Seewölfe Paket 15. Roy Palmer
den Strand, Mark!“
„Bei mir geht auch immer alles schief“, jammerte Bromley. „In dem stinkigen London hat es angefangen, und kaum bin ich wieder frei, muß ich weitere Qualen erdulden. Ist das denn gerecht, Samuel?“
„Nein, gewiß nicht“, knurrte Burton.
Sie humpelten über den Strand und bemitleideten sich gegenseitig.
Hinter den Büschen begannen sie zu rennen.
„Wir hauen uns in den alten Schuppen auf der Wiese hinter meinem Haus“, sagte Burton. „Da sucht uns niemand, falls sie herauskriegen, wer das war.“
„Mir ist alles egal, Samuel.“
„Mir nicht. Weiter jetzt!“
Dann verschluckte sie die Dunkelheit.
10.
Kurze Zeit vorher.
Auf der Sambuke von Ben Brighton wie auch auf der „Pride of Galway“ hatten die wachegehenden Seewölfe den Segler zwar bemerkt, doch der war weit entfernt, und es war nicht ungewöhnlich, daß nachts ein Schiff vorbeisegelte.
Dann aber war alles ziemlich schnell gegangen, der Feuerzauber, der Donner und die Einschläge auf der Werft.
Hasard ließ die kleine Jolle bemannen und segelte zur Werft hin über. Dort hatten sich schon einige Leute und Arbeiter eingefunden, die den Brand schnell unter Kontrolle brachten.
„Das galt einwandfrei uns“, sagte Hasard, „ein neuer Anschlag von diesen beiden Halunken, nur haben sie das falsche Schiff getroffen. In die Galeone hat es mindestens fünfmal eingeschlagen. Da wird Sir Lawrence sehr erbost sein und Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um die Kerle zu kriegen.“
„Es muß nur noch bewiesen werden“, meinte Dan O’Flynn, „und das dürfte gar nicht einmal so leicht sein.“
Die Galeone sah in der Tat erbärmlich aus. Überall ragten geborstene Planken aus dem Bauch des Schiffes heraus. Das Deck war aufgerissen, in der Bordwand klaffte ein riesiges Loch. Sie konnten nichts weiter tun, aber sobald es hell wurde, sollten die Aufräumungsarbeiten beginnen.
„Wir verholen nachher zur Werft“, sagte Hasard frostig, „damit das nicht noch einmal passiert. Jetzt ist das Kind in den Brunnen gefallen, und wir decken ihn zu. Es ärgert mich, daß ich diesen Gedanken nicht schon früher hatte.“
Er blickte über den Hafen zur Sambuke hin, die wie ein kleines Spielzeug aussah. Ben Brighton hatte die Segel gesetzt, den Anker gehievt und segelte los.
„Er wird sie nicht mehr kriegen“, meinte Shane, „die Halunken haben sich längst abgesetzt und haben mindestens einehalbe Stunde Vorsprung.“
Ben Brighton unternahm den Versuch trotzdem. Die kleine, wendige Sambuke, mit der er vom Mittelmeer über den Atlantik bis nach England gesegelt war, bewegte sich schnell und leicht und glitt wie ein Schemen über das Wasser.
Am Horizont kroch jetzt ein fahler Schimmer hoch. Er segelte nicht mehr in die Nacht, sondern in den frühen Morgen hinein. Er wußte auch, daß er gegen die Übermacht nichts ausrichten konnte, aber es ließ ihm einfach keine Ruhe.
Etwas später entdeckten sie im fahlen Dämmerlicht die Galeone.
Ben ging in den Wind und hielt auf den Strand zu.
„Die ist unter vollem Preß da hinaufgejagt worden“, sagte er. „Wir gehen längsseits, obwohl ich kaum noch glaube, daß jemand an Bord ist.“
Al Conroy, Pete Ballie und Ben kletterten an Bord der schräg auf dem Strand liegenden Galeone. Ein Mast war zersplittert, die Segel hingen teilweise zerfetzt herunter, und auf dem Deck sah es wüst aus. Die Kanonen hatten sich losgerissen und einen Teil des Schanzkleides zerschlagen.
Das Schiff war bestenfalls noch ein Wrack.
Niemand war zu sehen, wie Ben ganz richtig vermutet hatte. Die Kerle hatten es hier hinaufgejagt und waren Hals über Kopf getürmt.
„Das ist doch der Eimer vom alten Patrick, der immer vor der Bucht am Strand lag“, sagte Al Conroy. „Oder täusche ich mich? Was fällt dem denn ein, hier …“
„Damit hat der alte Patrick nichts zu tun“, sagte Ben sehr bestimmt. „Das sieht mir eher so aus, als hätten sie ihm die Galeone geklaut und wären davongesegelt.“
Sie durchstöberten auch noch die Vorpiek, und da fanden sie zwei Männer, tot, erstochen.
„Diese Schweinehunde haben die Wachen umgebracht“, sagte Ben. „Damit ist wohl klar, daß der alte Patrick nichts damit zu tun hat. Laßt alles so liegen, damit sollen sich die Behörden befassen. Wir segeln wieder zurück.“
„Und die Spuren am Strand?“ fragte Smoky. „Die könnten vielleicht Aufschluß geben.“
Aber die Spuren verliefen sich nach etlichen hundert Yards, und so kehrte Ben mit der Sambuke zurück, um Hasard Bericht zu erstatten.
„Für mich steht fest, daß Burton und Bromley dahinterstecken“, sagte Hasard. „Sie haben eine Bande von Halsabschneidern angeheuert, um uns eins auszuwischen. Sie haben nur das falsche Schiff erwischt, und dieser Irrtum wird für sie hoffentlich noch Folgen haben.“
„Und wie sieht es auf der Werft aus?“
„Ziemlich viele Trümmer“, sagte Ferris Tucker. „Anfänger waren das nicht, das muß eine Horde von Piraten gewesen sein, so, wie die vorgingen.“
„Wir verholen zur Werft“, sagte Hasard. „Der Vorfall wird sich vielleicht nicht mehr wiederholen, aber sicher ist sicher. Und dann werden wir uns an die Behörden wenden.“
Noch am frühen Morgen gingen die „Pride of Galway“ und die kleine Sambuke ankerauf und legten sich dicht vor die Werft, um sie gegen weitere Zwischenfälle dieser Art abzuschirmen. Dann wurde auf Rame Head aufgeklart, und die Behörden von Plymouth schalteten sich ein.
Den alten Patrick traf keine Schuld. Er wußte noch gar nichts von dem nächtlichen Geschehen, außerdem war er noch so voll, daß er gar nicht richtig begriff, was geschehen war.
Die beiden Toten wurden geborgen und beigesetzt, dann begann die Suche nach den Halunken. Aber weder Hasard noch irgend jemand konnte einen Beweis erbringen, daß Burton und Bromley dabei die Hände im Spiel hatten. Außerdem waren die beiden Gauner wie vom Erdboden verschwunden.
Auch die Helfershelfer blieben verschollen und hielten wohlweislich ihr Maul. Ebenso kriegte man auch von den diversen Hafenwirten kein einziges Wörtchen heraus, denn wenn Sir Lawrence der Geschädigte in diesem Fall war, so wußte jeder, daß dann gleich der Galgen in Aktion trat, und das wollte niemand riskieren.
Burton und Bromley hielten sich jedoch immer noch in Plymouth auf.
Sie hockten weit außerhalb der Stadt in einem alten Pferdestall und wollten abwarten, bis Gras über die Sache gewachsen war. Sie hatten sich einigermaßen wieder beruhigt.
„Wir sind einfach nicht die Kerle dazu“, sagte Burton niedergeschlagen, aber doch vom Haß auf den Seewolf beseelt. „Wir packen es zu dilettantisch an. Die Kerle sind für uns eine Nummer zu groß. Du hast doch immer so tolle Ideen, Mark. Vielleicht läßt sich doch noch eine davon durchführen. Wir können sie ja mal durchsprechen.“
Bromley hockte schweigend auf einer umgestülpten Futterkrippe und dachte nach.
Nein, alle Ideen, die er hatte, taugten nichts, doch etwas später hatte er einen Geistesblitz.
„Ich kenne einen Mann in Falmouth“, sagte er nachdenklich, „der haßt den Seewolf fast noch mehr als wir. Weißt du, wen ich meine?“
„Keine Ahnung, Mark.“
„John Killigrew, du kennst ihn doch. Sir John Killigrew von der Festung Arwenack in Falmouth.“
„Mann, verdammt“, sagte Burton und sprang erregt