuldigend, „daß es gerade jetzt passieren mußte, da du jeden Mann brauchst.“

      „Wie ist das denn passiert?“ Hasard hockte sich neben Tukker auf den Boden.

      „War meine eigene Schuld. Habe nicht aufgepaßt.“ Er verzog schmerzhaft das Gesicht, als der Kutscher ihm einen dreckigen Hemdstreifen tief in die Wunde preßte. „Zwei von den Burschen sind aufs Achterdeck geentert, und einer von ihnen griff Blacky von hinten mit einem Belegnagel an. Ich packte den Kerl beim Arm und riß ihn zurück, und dabei ... Mann! Kannst du nicht etwas vorsichtiger sein?“ schrie er den Kutscher an. „Ein Mensch ist doch kein Stück Holz!“

      Hasard blickte den Kutscher an, der verlegen beide Arme hängen ließ. Er erkannte, daß sich der arme Kerl kaum noch aufrecht halten konnte.

      „Ich verarzte Ferris weiter“, sagte er zu ihm. „Kümmere du dich um Batuti und Smoky.“ Er löste den blutgetränkten Lumpen von Tuckers Schulterwunde.

      „Moment“. Er hielt den Kutscher noch zurück, und als der stehenblieb und sich fragend umblickte, riß er ihm einen weiteren Streifen vom Hemdrand. Jetzt stand der Kutscher fast völlig im Freien. „Es ist ja warm“, sagte Hasard tröstend. „Und wenn dir kalt wird, holst du dir von den gefangenen Dons eine Jacke oder so was. Die brauchen im Moment nichts.“

      Hasard ballte den abgefetzten Streifen zusammen und verzog die Nase vor dem durchdringenden Schweißgeruch, der daraus emporstieg. Seit der Gefangennahme vor drei Monaten hatten der Kutscher und die anderen Männer der „Isabella“ ihre Sachen ununterbrochen am Leib getragen.

      „Ist schon so gut wie neu“, sagte er tröstend zu Ferris Tukker. Das war zwar maßlos übertrieben, aber zumindest strömte das Blut nicht mehr aus der Stichwunde, sondern sickerte nur noch heraus.

      „Wenn es weh tut, beiß ich die Zähne zusammen“, sagte Ferris Tucker und versuchte ein Grinsen, das ihm etwas ausrutschte.

      Hasard drückte den stinkenden Fetzen auf die Wunde. „Halt mal fest“, sagte er, riß einen Streifen von Tuckers Hemd ab und band damit den Stoffballen auf der Wunde fest. „So, das dürfte fürs erste reichen“, sagte er als er sich aufrichtete.

      Im selben Augenblick klatschte ihm eine Ladung kalten Meerwassers ins Gesicht.

      „Verzeihung“, sagte Dan O’Flynn grinsend und ließ die Segeltuchpütz, die er in den Händen hielt, an Deck fallen. „Ich mußte den alten Batuti eben von seinen Hornissen befreien.“

      Der riesige Neger schüttelte den wassertriefenden Kopf wie ein Hund, der aus dem Wasser steigt.

      „Na, sind die Hornissen weg?“ fragte Dan O’Flynn.

      „Nicht ganz. Aber sind keine Hornissen mehr, sondern nur noch kleine Bienen.“

      „Gegen Bienen ist Meerwasser auch gut“, sagte Dan O’Flynn und holte mit der Pütz neues Wasser hoch.

      Hasard trat neben Ben Brighton. „Wie sieht’s aus?“ fragte er leise.

      „Die Burschen scheinen irgendeine Schweinerei zu planen“, antwortete Brighton.

      „Das kann ich mir vorstellen“, sagte Hasard und blickte aufmerksam zu Bombarde und seinen Männern hinüber.

      Bombarde sprach eifrig auf sie ein und deutete immer wieder zum Achterdeck hinauf. Die Blicke der Männer folgten seiner deutenden Hand, und Hasard sah, daß ein paar von ihnen nickten.

      Jetzt hatte Bombarde den Kapitän entdeckt. Er starrte ihn ein paar Sekunden verschlagen an, dann schrie er: „Ich hoffe, Sie haben jetzt eingesehen, daß Ihr Widerstand sinnlos ist! Seien Sie vernünftig, und übergeben Sie uns das Schiff! Ich bin auch bereit, das Silber gerecht mit Ihnen zu teilen!“

      Ein höhnisches Gelächter von Hasards Männern antwortete ihm.

      Der


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