Seewölfe Paket 15. Roy Palmer

Seewölfe Paket 15 - Roy Palmer


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sagte der Lange fluchend. „Wir haben doch getroffen, das sehen Sie doch selbst.“

      Drüben wurde der Brand größer. Ein Lichtschein zuckte auf, und vor dem Fockmast der Galeone brannte es. Die war jetzt auch als Galeone deutlich im Widerschein zu erkennen, auch das schwarze Gerippe dahinter sah man deutlich.

      Burton hustete und schluckte, denn noch immer kriegte er diesen widerlich stinkenden Rauch ins Gesicht. Seine Augen tränten, er zitterte und war nahe daran, sich zu übergeben.

      „Ihr blöden Säcke!“ schrie er den Langen greinend an. „Das – das ist die Galeone von Sir Lawrence, die ihr getroffen habt. Wenn das rauskommt, daß wir dahinterstecken, dann baumeln wir übermorgen alle am Galgen.“

      Mark Bromley hatte die Worte vernommen, und ihm wurde ebenfalls speiübel vor Angst. Das ist ja wieder mal voll in die Hosen gegangen, dachte er entsetzt.

      Sogar der Lange am Kolderstock wurde jetzt unruhig.

      „Sir Lawrence?“ fragte er gepreßt.

      „Ja, Sir Lawrence!“ brüllte Burton. „Jetzt, im Feuerschein, habe ich deutlich das Wappen gesehen. Und der versteht verdammt keinen Spaß in solchen Dingen, der segelt im Auftrag der Regierung.“

      Ogottogott“, sagte der Lange.

      Die anderen murrten laut und stiegen aufs Achterdeck. Weit hinter ihnen qualmte und brannte es, und als sie den Namen „Sir Lawrence“ vernahmen, da verging ihnen die Schadenfreude.

      „Segel doch schneller, Kerl!“ fauchte Burton den Langen an, der nun immer biestiger wurde.

      „Leck mich doch am Arsch!“ schrie er Burton an. „Mit solchen lausigen Kerlen wie euch soll man eben nichts anfangen. Ihr verdammten Hosenscheißer habt ja von nichts ’ne Ahnung.“

      „Aber ich habe doch gesagt, ihr …“

      „Halt die Schnauze, du Fettsack“, sagte ein anderer Mann. „Wir sind für jeden Spaß zu haben, aber damit wollen wir nichts zu tun haben. Du hast diesen Mist gebaut, du fetter Hund.“

      „Jawoll!“ schrie ein anderer. „Man sollte den Kerl über Bord werfen oder noch besser gleich erledigen und den anderen Hungerleider dazu. Jetzt geht der Ärger los.“

      Burton und Bromley sahen sich umringt. Was eben noch scheinbar so wunderbar geklappt hatte, änderte sich jetzt zum Schlechten.

      An Land wurden Lampen entzündet. Leute erschienen, verschlafen und entnervt von dem plötzlichen Gedonner.

      Das alles hatte der Lange einkalkuliert. Klar, daß dieser Feuerzauber nicht unbemerkt blieb, aber den ehrenwerten Sir Lawrence, den hatte er nicht auf der Rechnung gehabt. Und dieser wilde Fuchs würde natürlich alles daransetzen, um die Kerle zu kriegen die da sein stolzes Schiff mitten in der Nacht heimtükkisch und hinterhältig zusammenschossen und zu Trümmern verarbeiteten. Sir Lawrence hatte Verbindungen bis zum Hofe. Solch einem Mann schoß man nicht ungestraft die Galeone zusammen.

      Daher war es nur verständlich, daß sich die Wut und der Ärger jetzt auf Burton und Bromley konzentrierten. Dem Exhauptmann war das Absingen von Heldenliedern gründlich vergangen, und Burton fühlte sich schlicht und einfach von Leuten bedroht, die in seinen Diensten standen und ihm jetzt ans Leder wollten.

      Daher lenkte er rasch ein.

      „Ich kann mich ja auch irren“, sagte er hastig. „Vielleicht war es doch ein anderes Schiff. Aber wir müssen jetzt eisern zusammenhalten, Leute, und keiner darf auch nur andeuten, daß er etwas von heute nacht weiß.“

      Der Lange lachte verächtlich. Er segelte wie der Teufel persönlich.

      „Ja, glaubst du Blödmann denn, wir werden das an die Kirchenglokken von Plymouth hängen! Wir setzen den Kahn jetzt auf, gleich da vorn, unter vollem Preß, und dann verschwinden wir ganz zackig in der Nacht. Wo ihr hingeht, ist mir scheißegal, aber folgt uns ja nicht. Verkriecht euch lieber in eine andere Gegend.“

      Burton verstand die drastische Sprache nur allzu gut. Sie konnten wirklich noch froh sein, von den Kerlen nicht umgebracht zu werden.

      Das war nun der Dank für eine große Sache!

      „Klar, das tun wir“, versicherte er schnell. „Es soll auch euer Schaden nicht sein. Ich werde mich erkenntlich zeigen.“

      „Mit dir wollen wir nichts mehr zu tun haben, du Fettkloß“, rief ein Mann mit kantigem Gesicht. „Halt besser die Schnauze und sieh zu, daß du nachher ganz schnell deine Gräten in die Hand nimmst.“

      Die Nacht war jetzt rabenschwarz. Weit hinten an der Werft aber zuckte immer noch der Lichtschein durch die Nacht, und vom Hafen her war Gebrüll zu hören. Sie segelten unter vollem Preß ins Nichts hinein. Burton sah voraus nicht einmal mehr die Hand vor Augen. Zitternd und weiß vor grenzenloser Wut und Enttäuschung stand er an Deck und dachte über sein Pech nach. Bromley sagte auch nichts mehr, der hatte die Hosen gestrichen voll vor Angst.

      Der Kerl am Kolderstock aber schien Augen wie ein Luchs zu haben. Er segelte so hart, als befinde er sich mitten in einem Ozean. Dann ließ er ganz plötzlich den Kolderstock los und warf sich auf die Planken. Burton und Bromley standen noch wie versteinert herum. Dann wurde die Galeone plötzlich von einer mächtigen Faust gestoppt. Von einer Sekunde zur anderen stand sie still, als sei sie in eine Mauer gerannt.

      Burton sauste wie eine Kanonenkugel über das Deck und schlug schwer auf. Er schlug sich die Nase an den Planken blutig und spürte, wie eine zweite Gestalt aufschreiend in seinem Kreuz landete. Das war der Exhauptmann Mark Bromley, der ebenfalls nichts von der Seefahrt wußte. Vor allem nicht, daß man sich in einem solchen Fall vorsorglich einen festen Halt verschafft.

      Zum Glück war Burton fleischig und massig, und so passierte Bromley nicht viel. Burton selbst hatte da wesentlich mehr abgekriegt.

      Etwas brach mit berstendem Knall, Kerle schrien und fluchten in der übelsten Weise, und dann knallte etwas an Deck, was sich so anhörte, als würde ein Wald gerodet. Ein dumpfes Rauschen, dann deckte ein schweres, feuchtes Segel die beiden Kerle zu, die darunter zappelten und angstvoll schrien.

      Burton konnte sich schließlich befreien und zog den zähneklappernden Exhauptmann unter dem Segel hervor.

      „Hallo!“ schrie er dann. „Wo seid ihr?“

      Damit meinte er die anderen. Aber die hatten nicht auf ihn gewartet, sondern die Zeit genutzt. Sie waren über Bord gesprungen, hatten die Beine in die Hand genommen und waren losgelaufen. Burton und Bromley befanden sich allein auf einem verlassenen Schiff.

      Bromley fluchte wild, rannte umher, stieß sich den Schädel und fluchte weiter.

      „Schrei nicht so!“ fuhr Burton ihn an. „Die hören dich ja bis zur Werft. Wo sind wir hier überhaupt?“

      „Keine Ahnung“, jammerte Bromley. „Ich glaube, wir sind mitten auf einer Wiese gelandet. Wie – wie steigen wir denn hier aus?“

      „Rutschen“, sagte Burton lakonisch. „Der Kahn liegt ja ganz schief. Vielleicht können wir vorn hinunterrutschen.“

      Sie konnten aber nicht rutschen, und so hangelten sie sich über das Schanzkleid, ruderten und zappelten mit den Beinen, fanden aber keinen Grund.

      Da ließ Burton sich einfach fallen. Mit einem Aufschrei landete er der Länge nach im Wasser. Bromley schlug wie ein nasser Sack direkt neben ihm ein. Er erhob sich torkelnd, tastete nach Burtons fleischiger Hand und zog ihn mit sich.

      Das Wasser wurde immer tiefer. Erst ging es ihnen nur bis zu den Knien, jetzt reichte es schon fast bis zur Brust.

      „In die andere Richtung, du Hammel!“ fluchte Burton. „Und laß mich endlich los, mir reicht es.“

      „Wo sind denn nur die anderen?“ fragte Brommley immer wieder. „Die hätten doch noch warten können.“

      Burton gab keine Antwort. Er fühlte sich hundeelend, ihm war übel, sein Körper schmerzte, und der Ärger


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