Seewölfe Paket 8. Roy Palmer

Seewölfe Paket 8 - Roy Palmer


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kaum unterschieden. In Plüsch und Pomp, Samt und Seide saßen sie da, verstaubten Marionetten ähnlich, die man auf irgendeinem Speicher oder Keller vergessen hatte. Engstirnige, bornierte Gents, voller Überheblichkeit, die mit Macht nach oben drängten, zur Spitze gehören wollten und auf ihrem Weg nach oben keine Hinterhältigkeit scheuten.

      Lediglich dieser Borough unterschied sich von ihnen deutlich. Das schien ein aufrechter, ehrlicher und offener Mann zu sein, mit klaren Augen und geradem Blick, der nicht den Kopf senkte oder dämlich grinste, wenn man ihn ansah.

      Auch die Kapitäne der Kauffahrer unterschieden sich nicht sonderlich von den anderen. Sie hatten die Gelegenheit beim Schopf gepackt und gierten nach Ruhm, Beute und Ansehen. Nach Hasards Ansicht waren es Leisetreter, die den offenen, ehrlichen Kampf scheuten und nur aus dem Hintergrund operierten.

      Seine Lippen kräuselten sich verächtlich, und als Kapitän Borough das sah, und die Gedanken hinter der Stirn des Seewolfs zu erkennen glaubte, da begann er plötzlich zu lächeln, und nickte Hasard ein zweites Mal freundlich zu.

      Der Seewolf gab dieses Lächeln zurück. Zwischen den beiden Männern bestand ein plötzliches Einvernehmen und Verstehen.

      Drake hatte spanischen Rotwein kredenzen lassen und nahm am Kopfende der Tafel Platz.

      „Ich möchte Ihnen jetzt mitteilen, um was es geht, meine Herren“, sagte er. „Unser Verband wird weitersegeln in Richtung Cadiz. Dort werden wir blitzartig den Hafen überfallen und angreifen. Für seine Allerkatholischste Majestät, König Philip, wird das ein überraschender Schlag sein, trotz allem, was ich bisher gehört habe, was uns aber nur am Rande interessiert. Ich halte es zu einem großen Teil für Gerüchte. Angeblich ist man unterrichtet, daß ein englischer Verband unterwegs sei, wie Kapitän Killigrew andeutete.“

      Hasard rührte sich nicht. Er hob den Becher und trank einen Schluck. Über den Rand des Bechers sah er dabei Francis Drake genau in die Augen.

      „Cadiz also“, sagte Borough mit seiner klaren Stimme. „Das wird den Dons sicher einen Schock versetzen. Dürfen wir über das Vorgehen mehr erfahren, Sir? Einzelheiten, wie wir operieren, wie sich der Verband aufgliedert, und was der Dinge mehr sind.“

      Drake musterte den Kapitän, der als siegreicher Führer eines Seegefechtes gegen die Dänen hervorgegangen war, und dabei ausgezeichnete Qualitäten bewiesen hatte.

      „Ich sagte, wir überfallen Cadiz, Kapitän Borough“, erwiderte Drake scharf. „Das genügt vorerst.“

      „Es tut mir leid, wenn ich Ihnen widerspreche, Sir“, sagte der Kapitän ruhig. „Aber wenn wir den Hafen überfallen und angreifen, dann muß dem ein detaillierter Plan zugrunde liegen. Aus diesem Grund bitte ich um nähere Einzelheiten. Es erscheint mir gelinde gesagt, absurd, Sir, wenn wir im ganzen Verband einfach drauflossegeln und jeder das tut, was ihm gerade einfällt.“

      „Das erscheint Ihnen absurd?“ brauste Drake auf. „Ich habe Ihnen einen klaren und unmißverständlichen Befehl gegeben, Kapitän, und Sie wagen es von absurd zu sprechen! Für Einzelheiten haben wir vor Cadiz Zeit, noch sind wir nicht da.“

      Hasard sah, wie Borough rot anlief und seinen Weinbrecher mit der Hand umkrampfte.

      Sehr ruhig und gelassen hob Hasard den Kopf.

      „Ich teile die Ansicht Kapitäns Borough“, sagte er. „Ich kenne auch den Hafen von Cadiz genau. Man hat mich in der Festung von Cadiz zum Tode durch Erschießen verurteilt, aber meine Männer haben dort eingegriffen und mir zur Flucht verholfen, bevor die Dons ihr Urteil vollstrecken konnten. Das liegt jedoch schon einige Jahre zurück und ist kaum noch einer Erwähnung wert. Etwas anderes interessiert in diesem Zusammenhang allerdings mehr, Sir!“

      Er sah Drake an und erkannte, daß dem Admiral das alles überhaupt nicht paßte, denn Drake trommelte nervös mit den Fingern seiner Rechten auf der Tischplatte herum. Aber Hasard war das völlig gleichgültig, es galt, Drake vor einem schweren Fehler zu bewahren und unnötige Verluste an Menschenleben und Schiffen zu vermeiden.

      „Ich mußte in einer Bucht etwa fünfzig Meilen südlich von Cadiz Schutz suchen, um nicht von den spanischen Verbänden entdeckt zu werden“, fuhr er fort und berichtete, was sich dort, und auch später, alles auf der Reede von Cadiz zugetragen hatte.

      Drake starrte ihn an. Seine Gesichtsfarbe hatte eine unnatürliche Blässe angenommen.

      „Sie wollen damit sagen, Mister Killigrew, daß Sie also insgesamt drei der großen spanischen Zweidekker, unter ihnen die Admirals-Galeone, versenkt haben?“

      Der Seewolf nickte kühl und warf gleichzeitig einen Blick auf Borough, der sich interessiert vorgeneigt hatte und ihn mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen ansah.

      Drake sprang auf, er konnte sich nicht mehr beherrschen.

      „Wissen Sie eigentlich, Mister Killigrew, daß Sie mit Ihrer Eigenmächtigkeit mein ganzes Unternehmen gefährdet haben?“ schrie er außer sich vor Wut. „Ich werde Sie …“

      Auch der Seewolf hatte sich erhoben und blitzte Drake an.

      „Nichts werden Sie, Admiral, gar nichts. Von einer Eigenmächtigkeit meinerseits kann gar keine Rede sein, denn ich habe nicht gewußt, daß Sie mit Ihrem Verband in diesen Gewässern kreuzen. Trotzdem rate ich Ihnen, von Ihrem Plan Abstand zu nehmen. Die Spanier sind durch den Verlust ihrer drei Schiffe gewarnt, die Reede von Cadiz wird bestimmt überwacht – ich denke an Galeeren. Wenn Sie so vorgehen, wie Sie das vorhaben, dann wird es bei Ihnen schwere Verluste geben. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen, Sir.“

      Drake atmete schwer. Dann blickte er Hasard kühl an.

      „Das alles war sehr interessant und aufschlußreich, Mister Killigrew“, sagte er eisig, „aber auch ich kenne den Hafen und habe die Details im Kopf. Es ist also nicht nötig, daß Sie mir Angriffsvorschläge unterbreiten. Ich danke Ihnen trotzdem für Ihr Engagement.“

      Er warf Hasard einen verletzenden Blick zu und freute sich insgeheim, dem Seewolf eine der vielen Ohrfeigen, die er erhalten hatte, zurückgegeben zu haben.

      „Keine Ursache“, sagte Hasard ebenso kalt. „Dann darf ich mich wohl von Bord melden.“

      „Heißt das, Sie haben nicht die Absicht, für England zu kämpfen?“ rief Drake mit rotem Kopf.

      „Sie haben mich mißverstanden, Admiral. Natürlich werde ich jederzeit für England kämpfen, aber ich möchte nicht das Leben meiner Männer vorsätzlich gefährden, indem ich mich einem närrischen, planlosen Unternehmen anschließe. Ich sehe darin leider keinen Sinn, Sir! Es war mir ein Vergnügen, Gentlemen.“

      Aus den Augenwinkeln registrierte Hasard, wie die erlauchten Gentlemen in eine merkwürdige Starre verfielen, wie Drake einen puterroten Kopf kriegte und pausenlos schluckte und Kapitän William Borough ganz offen grinste und alle Mühe hatte, über Killigrews Worte nicht laut zu lachen.

      Drake stand wie festgeschraubt am Tisch, sah ihm wütend nach und setzte sich empört, als Hasard den Raum verließ.

      Nein, dachte der Seewolf, als er zur Kuhl ging, Konzepte dieser Art behagen mir ganz und gar nicht. Entweder legt Drake seine Karten offen auf den Tisch, so daß man jederzeit mitspielen kann, oder aber er deckt sie zu und spielt allein weiter. Deshalb setze ich nicht das Leben meiner Männer aufs Spiel. Das hieße nichts anderes, als Drake blindlings in seinem Kielwasser zu folgen und den Affen zu spielen.

      Ein leichtes Lächeln lag auf Hasards Lippen, als er ins Boot stieg und sich zurückpullen ließ.

      „Das ging aber schnell“, sagte Ed. „Veranstalten die anderen jetzt einen Saufabend?“

      „Sie begnügen sich mit dummem Geschwafel und hören einem störrischen Hitzkopf zu, der gar nicht daran denkt, sie in seine Pläne einzuweihen. Ich habe die Karten hingeschmissen, Ed. Wir gehen ankerauf und lösen uns von dem Verband.“

      „Richtigen Streit mit Drake?“ fragte der Profos.

      „Meinungsverschiedenheiten. Wir haben grundlegend andere Ansichten. Während


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