Seewölfe Paket 15. Roy Palmer

Seewölfe Paket 15 - Roy Palmer


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worden, die Kanonen ausgerannt, und an Deck sah es wüst aus.

      Der Lange, dessen Namen Burton nicht wußte, der aber hier das Kommando über die anderen führte, wandte sich um.

      „Wir sind fertig“, sagte er. „Hat eine verdammte Menge Schweiß gekostet, Mister.“

      „Und mich eine verdammte Menge Geld“, sagte Burton kühl, denn er hörte genau den geldheischenden, lauernden Ton heraus.

      „Dann können wir jetzt segeln?“

      Burton sah prüfend zum Himmel. Es mußte schon weit nach Mitternacht sein, knapp drei Uhr, wie er schätzte. Der Wind war gerade richtig und die halbdunkle Nacht wie für einen Überfall geschaffen. Der Mond lugte nur hin und wieder zwischen den Wolken hervor und gab gerade so viel Licht, daß man Dinge unterscheiden und auseinanderhalten konnte.

      „Ja, wir fahren los“, sagte er. „Ihr wißt ja, wie wir vorgehen werden. Dann aber nichts wie raus und den Kahn auf Land gesetzt.“

      „Und wo genau?“

      „Das überlasse ich euch. Die Stelle muß so gewählt sein, daß wir gute Fluchtmöglichkeiten haben. Ich glaube zwar nicht, daß man uns verfolgen wird, dazu wird alles zu schnell gehen, aber wir müssen ungesehen verschwinden können.“

      Er beschrieb dem Langen noch die Stelle, wo die „Pride of Galway“ lag, und sagte ihm, daß sie möglichst außer Sichtweite des Kahns fahren sollten, doch das wußte der Lange selbst. Schließlich wollte auch er seine Haut nicht unnötig riskieren.

      Dann übernahm der Lange selbst den Kolderstock, den Burton als „Knüppel“ bezeichnete, und gab mit leiser Stimme Kommandos. Burton und Bromley, der schon wieder eine dieser entsetzlich verschrumpelten Mohrrüben kaute, erklommen das Achterdeck und stellten sich breitbeinig hin wie Admiral und Kapitän, denn sie gehörten ja zur „Schiffsführung“.

      Zwei Segel wurden gesetzt, anschließend kappten sie das Ankertau, und sofort begann die Galeone zu zerren. Noch aber hielten sie die Leinen.

      „Le goooh!“ brüllte der Lange und stemmte sich mit aller Kraft gegen den „Knüppel“.

      Dann ein feines Singen, und zwei Leinen schlängelten sich pfeifend zum Land hin und knallten ins Wasser.

      Die alte Galeone legte ab und nahm Fahrt auf. Burton und Bromley rieben sich die Hände und grinsten in der Vorfreude auf das, was die Seewölfe erwartete. Bald würde ihr aufgelegter Neubau nur noch ein Trümmerhaufen sein.

      Dicht unter Land rauschte Patricks alte Galeone an der Werft vorbei. Dort wirkte alles düster und drohend. Schiffsgerippe stachen wie schwarze Leichenfinger in den Nachthimmel. Wolken jagten am Himmel entlang, und das bißchen Mondlicht ließ alles noch gespenstischer erscheinen.

      Burton hatte Mühe, Einzelheiten zu unterscheiden. Er wunderte sich nur über den dicken Rumpf auf der Werft und staunte, daß das Schiff schon so weit gediehen war.

      „Ist es das?“ fragte Bromley heiser vor Aufregung. Burton biß sich auf die Lippen und nickte heftig.

      „Ja, das muß es sein. Aber die können doch noch nicht die Masten aufgestellt haben.“

      „Davon hat keiner was berichtet“, sagte Bromley nervös. „Da scheint noch ein anderes Schiff zu liegen. Man kann es verdammt schlecht unterscheiden.“

      Das Mondlicht spielte ihnen ebenfalls einen Streich, denn der narbige Bursche versteckte sich schamhaft hinter einer finsteren Wolkenbank. Jetzt sah man nur noch Silhouetten, einen Rumpf, ein paar Bäume, die in den Himmel wuchsen, und zwei hingeduckte Schatten.

      „Ich warte“, sagte der Lange ungeduldig. „Sie müssen sich schon entscheiden, Mister, denn ich kann bei diesem Wind nicht vor der Werft kreuzen. Welches ist es nun?“

      „Das da drüben“, sagte Burton heiser. „Da, direkt, wo die beiden Schuppen sind.“

      Der Lange kreuzte noch ein wenig auf. Die Galeone bewegte sich nur noch mühsam vorwärts. Später, wenn sie die eine Breitseite abgefeuert hatten, würde sich das ändern, dann hatten sie den Wind fast von achtern und konnten wie die Teufel hinaussegeln und die andere Breitseite abfeuern.

      Noch einmal vergewisserte sich der Lange über das Ziel, dann gab er die Meldung weiter an einen Kerl, der lauernd am Niedergang des Achterdecks stand.

      „Ohne Kommando feuern, wenn das Ziel erfaßt ist“, sagte er, woraufhin der andere wie ein Schatten verschwand.

      Burton, eben noch voll hämischer Freude, fühlte sich jetzt gar nicht mehr so wohl in seiner Haut. Es war doch etwas anderes, einen Überfall zu planen, als ihn später auszuführen. Er hatte die Werft ganz anders in Erinnerung. Jetzt lag da ein Gewirr aus Schiffskörpern, Gerippen, Masten, ein Durcheinander ohne jeden scheinbaren Sinn.

      Einen leichten Zweifel gab es noch, doch den räumte er skrupellos aus. Das mußte einfach der Neubau sein, nein, es gab keinen Zweifel daran. So hatten es ihm seine Spitzel berichtet, und so hatte er aus der Ferne selbst gesehen. Das waren auch keine Masten, das waren die hochgezogenen Seitenbalken von dem Neubau oder wie man diese gerippeähnlichen Hölzer nannte.

      Er zuckte heftig zusammen. Bromley neben ihm erschrak so, daß er zu zittern begann, denn nun war der Teufel los.

      Nacheinander zuckten vier gewaltige grelle Blitze aus dem Schiff. Sie erhellten die Nacht wie ein Gewitter. Ein urweltliches Brüllen brach los. Vier Rauchwolken hüllten das Deck ein, das sich so heftig bewegte, als löse es sich in seine Bestandteile auf.

      Auf der Werft schlug es berstend und krachend ein, Trümmer flogen durch die Luft.

      Die Kerle verstehen ihr Handwerk, dachte Burton beklommen, die schießen alles in Fetzen.

      Noch immer regnete es Trümmer, dann zuckte dort drüben ein kleines Feuerchen auf. Weiß der Teufel, was die Kerle dort getroffen hatten oder was sich da entzündete.

      „Helden zur See sind wir“, begann Bromley heroisch zu singen, aber Burton hörte das gar nicht. Noch immer versuchte er, in dem Gewimmel genauere Einzelheiten zu erkennen.

      Die Galeone segelte noch ein Stück weiter, dann ging sie über Stag, die Segel wurden nachlässig getrimmt, sie killten und knatterten dann wie Musketenschüsse. Der Wind ließ das Schiff leicht krängen, dann fiel es fast von achtern ein, und jetzt nahm es rasch Fahrt auf.

      Burton hielt sich krampfhaft am Schanzkleid fest und bewunderte insgeheim diese lausige Piratenbande, die sich an dem Brüllen, Grollen, Blitzen und Donnern gar nicht störte. Gestalten rannten über Deck, hantierten jetzt auf der anderen Seite an den Kanonen und lauerten, bis die Galeone wieder an ihrem Ziel vorbeilief.

      Burton fühlte, daß er das Heft nicht mehr in der Hand hielt. Er sah auch mit einem Schauer des Entsetzens, daß sie zwar getroffen hatten, aber doch wohl leider das falsche Schiff erwischt hatten, denn es brannte auf der dickbäuchigen Galeone, aber nicht daneben. Da lag nämlich das Gerippe des anderen Schiffes immer noch unversehrt da.

      Um Himmels willen, dachte er angstvoll. Hoffentlich hatten sie da keinen Mist gebaut.

      Seine Augen tränten vom Starren, und er knetete aufgeregt seine fleischigen Finger.

      Dann sprang er auf den Langen zu und rüttelte ihn an der Schulter.

      „Verdammt! Ihr Arschlöcher habt das falsche Schiff getroffen!“ brüllte er enttäuscht. „Ich sagte doch …“

      Was er noch sagen wollte, verstand niemand mehr. Auch Mark Bromleys Gesang von den Helden, die zur See fuhren, brach jäh ab, denn nun nahm der Feuerzauber seine Fortsetzung.

      Egal, was Burton auch immer gerufen oder gebrüllt oder welche Befehle er gegeben hatte, die Kerle hörten nichts mehr. Sie tobten sich an den vier Kanonen mit einer wahren Begeisterung aus.

      Abschuß, Feuer, Blitze, Rauch. Ein Einschlag, der alles erbeben ließ. Die zweite Kanone hämmerte ihre Kugel hinüber, gleich darauf die dritte, dann die letzte.

      Mark Bromley sang laut und falsch


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