Seewölfe Paket 8. Roy Palmer

Seewölfe Paket 8 - Roy Palmer


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Sohnes Dan ein, dessen Rückgrat früher oftmals Bekanntschaft mit dem Holzbein geschlossen hatte.

      Als es Hasard zu viel wurde, pfiff er einmal durch die Finger. Die beiden standen wie aus dem Boden gewachsen vor ihm und bauten sich rechts und links vor ihm auf.

      Hasard strich ihnen über die schwarzen Haare und beugte sich ein wenig hinunter.

      „Genug jetzt, Hasard und Philip“, sagte er, preßte die Hände zusammen und legte sie unter den schiefgehaltenen Kopf.

      „Jetzt geht es in die Kojen, ihr Banausen. Schlafen, verstanden?“

      „Aye, aye, Sir“, ertönte es im Chor, und beide grinsten wie auf ein geheimes Kommando.

      „Dann ab mit euch!“

      Wenn Hasard etwas sagte oder durch Zeichen andeutete, wie eben das Schlafen, begriffen die beiden sofort. Sie wurden brav wie die Lämmer und marschierten ab.

      Der Seewolf sah ihnen nach und lächelte, wie sie einträchtig nebeneinander gingen, die kleinen Entermesser stolz im Leinengürtel tragend, die sie Ferris Tucker in einer schwachen Stunde abgeluchst hatten. Dabei hatten sie mit ihm gefeilscht – in der ausgekochten Manier altorientalischer Bazar-Händler, bis Tucker endlich nachgegeben hatte.

      Die beiden waren sehr selbständig, clever und mit allen Wassern gewaschen, obwohl sie erst sieben Jahre alt waren. Aber die Selbständigkeit hatten sie bei der Gauklertruppe gelernt und bei jenen Leuten, die mit ihnen durch den ganzen Orient gezogen waren.

      Auf der Sandbank ging das Gebrüll weiter. Fluchende und schwitzende Männer brachten einen weiteren Anker aus, um sich mit deren Hilfe von der Sandbank zu ziehen. Mancher Tropfen Schweiß wurde dabei vergossen, und zwischen den Leuten bewegte sich brüllend und fluchend der Profos der „Elizabeth Bonaventura“, ein grobschlächtiger Kerl, bärbeißig und voller Grimm, der die Leute fast pausenlos anbrüllte und auch mit der Faust nach ihnen schlug.

      „Der kann es bald noch besser als du, Ed“, sagte Smoky grinsend.

      Carberry warf dem Decksältesten einen finsteren Blick zu.

      „Das bezweifle ich“, sagte er, „oder soll ich es dir erst beweisen?“

      „Ich glaube es dir auch so“, versicherte Smoky hastig.

      Brighton legte dem Profos einen Arm auf die Schulter.

      „Wenn man ins gesetzte Alter kommt, wird man ruhiger“, sagte er grinsend. „Oder könnt ihr euch über Ed beschweren? Er ist wirklich etwas ruhiger geworden, weil er eine gut eingespielte Mannschaft hat und keine Hitzköpfe.“

      „Was – gesetztes Alter?“ rief Carberry. „Das könnt ihr zum alten O’Flynn oder zu Will Thorne sagen, ihr lausigen Affenärsche, aber nicht zu mir! Ich bin noch lange nicht im gesetzten Alter, auch wenn ich mir in aller Ruhe ansehe, wie diese Schlickrutscher sich abmühen, ihren Kahn wieder flottzukriegen.“

      Daraufhin wandten sich die Blicke der anderen wieder Drake und seiner Mannschaft zu, die sich immer noch erfolglos abmühten, das große Schiff von der Sandbank zu ziehen.

      „Wetten, daß sie es nicht schaffen?“ fragte Gary Andrews. „Die murksen morgen noch daran herum.“

      „Das schaffen sie auch nicht“, versicherte der Rudergänger Pete Ballie, der die „Isabella“ so haarscharf und exakt an den Sandbänken vorbeigesteuert hatte. „Die sind viel zu hart aufgebrummt, und wenn sie nicht leichtern, bleiben sie hocken.“

      Ferris Tucker, der rothaarige Schiffszimmermann, lehnte sich an die Nagelbank des Großmastes zurück.

      „Das gibt einen Mordspaß, wenn sie die schweren Kanonen aus dem Batteriedeck hieven“, sagte er. „Drake wird einen Tobsuchtsanfall kriegen.

      Später wird er auf die Idee verfallen und doch noch Hasards Hilfe annehmen.“

      „Das glaubst du doch selbt nicht“, sagte Tuckers Freund Carberry und tippte sich mit dem Finger an die Stirn. „Der stolze Drake krepiert lieber auf der Stelle, als daß er das Angebot annimmt.“

      „Da kommt Hasard“, sagte der Kutscher, „hören wir doch mal seine Meinung über Drake.“

      Der Seewolf erschien in der Kuhl und blickte auf das Gewimmel. Unzählige Leute schufteten im Schein blakender Schiffslaternen. Es war ein riesiges Gewimmel, auf den ersten Blick ein scheinbares Durcheinander, und es sah so aus, als wüßte niemand, was er eigentlich tat.

      Der Seewolf hatte die Worte gehört und schüttelte den Kopf.

      „Nein, Drake wird uns nicht bitten“, sagte er, „oder ich müßte mich schon sehr täuschen. Sein Stolz als Admiral läßt das nicht zu, er ist bokkig und dickköpfig, nachtragend wie ein Elefant, und er beißt sich eher die Zunge ab, als mich um Hilfe zu bitten. Wir haben Zeit, warten wir es ab, ob sie es schaffen. Aber so, wie es den Anschein hat, sieht es nicht danach aus.“

      „Weil der Kahn zu schwerfällig ist“, sagte Tucker nickend.

      Er sah, wie sich einer der Seesoldaten über das Dollbord des Bootes lehnte und sich erbrach. Mit beiden Händen hielt er sich den Bauch.

      „He!“ rief Ferris. „Kotzen könnt ihr auch an Land, deshalb braucht ihr nicht zur See fahren.“

      Die Bemühungen gingen pausenlos weiter. Drake hatte jetzt achtern zwei Anker ausbringen lassen, mit deren Hilfe er sich achteraus von der tückischen Sandbank zu ziehen gedachte. Rudelweise stemmten sich die Männer in die Winschen, bis die Trossen steif waren und zu singen begannen.

      Doch das Flaggschiff rührte sich nicht.

      Sie sahen, wie Drake vom Achterkastell aus mit den Händen mal hierhin mal dorthin zeigte und Befehle schrie.

      Er ließ noch mehr Männer an den Winschen arbeiten, bis sie sich gegenseitig auf die Füße traten.

      Länger als drei Stunden kämpften sie verbissen darum, das schwere Schiff zu bewegen. Vergeblich, es rührte sich keine Handbreite von der Stelle.

      Eine Pause wurde eingelegt. Die erschöpften Männer ruhten sich aus, saßen ausgelaugt an Deck herum und tranken heiße Brühe.

      Danach ging es weiter. Drake ließ leichtern, und einen Teil der schweren Geschütze nach achtern bringen, bis sich der Bug ein kleines Stück höher aus dem Wasser hob.

      Auch das nutzte nichts, alle Mühe war vergebens. Die Galeone des Admirals hatte, sich zu tief in den Sand gesetzt.

      Gegen Mitternacht sah der Admiral ein, daß er es allein nicht schaffte.

      Er ließ den Stabschef und Kapitän Thomas Fenner zu sich in die Kapitänskammer bitten und starrte verbissen auf den mit Karten übersäten schweren Tisch.

      Fenner sah, was den Admiral bedrückte, der nicht so recht mit der Sprache herausrückte. Sollte er seine Ansicht etwas geändert haben? dachte Fenner. Das war kaum vorstellbar, dazu war Drake viel zu starrköpfig und eigensinnig.

      „Ich sagte vorhin, es wäre beschämend, diesen Killigrew um Hilfe zu bitten, Mister Fenner, Sie erinnern sich?“

      „Ja, Sir.“

      „Nun“, Drake seufzte tief. „Ich sehe ein, daß es nicht anders geht. Wir hatten nicht den geringsten Erfolg aufzuweisen, obwohl die Leute Schwerstarbeit geleistet haben. Schließlich geht es nicht um unser persönliches Wohl, es geht um England. Ich bin mir über meine Lage durchaus im klaren und muß meine Beschämung in diesen speziellen Fall zurückstellen. Es geht leider nicht anders, wir werden Killigrews Hilfe anfordern müssen, wohl oder übel.“

      Thomas Fenner schluckte trocken. Also hat der Alte doch seine Meinung geändert, dachte er. Das mußte ihm wie ein glühendes Messer ins Herz gehen, wenn er den Seewolf um Hilfe bat. Es würde ihn erniedrigen, demütigen, aber ihm blieb tatsächlich kein anderer Weg.

      Fenner sah das ein, insgeheim war er auch bereit, diesen demütigen Weg zu gehen, und er würde diesem Killigrew schon einbleuen, was er zu tun hatte.

      „Darf


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