Seewölfe Paket 9. Roy Palmer

Seewölfe Paket 9 - Roy Palmer


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dann werden wir die „Isabella“ niemals wiederfinden, so wahr ich Carberry heiße.“

      „Ich höre mir immer gern gute Argumente an“, sagte Hasard gelassen und strich sich die Haare aus der Stirn. „Aber da die Leute, die hinüberpullen, ja nicht schlafen, werden sie auch wieder zurückfinden. Wir werden chinesisches Feuer abbrennen, oder die Richtung mit Musketenschüssen bestimmen.“

      „Und die Strömung, Sir?“ fragte der Decksälteste Smoky.

      Hasard stemmte die Arme in die Seiten und sah seine Männer etwas spöttisch an.

      „Ich höre immer nur faule Ausreden“, sagte er sanft. „Liegt das etwa daran, daß Donegal den Kahn für ein Geisterschiff hält? Hat deswegen jemand Angst?“

      Smoky leckte sich über die Lippen, schob die Hände in die Hosentaschen und grinste schwach.

      „So war das nicht gemeint, Sir.“

      „Ich weiß, Smoky, ihr kämpft, daß die Fetzen fliegen, und ihr habt vor nichts Angst, nicht mal vor der zehnfachen Übermacht Spanier. Aber wenn ihr etwas von Geisterschiffen hört, dann werden die meisten schwach. Dabei gibt es für alles eine ganz natürliche Erklärung.“

      „Ich meinte ja nur, weil der Kahn nicht geantwortet hat“, verteidigte sich der Decksälteste.

      Ja, das war es, was die meisten irritierte. Wenn es dort drüben Leben an Bord gab, dann hätten sie antworten müssen, zumal sie sich ja in der gleichen aussichtslosen Lage befanden wie die Seewölfe selbst. Gab es aber kein Leben an Bord, dann – ja, dann war es eben doch ein Geisterschiff, und das ließen sie am liebsten ganz links liegen oder ganz rechts, auf Steuerbord, wie es diesmal der Fall war.

      „Geisterschiff oder nicht“, sagte Carberry, „das juckt mich überhaupt nicht. Ich bin dabei, Sir, wenn wir hinüberwollen.“

      Plötzlich waren alle dabei, bis auf Donegal O’Flynn, der sich lieber die Zunge abgebissen hätte, als zu dem Schiff zu pullen.

      „Tut was ihr wollt“, erklärte der Alte störrisch. „Mich kriegen da keine zehn Pferde an Bord, das sage ich euch.“

      „Du bleibst sowieso hier“, entschied der Profos. „Selbst wenn es da Geister gibt, würdest du sie ja doch nur vertreiben.“

      So richtig wohl fühlte sich trotzdem keiner in seiner Haut. Sie brauchten nur an die damalige Zeit im Sargassomeer zurückzudenken, als sie morgens erwachten, und einen ganzen Schiffsfriedhof vor sich sahen, Dutzende Wracks, uralt und zerfallen, hoffnungslos im Schlick und Tang festsitzend. Konnte es nicht sein, daß auch dieses Schiff eines jener Wracks war, die auf unerklärliche Art und Weise die Meere durchfuhren und an den unmöglichsten Orten auftauchten? Schiffe, von der Besatzung längst verlassen oder aufgegeben, Schiffe mit Toten an Bord.

      Hasard selbst dachte überhaupt nicht daran. Ihn bewegte immer noch Smokys Argument, das die Strömung betraf. So ganz unrecht hatte der Decksälteste gar nicht einmal. Wenn es hier wirklich mehrere Strömungen gab, dann konnte es sehr schnell passieren, daß ein Boot so hoffnungslos abdriftete, daß es nicht mehr zu seinem Schiff zurückfand.

      Aber sie waren kräftige Kerle, kannten sich aus, fürchteten Tod und Teufel nicht und waren Seemänner von echtem Schrot und Korn.

      Da mußte es wirklich mit dem Satan zugehen.

      „Fiert das kleine Boot ab“, sagte Hasard. „Steckt euch Pistolen in den Gürtel, nehmt zwei Brandsätze und drei Musketen mit. Wer geht freiwillig mit?“

      Alle meldeten sich, am eifrigsten waren die Zwillinge, aber die konnte Hasard nicht brauchen, obwohl es für sie ein aufregendes Erlebnis zu werden versprach.

      „Drei Mann genügen völlig“, sagte er. „Wir wollen ja nur einmal nachsehen, ob sie Hilfe brauchen, oder was da an Bord der Karacke los ist. Ed, such noch zwei Männer aus!“

      Carberrys Finger deutete auf Dan und Ferris Tucker, seinen Freund.

      Niemand maulte, im Grunde genommen war es ihnen recht, es drängte sich auch keiner vor, als Ed die beiden Männer bestimmte.

      Oben im Ausguck suchten Bob Grey und Jeff Bowie immer noch verzweifelt nach dem fremden Segler, doch sie sahen ihn nicht mehr. Der Nebel hatte ihn wieder verschluckt, und er war so geheimnisvoll verschwunden, wie er aufgetaucht war.

      Carberry nahm den Kompaß mit ins Boot, damit sie die Richtung einhalten konnten, in der das Schiff gesichtet worden war. Die Möglichkeit, dicht daran vorbeizufahren und es zu verfehlen, bestand immerhin.

      Inzwischen war auch das Boot abgefiert worden und lag jetzt völlig bewegungslos an der Bordwand der „Isabella“.

      Hasard vergewisserte sich nochmals, daß die Männer nichts vergessen hatten.

      „Wir bleiben nicht lange“, sagte er, als er über die Jakobsleiter ins Boot stieg. „Wenn die da drüben Hilfe brauchen, sind wir ohnehin gleich wieder zurück.“

      „Paßt auf, daß es keine Falle ist“, schärfte ihnen Big Old Shane noch einmal ein. „Ihr wißt, wie schnell das geht. In dem Nebel können wir nicht viel für euch tun, weil wir den lausigen Kahn überhaupt nicht sehen.“

      „Schon gut“, wehrte Hasard ab. „Wir passen auf, Shane. Ben übernimmt für die Zeit meiner Abwesenheit das Kommando.“

      Carberry, Dan und Ferris Tucker bestiegen ebenfalls das Boot. Der rothaarige Schiffszimmermann hatte auch diesmal nicht auf seine große Axt verzichtet. Für ihn war das Werkzeug und fürchterliche Waffe zugleich.

      Hasard setzte sich auf die hintere Ducht. Dan saß neben ihm, während Ed und Ferris das leichte Boot pullten.

      Sie stießen es von der Bordwand ab, dann tauchten die Riemen gleichzeitig ins Wasser. Es dauerte nur ein paar Schläge, dann verschluckte der Nebel das Boot, und auch die Geräusche erstarben schlagartig.

      Besorgt blickten die anderen Seewölfe dem Boot nach.

      „Wenn das nur gutgeht“, unkte der alte O’Flynn. „Ich hab wieder mal so ein lausiges, komisches Gefühl.“

      „Dann laß doch die Hosen runter und geh nach vorn“, riet Stenmark grinsend, aber er erntete nur einen giftigen Blick.

      4.

      Es war ein seltsames und eigenartiges Gefühl, durch eine Welt aus Watte dahinzugleiten, in der alles unwirklich war.

      Kaum hatten sie abgelegt, da verzerrten sich auch schon die Konturen der „Isabella“, und der Rahsegler sah jetzt selber wie ein Geisterschiff aus, an dem die Segel herabhingen und die Masten nur schemenhaft zu erkennen waren.

      Die Riemen tauchten gleichmäßig ins Wasser, das Geräusch, das dabei entstand, verlor sich augenblicklich wieder.

      Gleich darauf war auch die „Isabella“ verschwunden, als hätte sie aufgehört zu existieren.

      Die Welt war still und wie tot, sie bewegten sich in einer Sphäre, die einem Traum ähnelte, weil alles so unwirklich und geheimnisvoll war.

      Hasard hielt den kleinen Kompaß fest und legte ihn auf die Ducht. Dabei beobachtete er genau die Nadel.

      „Etwas mehr Backbord“, sagte er. „Gut so, auf Kurs bleiben. Dan, du sagst mir sofort, wenn du auch nur den Schatten des fremden Schiffes siehst. Es wird noch eine Weile dauern, aber ich möchte es nach Möglichkeit nicht verfehlen.“

      „Wird verdammt schwer sein, ihn zu finden“, entgegnete Dan.

      „Aber vielleicht reißt der Nebel stellenweise wieder auf, und wir haben etwas Glück.“

      „Ja, Glück gehört dazu, trotz Kompaß.“

      Tucker und Carberry pullten schweigend. Ihre mächtigen Gestalten schienen Löcher in dem Nebel zu hinterlassen und ihn aufzureißen. Dichte Schwaden trieben um die Köpfe der beiden Männer, die selbst von Hasard nicht deutlich gesehen werden konnten.

      Etwas


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