Seewölfe Paket 11. Roy Palmer

Seewölfe Paket 11 - Roy Palmer


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das da draußen vor der Küste liegt, habe ich folgern können, daß es sich um die berüchtigte ‚Isabella‘ handelt. Woher ich sie kenne? Ich war eine Zeitlang in Manila stationiert, und dort hat man mir ausführlich von ‚El Lobo del Mar‘ und seinem Schiff erzählt. Ich konnte es mir an den zehn Fingern abzählen, daß Sie durch eine List die Sträflinge herauszuhauen versuchen würden. Darauf habe ich mich eingerichtet und habe meinen Leuten entsprechende Anweisungen gegeben.“

      Hasard hörte nur mit halbem Ohr hin. Sein Blick war unablässig auf die Gestalten seiner Männer gerichtet.

      Smoky und Luke Morgan standen mit hängenden Köpfen da. Er konnte sich gut vorstellen, was jetzt in ihrem Inneren vorging. Sie schrieben sich die Schuld an der verhängnisvollen Wende zu, die die Dinge genommen hatten. Aber sie hatten selbst ihr Bestes gegeben und keinen einzigen Fehler begangen. Sie waren ganz einfach überrumpelt worden.

      Ehe Ferris, Blacky, Smoky und Luke der Durchbruch zum Palisadenlager gelungen war, hatten die Spanier Verstärkung und Nachschub an frisch geladenen Waffen erhalten, und nur so hatten sie die vier Männer zur Aufgabe zwingen können.

      Dann hatten die spanischen Soldaten ihre vier Gefangenen als Geiseln benutzt und somit das Duell zwischen dem Seewolf und Don Felix abrupt unterbrochen.

      Nur Ed Carberry, Big Old Shane und Dan O’Flynn hatten das Palisadenlager erreicht und waren darin verschwunden. Soviel hatte der Seewolf während seines erbitterten Degenkampfes mit Samaniego verfolgen können. Aber was nutzte dieser Teilerfolg jetzt noch? Auch der Profos, Shane und Dan würden die Waffen strecken müssen.

      Heftig fegte der Wind über Airdikit und trug alle Hoffnungen des Seewolfs davon, tief in den Dschungel hinein, wo sie sich zwischen Mangroven und Lianen verloren.

      Hasards Blick richtete sich wieder auf Blacky.

      „Blacky“, sagte er, und seine eigene Stimme klang ihm fremd und brüchig. „Mein Gott, Blacky.“

      Blackys Gesicht hatte die Farbe alten Talges. Er schien nicht mehr zu atmen. Diese Feststellung traf Hasard wie ein Hieb. Er fühlte sein Herz heftig pumpen, bis in den Hals hinauf, und seine Knie wurden jetzt so weich, als müßten sie jeden Augenblick nachgeben.

      War Blacky schon tot?

      Der Profos hatte Sumatra-Jonny von den Eisenfesseln befreit, jetzt arbeitete er wie ein Besessener an den Ketten von Trench, einem von Morgan Youngs Kameraden. Big Old Shane und Dan O’Flynn waren dabei, mit dem von der „Isabella“ mitgebrachten Werkzeug Josh Bonarts Handschellen und Beinschäkel zu öffnen. Jonny kümmerte sich um einen halbnackten, hageren Eingeborenen – offenbar einen Batak oder Atjeh von Sumatra –, der zu seiner „glorreichen Zehn“ zu gehören schien.

      Was draußen, vor den Palisaden, vorgefallen war, hatten sie nicht verfolgen können, und es war jetzt auch keine Zeit dafür, das Tor zu öffnen und ins Freie zu spähen.

      „Verdammt“, sagte Carberry nur. „Das Schießen hat aufgehört. Das ist kein gutes Zeichen, Leute.“

      „Unsinn“, meinte Shane und versuchte dabei zu lachen, was ihm allerdings mißlang. „Gleich geht das Tor auf, und Hasard, Blacky, Luke, Ferris und Smoky erscheinen. Ich schätze, Hasard hat Don Felix, den Oberhurensohn, besiegt und benutzt ihn jetzt als Geisel.“

      „Genau das denke ich auch“, sagte Dan, aber seiner Miene war anzusehen, daß er davon genausowenig überzeugt war wie der graubärtige Schmied von Arwenack.

      Carberry verzog das Narbengesicht zu einer wüsten Grimasse. „Ihr palavert euch selbst was vor. Da draußen ist eine Mordssauerei passiert, das schwöre ich euch. Los, beeilen wir uns, ehe die Dons auch uns zu packen kriegen.“

      Er hatte Trenchs Ketten gelöst und wandte sich jetzt Sullivan zu. Trench gab er einen Schlegel, und dieser Mann eilte nun seinerseits zu Christians hinüber, der wie alle anderen Sträflinge nicht nur schwer mit Eisen behängt, sondern zusätzlich an einem in den Boden gerammten Pfahl festgekettet war.

      Jonny hatte den hageren Eingeborenen befreit, und beide Männer arbeiteten nun an den Ketten ihrer gleich in der Nachbarschaft hockenden Kameraden.

      Auch Josh Bonart konnte jetzt aus seinen Handschellen und Beinschäkeln schlüpfen.

      Etwas später waren insgesamt neun Mann befreit, und Jonny nickte dem Profos zu. „Vier meiner Leute stehen hier neben mir, Profos, die anderen sitzen oben in der verfluchten Festung im Kerker, wie ich vorhin wohl schon gesagt habe.“

      Der Narbenmann nickte ihm nur knapp zu, dann wandte er sich an Shane und Dan. „Und wir müssen die Burg im Sturm erobern, Freunde, sonst haben wir hier gleich verspielt. Wir müssen Ben mit einem der schweren Geschütze, die ich auf dem Söller gesehen habe, ein Zeichen geben, und er wird mit unserer alten Lady in die Hafenbucht rauschen, um den Dons Zunder zu geben.“

      „Los, verlieren wir keine Zeit mehr“, drängte Big Old Shane. „Auf was warten wir noch?“

      Sie drehten sich um und wollten zur Nordseite des Palisadenlagers laufen, aber einige Sträflinge streckten flehend die Hände nach ihnen aus und begannen, laut durcheinanderzurufen.

      „Helft auch uns!“

      „Laßt uns hier nicht zurück!“

      „Habt Erbarmen mit uns!“

      Carberry warf ihnen einige seiner Werkzeuge zu, so daß sie sie vom Boden aufnehmen und damit selbst an ihren Ketten arbeiten konnten. Shane und Dan folgten seinem Beispiel.

      Jonny verfolgte dies nicht ohne Argwohn. „Es sind einige echte Galgenstrikke und Schlagetots unter diesen Kerlen“, gab er zu bedenken. „Das sind nicht alles Leute, die zu Unrecht hier eingesperrt wurden.“

      „Egal“, sagte Shane. „Auch die größten Himmelhunde und Satansbraten sind uns jetzt eine Hilfe.“ Er blickte einen der Männer an, der gerade mit Carberrys Schlegel und Scharfeisen an seinen Handschellen herumwerkte. „He, du! Wißt ihr, wo die Spanier ihre Waffen aufbewahren?“ Er sprach ihn auf spanisch an.

      Der Mann schaute kurz zu ihm auf und antwortete in einer Mischung aus Englisch und Holländisch: „Natürlich. In der zweiten Hütte gleich vor dem Tor der Palisaden.“

      Shane sah zu Jonny hinüber. „Jonny, kann man sich auf diesen Mann verlassen?“

      „Auf den schon“, erwiderte der dickbäuchige, krummbeinige Engländer. „Der ist ein brauchbarer Bursche, abgesehen davon, daß er eine schauderhafte Art zu sprechen am Leibe hat. Er heißt Leusen und stammt aus Holland.“

      „Vorwärts“, sagte Carberry. „Ab zum Zaun und her mit dem Tau, das du am Gürtel trägst, Mister O’Flynn!“

      Er lief als erster los. Dan folgte ihm und knotete hastig das Tau mit dem kleinen Enterhaken von seinem Gurt los, das er vorsichtshalber mitgenommen hatte, als sie von der „Isabella“ in die Pinasse der Spanier abgeentert waren.

      „Leusen“, sagte Big Old Shane noch zu dem Holländer, diesmal auf englisch. „Übernimm du die Führung aller, die sich hier jetzt noch befreien können. Versucht, die Waffenhütte zu erreichen und das Arsenal soweit wie möglich auszuräumen. Dann kämpft ihr euch bis zu den Piers vor, nehmt eins der Boote und ergreift die Flucht.“

      „In Ordnung!“ stieß Leusen gepreßt hervor.

      Dann drehte auch Big Old Shane sich um und folgte seinen Kameraden.

      Der Profos, Dan O’Flynn, Jonny und die acht anderen Männer hatten die Umzäunung derweil erreicht, und Dan schwenkte bereits das Tau und ließ den Enterhaken wirbeln. Der Haken flog an der Palisadenwand hoch und über die oben zugespitzten Pfähle weg. Das Tau straffte sich. Dan zog daran, und der Haken krallte sich hinter den Zaunspitzen fest.

      Dan hangelte als erster an dem Tau hoch. Sekundenlang balancierte er auf den spitzen Pfählen, dann verschwand seine Gestalt. Die Palisadenwand war nicht höher als zehn Fuß, daher konnte man den Sprung hinunter riskieren, ohne dabei Gefahr zu laufen, sich die Knochen zu brechen.

      Carberry kletterte


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