Seewölfe Paket 8. Roy Palmer
wir das Feuer. Achte auf die Sandbank, damit es uns nicht so ergeht wie dem ehrenwerten Admiral. Ich möchte mich nicht bis auf die Knochen blamieren!“
„Aye, aye, Sir. Ich kenne sie jetzt noch besser, es wird uns nichts passieren“, versprach Pete.
Die Segel wurden gesetzt, die Doppelblinde blieb im Gei hängen, damit die Sicht besser war, und als der Anker vor dem Bug baumelte, nahm die „Isabella“ langsam Fahrt auf.
Auf den vier Galeeren standen Segel, die der Wind straff blähte.
Die Riemen tauchten nach wie vor ins Wasser, und der Seewolf glaubte das nervtötende Geräusch der Schlagmänner bis hierher zu hören.
Sie waren schnell und wendig, diese Galeeren. Sie wurden jetzt zu einer Kette auseinandergezogen und erhöhten die Fahrt.
Hasard sah zu der Galeone hinüber, die jetzt achterlich verschwand, und auf der alles wie erstarrt schien.
Im Schein der Laternen und Fakkeln erkannte er Francis Drake und fragte sich, wie dem Mann jetzt wohl zumute sein mochte. Er mußte sich noch hilfloser als ein Säugling fühlen, und ohne die „Isabella“ wäre er jetzt vermutlich eine leichte Beute der Spanier geworden.
Für Drake bedeutete das nicht gerade einen neuen Meilenstein auf dem Weg zum Erfolg. Er konnte wirklich nicht viel mehr unternehmen, als ein paar Kanonen abzufeuern. Jedenfalls war er total manövrierunfähig.
Hasard blickte ihn nicht an, und auch Drake vermied es, seinem Blick zu begegnen. Noch waren sie nicht miteinander fertig, es würde noch ein weiteres Tänzchen geben.
Hasard gab dem Waffenmeister Al Conroy noch einmal letzte Informationen.
„Wir segeln auf sie zu, feuern die vorderen Drehbassen ab, Al, lassen dann eine Breitseite folgen, wenden, und setzen die achteren Drehbassen ein. Anschließend kriegen sie noch die andere Breitseite zu spüren.“
Conroy verstand. Genauso hätte er auch gehandelt, und er verschwand wieder wie ein Blitz.
Batuti und der graubärtige Waffenschmied Big Old Shane enterten fast gleichzeitig auf, unter den Armen ihre mächtigen Bögen, die auf unglaublich weite Distanz die verheerenden Brandpfeile verfeuern konnten.
Ferris Tucker war damit beschäftigt, seine gefürchteten Höllenflaschen zu überprüfen und zu verteilen, die unter den Gegnern Panik verbreiteten. Gleichzeitig lud er die Gestelle mit den chinesischen Brandsätzen, dem unlöschbaren Höllenfeuer.
Hasard ließ noch einmal den Profos rufen.
„Ich bitte mir allerstrengste Disziplin aus, Ed“, sagte er, „und möchte kein unnötiges Gebrüll hören. Die Männer sind auf ihren Posten und wissen, was sie zu tun haben. Wir führen einen nächtlichen Blitzangriff, und wir werden uns bemühen, so sauber und schnell zu kämpfen, daß Drake die Spucke wegbleibt.“
„Aye, aye, Sir!“ Wir werden es ihm zeigen, daß wir unseren Namen zu Recht tragen, Sir! Drake soll staunen!“
Der Profos verschwand fast lautlos.
Auf der ersten Galeere blitzte es einmal kurz auf, ein Schuß löste sich und rollender Donner fegte über die See.
Sie hielten sich jetzt so, daß sie höchstens im Bereich einer Breitseite lagen, und jederzeit davonjagen konnten, falls die „Isabella“ drehte.
Die Kugel donnerte mehr als zweihundert Yards von der Galeone entfernt ins Wasser und riß eine kleine Fontäne hoch.
„Imponiergehabe“, sagte Hasard verächtlich. „Nur ein Einschüchterungsversuch der Spanier.“
Er gab Batuti und Big Old Shane ein Zeichen, und sofort darauf flogen zwei glühende Pfeile durch die Nacht. Schnurgerade zogen sie ab, suchten sich ihren Weg durch die Luft und fielen in einem Bogen nach unten.
Der erste Pfeil traf, der zweite verfehlte die eine Galeere nur um ein paar Yards.
Der brennende Pfeil bohrte sich ins Deck, die Pulverladung entzündete sich und bildete einen kleinen Glutball.
Männer eilten herbei und versuchten das Feuer zu löschen. Es gelang auch sofort, aber schon folgten der dritte und der vierte Pfeil. Diesmal trafen beide und erneut loderten kleine Feuer auf.
Hasard gab ein Zeichen.
Tucker hielt die glimmende Lunte an zwei der chinesischen Brandsätze. Augenblicke später wurde die Nacht von einem infernalischen Schrillen und Heulen zerrissen. Wie glühende Schlangen sausten die Brandsätze pfeifend, kreischend und mißtönend auf ihrer Bahn davon.
Bei den Galeeren zerplatzten sie in der Luft, und nun folgte das, was den Männern auf Drakes Flaggschiff einen kalten Schauer nach dem anderen über den Rücken jagte.
Sie hatten etwas Ähnliches noch nie erlebt. Starr und unbeweglich sahen sie auf das einmalige Schauspiel. Niemand sprach auch nur ein Wort. Das Geschehen schlug sie in ihren Bann.
Ein Vorhang aus roten, blauen und grünen Flammen entstand in der Luft, dicht über zwei Galeeren. Prasselnd und knackend fiel ein farbenprächtiger Feuerregen nieder und setzte zwei der Galeeren schlagartig in Brand.
Ein Inferno tobte plötzlich los, und die Brände, die jetzt aufflackerten, wurden immer zahlreicher.
Das Segel der ersten Galeere verging in einem Feuersturm, es lohte auf und verschwand. Das zweite Segel begann zu glühen, bis es eine Flammenwand schlagartig überzog. Gleichzeitig wurde der Bug in blutrotes strahlendes Licht getaucht.
Die zwei Galeeren gerieten aus dem Rudertakt, es wurde nicht mehr gepullt, man hörte Männer vor Angst brüllen und schreien.
Anscheinend wurden sie von ihren Ketten befreit, denn die Riemen hingen im Wasser, und an Deck erschienen mehr Leute, als zur normalen Besatzung eigentlich gehörten.
Die ersten Männer sprangen über Bord, als die beiden brennenden Galeeren zusammenstießen, und durch den Anprall einen wilden Funkenregen erzeugten.
„Drehbassen und Breitseite!“ rief der Seewolf.
Die vorderen drehbaren Geschütze schwenkten herum und entluden ihren verheerenden Eisenhagel.
Fast gleichzeitig, die „Isabella“ schwang gerade herum um die beiden anderen Galeeren anzuvisieren, donnerte die Breitseite los, ließ die Galeone stark krängen und eine Wand aus Rauch entstehen, die langsam zum Achterdeck trieb.
Hasard stand hochaufgerichtet auf dem Achterkastell. Sein Gesicht war unbewegt, er hustete nicht, als die Qualmwolke kurz das Deck einhüllte und langsam verwehte.
Aber drüben hatte es viermal eingeschlagen. Einer der Galeeren wurde ein Teil des Bugs weggefetzt, die andere erhielt zwei Treffer mitschiffs oberhalb der Wasserlinie und drehte sofort ab, riesige klaffende Löcher im Rumpf.
Sofort fuhr die „Isabella“ das nächste Manöver.
Segel nachtrimmen, Hartruder und klar bei erneuter Breitseite.
Sie war überflüssig.
Der blitzartige Angriff hatte die Spanier in Panik gebracht. Sie dachten nur noch an Flucht, als auch auf der dritten Galeere heller Feuerschein aufzuckte.
Hier schien der Teufel persönlich heranzusegeln und seine glosende Hölle auszuspeien, sein schwefliges Feuer, das alles versengte und verbrannte.
Die Spanier sahen ihr einziges Heil nur noch in rascher Flucht. Die letzte noch fast intakte Galeere wurde zum Land getrieben, gepullt von Sträflingen, die keinen Schlagmann mehr brauchten, die ihr Leben in Gefahr sahen und alles gaben, was sie an Kräften noch hatten.
Shanes letzter Brandpfeil erwischte sie allerdings noch, und nun zuckte auch dort ein kleines Feuer auf und breitete sich schnell aus.
Damit war das Gefecht beendet. Der Seewolf hatte nicht vor, die angeschlagenen und brennenden Galeeren weiter zu verfolgen. Er hatte dafür gesorgt, daß der hilflosen „Elizabeth Bonaventura“ nichts passiert war und der Angriff der Spanier blitzschnell, sauber und präzise zurückgeschlagen wurde,