Seewölfe Paket 9. Roy Palmer

Seewölfe Paket 9 - Roy Palmer


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und dick wie Sirup.

      Obwohl sich die vier Männer gegenübersaßen und sich zwangsläufig ansahen, bemerkten sie sich kaum noch. Man konnte den Nebel mit der Hand greifen, so dicht wurde er jetzt. Wenn die Riemen durchs Wasser gezogen wurden, hörte es sich an, als dringe das Geräusch von weit her, von einem anderen Boot.

      Hasard, der immer noch auf den Kompaß blickte, korrigierte erneut den Kurs.

      „Mal feststellen, ob sie uns auf der „Isabella“ noch hören“, sagte er. Er legte die Hände trichterförmig an den Mund und rief mit lauter Stimme den Namen seines Schiffes.

      Aber niemand antwortete. Die weiße Substanz schluckte das Geräusch gierig und erstickte es.

      „Na ja“, meinte er, „wir sind ja auch schon ein ganzes Stück von ihr entfernt. Sie können uns nicht mehr hören.“

      Es war ganz offensichtlich, daß Carberry, Tucker und O’Flynn sich nicht besonders wohlfühlten. Hasard dagegen nahm das alles wesentlich gelassener hin.

      Eine Weile lang wurde schweigend weitergepullt. Dan wollte einen der beiden Männer ablösen, aber Carberry schüttelte den Kopf.

      „Das bißchen Pullen ist ein Klacks“, meinte er. „Deine Seeadleraugen sind viel mehr gefragt. Du siehst den Kahn ja schon, wenn er noch hinter dem Horizont ist.“

      „So wild ist das auch wieder nicht“, schwächte Dan ab.

      Weiter ging die fast lautlose Fahrt durch die weißen Schleier.

      Mitunter schien es den Männern, als bestünde das Boot nur noch aus einer Hälfte, während die andere irgendwohin verschwunden war.

      Einmal war es Dan, als schwebe hoch über ihren Köpfen etwas flatternd dahin. Auch Hasard hatte das Geräusch gehört.

      Tucker blinzelte unter halbgeschlossenen Lidern nach oben, aber er sah nichts außer der zähen Wand, die sie von allen Seiten umgab und einhüllte.

      Eine halbe Stunde verging, dann räusperte sich Dan.

      „Verdammt, bei dem Schlag, den wir pullen, müßten wir längst bei der Karacke sein“, sagte er.

      „Das finde ich auch“, sagte Ed.

      „Wir sind ganz dicht in der Nähe und werden es schon merken, wenn wir gegen die Planken knallen.“

      So optimistisch sich der Seewolf auch gab, er war es jetzt ebenfalls nicht mehr. Sie brauchten nur ein oder zwei Yards an dem Schiff vorbeizulaufen, dann fanden sie es nicht, weil sie nicht einmal seinen Schatten sehen würden.

      Dan saß auf der Ducht und starrte sich die Augen aus, bis sie schmerzten und er nur noch flirrende Linien wahrnahm.

      „Hört mal auf zu pullen!“ sagte Hasard. „Wir rufen noch einmal, wir müssen in der Nähe sein.“

      Die Riemen blieben waagerecht in der Luft hängen, die Fahrt sank rapide, bis das Boot unbeweglich liegenblieb.

      Hasard legte die Hände trichterförmig an den Mund und rief laut in die Richtung, in der er das Schiff vermutete: „Hallo! Wir bringen Hilfe. Meldet euch!“

      Er wiederholte die Worte noch einmal in Spanisch, weil sie immer noch nicht genau wußten, welcher Nationalität der Segler angehörte.

      Er sprach wie durch einen gewaltigen Trichter, doch die Worte schienen buchstäblich in der Luft zu hängen und wurden kaum weitergetragen. Jedenfalls antwortete niemand.

      Alle vier Männer wollten es nicht wahrhaben, daß sie an der Karacke vorbeigerudert waren, und doch mußte es so sein. Für die knapp drei Meilen Entfernung war die Zeit längst vorbei. Vermutlich befanden sie sich schon weit hinter dem fremden Schiff.

      Hasard verglich wieder den Kompaß und fluchte unterdrückt.

      „Soll ich einen Schuß abfeuern?“ fragte Dan den Seewolf.

      „Nein, lieber nicht. Falls man ihn auf der ‚Isabella‘ hört, gerät da alles durcheinander. Wir fahren jetzt einen kleinen Bogen nach Backbord und ziehen einen Kreis. Finden wir das Schiff dann immer noch nicht, geht’s wieder zurück.“

      Die Riemen tauchten wieder ein, und der Seewolf dirigierte den Kurs mit Handbewegungen.

      Nicht mehr lange und Dan O’Flynn griff nach dem Arm des Seewolfs.

      „Halt!“ rief er leise, „da könnte es sein, man sieht einen Schatten.“

      Hasard sah den angeblichen Schatten immer noch nicht, und auch als die beiden Ruderer sich umdrehten, konnten sie nichts erkennen.

      „Mann“, sagte Carberry andächtig. „Wenn das stimmt, ist ein Seeadler ein blindes Huhn gegen dich!“

      Jetzt sah Dan den Schatten auch nicht mehr, denn seine Augen brannten höllisch, aber noch während das Boot weitertrieb, tauchte ganz überraschend dicht vor ihnen eine dunkle Wand auf.

      Das Heck des Schiffes erschien im Nebel, und sie wären ohne die letzte Korrektur tatsächlich achtern daran vorbeigelaufen, ohne es zu finden.

      Carberry sprang auf und drückte mit der Hand gegen die Planken, um den Anprall abzufangen. Sofort zog er seine Hand zurück.

      „Pfui Teufel“, sagte er angwidert und betrachtete seine grünverschmierte Hand. „Der Kahn ist glitschig, als würde er schon jahrelang vor sich hinfaulen.“

      „Das sind kleine Algen, nichts weiter“, sagte Ferris. „Das stammt von der See, wenn der Kasten eintaucht.“

      Ed griff zum Ruder und hämmerte einmal hart gegen die Planken.

      „He, ihr Rübenschweine!“ rief er. „Wo bleibt die Begrüßung?“

      Dumpf und hohl setzte sich der Schlag durch das Schiff fort.

      Alles blieb unheimlich still.

      „Das wäre wirklich nicht nötig gewesen“, rügte Hasard. „Los, weiter am Rumpf entlang!“

      Das eigentümliche Schiff flößte ihnen Beklemmung ein, nicht ausgesprochene Angst, aber es verursachte doch einen dumpfen Druck auf der Brust und ein merkwürdiges Gefühl im Magen. Nur dem Seewolf schien das alles gleichgültig zu sein. Er stellte sich auf die Ducht und versuchte den Namen am Heck zu entziffern. Doch die mit Farbe aufgetragenen Buchstaben waren längst abgeblättert und die Stellen darunter so verwaschen, daß sich nichts erkennen ließ.

      „Ich tippe doch eher auf einen Spanier“, sagte er leise. „Aus der Entfernung hat das Bild getäuscht. So bauen nur die Spanier, oder bist du anderer Ansicht, Ferris?“

      Tucker betastete das Holz, kniff die Augen zusammen und stieß ein paarmal mit dem Daumen gegen die Planken.

      „Dem Verlauf des Achterstevens nach ganz sicher ein Don“, sagte er. Doch nahm er die Finger so plötzlich von den Planken, als hätte er sich an dem Holz verbrannt. Seine Nackenhaare richteten sich auf, und er stieß einen verhaltenen Fluch aus.

      „Verdammt, da drin hat es gerumpelt“, sagte er.

      Den drei anderen Männern war das Geräusch ebenfalls nicht entgangen, und bis auf Hasard schluckten sie alle.

      „Ein Zeichen, daß sich jemand an Bord befindet“, sagte er lässig. „Seid auf der Hut, haltet die Waffen schußbereit.“

      Immer wieder blickten sie nach oben zum Schanzkleid, ob sich da vielleicht ein Gesicht zeigte.

      Unendlich vorsichtig umfuhren sie das Schiff. Von außen konnten sie jetzt Einzelheiten erkennen, und Dan wies zu den Masten.

      „Seht nur“, flüsterte er. „Das sind keine aufgegeiten Segel, das sind nur noch Fetzen, die da herabhängen! Total zerfetzt und vergammelt.“

      Tucker legte den Kopf in den Nakken. Was Dan da sagte, stimmte.

      Es waren die Überreste ehemaliger Segel, die da herunterhingen. Zerschlissen, vermodert, zerlumpt, sie befanden sich in einem erbarmungswürdigen Zustand.


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