Seewölfe Paket 8. Roy Palmer

Seewölfe Paket 8 - Roy Palmer


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mehr weiterfeuern!“ rief Hasard, als er sah, daß von der Galeere keine Gefahr mehr drohte. Auch er wollte nicht, daß die Gefangenen elend absoffen, ohne Hilfe ertranken und umkamen.

      Schwerfällig und angeschlagen trieb das Schiff in der See, doch dann schienen sich die Ruderer selbst befreit zu haben, denn plötzlich wimmelte es an Deck von ihnen.

      Wie sie es geschafft hatten, blieb dem Seewolf ein Rätsel, vielleicht hatte es der Einschlag einer Kugel bewirkt, vielleicht hatte jemand im letzten Augenblick sich doch erbarmt und die Kette aufgeschlossen.

      Er sah, wie die Männer kopfüber ins Wasser sprangen, schreiend und fluchend und aufklatschend in der See verschwanden, und er gönnte es ihnen.

      Sollten sie an Land schwimmen, zum Teufel, sie würden vorerst doch nichts gegen sie unternehmen können.

      Er ließ das Schiff auf neuen Kurs bringen, und wandte sich einer weiteren Galeere zu, die sich herangeschlichen hatte.

      „Die anderen sind weg“, sagte Ben, „sie haben sich bis auf die eine in den unteren Hafen zurückgezogen. Ha, jetzt hauen die auch ab“, unterbrach er sich.

      Der Takt wurde schneller geschlagen, die Kriegsgaleere wich der heransegelnden „Isabella“ aus und suchte ihr Heil in einer blitzschnellen Flucht.

      „Wir treiben sie zurück!“ schrie der Profos.

      Seine Worte waren in dem Geschrei, dem Donner der Abschüsse und dem allgemeinen Getümmel kaum zu verstehen, aber Carberry nickte grimmig, als die „Isabella“ herumschwenkte und die Verfolgung der Galeere aufnahm.

      Sie erreichte sie jedoch nicht mehr. Die Galeere, voller Panik gerudert, war schneller und verschwand im unteren Hafenbereich, wohin auch die anderen gerudert waren.

      Inzwischen waren Stunden vergangen, und der Überfall auf Cadiz nahm seinen Lauf.

      In der scheinbaren Konzeptionslosigkeit von Drakes Verband, waren gewisse klare Ansätze zu erkennen.

      Hasard nahm an, daß Kapitän Borough daran einen besonders großen Anteil hatte, denn immer, wenn er die „Golden Lion“ sah, ging der Kapitän tollkühn, aber überlegt vor und setzte seine Männer keinem unnötigen Risiko aus.

      Inzwischen hatte sich der Himmel leicht bewölkt, und über dem Hafen von Cadiz bildeten sich dunkle Rauchwolken.

      Hasard blickte über sein Schiff, sah die rußgeschwärzten Gesichter der Seewölfe und den Schweiß, der ihnen wie Wasser auf den Gesichtern stand.

      Sie hatten pausenlos zu tun, es gab keine Ruhe, und wenn sie nicht an den Kanonen waren, wischten; luden, feuerten, dann standen sie an den Nagelbänken, klarierten die Fallen, trimmten Segel nach oder kümmerten sich um den Nachschub an Kugeln.

      „Das sieht nach einem totalen Chaos aus“, sagte Big Old Shane. „Und das dürfte eine Weile dauern.“

      „Es wird noch schlimmer werden, denn noch haben wir den Höhepunkt des Überfalls längst nicht erreicht. Ich würde das eher als eine Art Vorgeplänkel bezeichnen. Ist von unseren Männern jemand verwundet?“

      „Nein, bisher gab es keinen Ausfall. Wir haben zwei Löcher im Focksegel und einen Kratzer in der Bordwand. Bisher hat uns von den Dons noch keiner ernsthaft erwischt. Die kreuzen hier wie die Verrückten herum, ziellos, voller Panik, und einige haben sich bereits verzogen.“

      „Sie formieren sich nur neu“, sagte Hasard. „Das ist die Ruhe vor dem Sturm, Shane.“

      Ferris Tucker erschien auf dem Achterdeck. Auch sein Gesicht war schwarz, nur seine Augen leuchteten weiß, und seine roten Haare hingen ihm verschwitzt ins Gesicht.

      „Keine Schäden“, meldete er und wischte sich mit beiden Händen über das nasse Gesicht. Er zeigte nach oben auf das Segel.

      „Wenn wir das als Schaden bezeichnen wollen, will ich nicht mehr Ferris Tucker heißen. Wir hatten Glück und einen Schutzengel. Hoffentlich hält das so an.“

      „Hoffentlich“, sagte auch der Seewolf, und gab an Pete Ballie den Befehl, an den Wind zu gehen und anzuluven.

      Al Conroy lud unterdessen immer wieder nach. Er war hier und dort, tauchte überall wie aus den Planken gewachsen auf und kontrollierte alles. Es ging ihm nicht schnell genug, er trieb die Leute an, brüllte und gab Befehle.

      „Nicht mehr lange, dann geht der Tanz weiter, und wir müssen jedes Rohr nachgeladen haben, sonst holt euch der Teufel! Und mich auch“, sagte er hinzu.

      Der alte O’Flynn hinkte über das Deck und verschwand unten im Achterdeck. Er hatte alle Hände voll zu tun, um die Söhne des Seewolfs zu beruhigen, die an das Schott mit den Fäusten hämmerten und unbedingt an Deck wollten.

      O’Flynn hatte sie eingesperrt, denn es konnte nur zu leicht passieren, daß den beiden etwas zustieß. Er hörte sie fluchen, aber er verstand den Sinn der Worte ohnehin nicht, denn sie brüllten in der ihm unbekannten Sprache, aber er begriff durchaus, daß sie ihn meinten und es nicht gerade feine Worte waren, die sie ihm durch das geschlossene Schott zuriefen. Ihr Gebrüll mischte sich mit dem Keckem des Affen und dem Kreischen des Aracanga-Papageis, und was dabei herauskam, tat dem alten O’Flynn in den Ohren weh.

      Er verzog schmerzhaft das Gesicht und schlich davon.

      Hier oben an Deck war der Teufel los, aber da unten waren zwei kleine Teufel los, und wenn er den Schimpansen dazurechnete, waren es drei, die da um die Wette heulten, tobten, brüllten und schrien.

      Selbst am späten Nachmittag gab es immer noch keine Ruhe, das Schießen ging weiter, und die Spanier hatten sich von dem ersten Schock erholt und begannen damit, ihre Schiffe zusammenzuziehen und Ordnung in den Hafen zu bringen.

      Immer wieder brüllten die Geschütze auf, ein Eisenhagel nach dem anderen ging über den Hafen, und dazwischen klang das Donnern der Festungstürme, wenn die Kanonen von dort feuerten.

      Die „Isabella“ war wieder aufgeklart worden, neuer Sand wurde an Deck gestreut, Kugeln und Pulver aus der Pulverkammer gemannt und an Deck gestellt.

      Hasard sah zu dem Flaggschiff des Admirals. Er sah Francis Drake an Deck stehen, und fragte sich zum wiederholten Male, was in dem Manne vorgehen mochte.

      Einmal begegneten sich ihre Blicke und verfingen sich ineinander, dann blickte Drake gleichgültig zur Seite und wandte dem Seewolf den Rükken zu.

      „Der hat es gerade nötig“, sagte Carberry, „gerade der! Obwohl du ihm jede Hilfe geleistet hast, bleibt der Kerl störrisch wie ein alter Esel. Er ist unbelehrbar, und außerdem wette ich, daß er Gift und Galle spuckt, denn du hast ihm den ganzen Auftakt vermasselt, Sir! Wahrscheinlich hätte er lieber den ersten Eisenhagel geschluckt, als von uns beschützt zu werden.“

      „So ist er nun mal“, sagte Hasard. „Ich bin längst über den Punkt hinaus, da ich mich ständig über ihn ärgere. Wir segeln jetzt dort hinüber, Ed“, sagte er und zeigte nach Backbord. „Von dort aus haben wir eine günstige Position und können sofort wieder eingreifen.“

      „Aye, aye, Sir.“

      Es dauerte keine halbe Stunde mehr, bis sich die Spanier formiert hatten und weiterkämpften.

      Noch vor dem Abend begann Cadiz unter dem Kanonendonner der vereinigten englischen Schiffe zu erbeben.

      Was der Seewolf als Vorgeplänkel bezeichnet hatte, erwies sich als richtig.

      Jetzt ging es los, und über Cadiz tat sich die Hölle auf, eine brüllende gnadenlose Hölle.

      Die Hafenstadt hatte etwas Ähnliches noch nicht erlebt …

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      1.

      Kriegsgaleere Backbord achteraus!“ brüllte Bill, der Schiffsjunge der „Isabella VIII.“,


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