Das Intervall-Prinzip. Carola Kleinschmidt
sich: Die aktive Gruppe wurde von Tag zu Tag ganz allgemein zufriedener.1
Aktive Freizeit ist erholsam
Dass Aktivitäten das Abhängen schlagen, hat damit zu tun, dass die aktive Freizeit unsere Psyche nährt, fand Judy Hu heraus. Es scheint so zu sein: Unsere Psyche schöpft Kraft, wenn wir uns tätig und zugleich kompetent fühlen. Deshalb finden viele Menschen Aufräumen, Gärtnern, Handarbeiten und Handwerken oder Kochen so erholsam. Man tut etwas und sieht gleich ein Ergebnis. Wer jeden Abend ein Spiel spielt oder Sport macht, profitiert vom gleichen Effekt: Die Fortschritte sind schnell spürbar. Dieses Gefühl von Kompetenz ist im Kern die Quelle für neue Kräfte, erklärt Hu. Wenn wir unsere Freizeit dann noch in netter Gesellschaft verbringen und uns verbunden fühlen, klettert der Energie-Akku wieder in den grünen Bereich.
Interessanterweise finden wir dann nicht nur das Wochenende oder den Feierabend erholsam und schön. Sondern unser Lebensgefühl steigt ganz allgemein. Denn die Qualität unserer Freizeit hat großen Einfluss auf unser gesamtes Wohlbefinden und unsere Lebenszufriedenheit, so verschiedene Studien. Kurz: Ist die Freizeit doof, finden wir unser ganzes Leben tendenziell trist. Ist unsere Freizeit toll, steigt das gesamte Lebensgefühl. Man könnte also festhalten:
Sag mir, was du in deiner Freizeit tust, und ich sage dir, wie du dein Leben findest.
Das Problem ist nur: Auch für eine aktive Freizeit brauchen wir noch ein bisschen Energie. Sonst kriegt man seinen Hintern einfach nicht mehr hoch. Die Müdigkeit vergällt einem das Treffen mit Freunden. Wir haben keine Kraft mehr für kreatives Tun. Eine erfüllte Freizeit und eine gute Balance fangen also schon viel früher an. Nämlich bei der Frage, wie es uns gelingt, abends noch ein bisschen Energie für Erholung übrig zu haben.
Pausen schenken neue Energie
Jan Seiler, Psychologe am Landesinstitut für Arbeitsgestaltung NRW, hat untersucht, was Menschen davon abhält, sich zu erholen. Er fand heraus, dass es überdurchschnittlich oft »Gedanken an die Arbeit« (das kann auch die Familienarbeit sein) und »Gefühle von Erschöpfung« sind. Seiler hat außerdem den wichtigsten Erholungskiller herausgefiltert: fehlende Pausen im Tagesablauf. Die Befragten, die wenig oder keine Pausen machten, waren abends besonders erschöpft. Das kennt jeder: Die Mittagspause wird aufgespart, um an Ende des Tages etwas früher Feierabend zu machen. Die Fünf-Minuten-Bildschirmpausen lässt man weg, weil irgendwie keiner Pausen macht. Doch wenn wir auf die kleinen Momente der Ruhe verzichten, schaukelt sich unser Stresssystem über den Tag hinweg so auf, dass wir auch abends kaum noch runterschalten können. Gedanken an den Brotjob oder eine andere stressige Tätigkeit kreisen dann immer weiter in unserem Kopf herum. Außerdem ist der Energiepegel so niedrig, dass wir uns körperlich zu erschöpft fühlen für ein aktives Hobby.
BIST DU EIN PAUSENKÜNSTLER?
Wie hältst du es mit Pausen? Nimmst du dir im Tageslauf immer wieder kurz Zeit zum Runterschalten? Machst du eine Mittagspause? Sind deine Ruhemomente erholsam? Wie sieht deine persönliche Pausenkultur aus?
Selbstbestimmte Pausen sind die besten
Vielleicht machst du schon Pausen und gehst regelmäßig mit deinen Kolleg*innen zum Lunch. Oder du unterbrichst deine Arbeit am Bildschirm oder für die Familie durchaus immer wieder. Aber trotzdem fühlst du dich abends oft schlapp und müde. Das kann daran liegen, dass deine Pausen nicht wirklich erholsam sind.
John P. Trougakos, Professor für Personalmanagement an der University of Toronto-Scarborough, hat mit einem internationalen Forschungsteam untersucht, was erholsame Pausen ausmacht.2 Dafür hat er über 100 Personen zehn Tage lang notieren lassen, wie sie ihre Pausen im Job verbringen und wie fit sie sich abends fühlen. Am Ende hatte Trougakos über 800 Tagesprotokolle. Es zeigte sich, dass es enorm wichtig ist, dass wir in den kleinen Auszeiten die Dinge tun, die wir wirklich erholsam finden – und uns nicht abverlangen, weiter Konventionen oder den Vorgaben der Firma oder der Familie zu folgen. Denn diese Anpassung strengt an und macht den Erholungsfaktor einer Pause zunichte.
Eine entspannte Pause ist also vielleicht der Gang um den Block, wenn man gern draußen ist und so den Kopf frei bekommt. Oder es ist eine Mittagspause mit Kolleg*innen, die man wirklich mag und bei denen man sich wohl und wertgeschätzt fühlt. Weniger entspannend ist eine Mittagspause, wenn wir nur mit Kolleg*innen essen gehen, weil wir denken, dass es der Karriere dient oder wir mit müssen, um dazuzugehören. Wer zu Hause arbeitet, nutzt die Pause vielleicht für den Gang zum Supermarkt. Wenn man das eher nervig findet, ist das auch keine echte Pause. Ebenso ist es nicht erholsam, Arbeitsprobleme beim Lunch zu besprechen, weil Problemgefühle Energiefresser sind. Einen beruflichen Erfolg mit den anderen zu feiern kann dagegen durchaus den Akku aufladen, weil man seine Kompetenz spürt und das gute Miteinander eine wichtige Energiequelle ist. Hol dir deinen guten Rhythmus zurück. Und du wirst spüren, wie dein Leben sich entspannt und du die Vielfalt mehr und mehr genießen kannst.
Der Zeitforscher Karlheinz Geißler hat allerdings noch einen Tipp für uns: In unserer Kultur nehmen wir an, ein volles Leben sei ein gutes Leben. Doch wir irren, sagt Geißler. »Wenn wir das Pensum von drei Leben in eines packen, wird unser Leben nicht reicher. Im Gegenteil. Wir leben nicht einmal das eine Leben richtig, das wir tatsächlich haben.« Er rät: »Lassen Sie weg, was zu viel ist.«3
Hol dir deinen Rhythmus zurück
Der erste Schritt zum guten Rhythmus führt über die Minipause. Erst im zweiten Schritt – wenn man wieder für einen ausgeglicheneren Energiepegel gesorgt hat – macht es Sinn, sich anzuschauen, welche Freizeitaktivitäten einen überhaupt begeistern würden.
Es gibt ein paar Faustregeln für erholsame Pausen. Sie können dir helfen, deine ganz persönliche Pausenkultur so zu gestalten, dass du über den Tag hinweg gut für deine Energien sorgst. Im Anschluss an die konkreten Inspirationen für gute Pausen findest du einen kleinen Selbst-Check für deine ganz persönliche Pausenkultur.
Fang mit Minipausen an
»Atmen: Unsere Atmung ist die leichteste und zugleich stärkste Methode, um unsere Energie in Balance zu bringen. Atme lange und tief aus, und du wirst ruhiger. Atme lange und tief ein, und du wirst Belebung spüren. Ein paar bewusste, tiefe Atemzüge sind perfekte Mini-Kraftmomente.
»Gedanken lüften: Alle 60 bis 90 Minuten benötigt unser Gehirn eine Pause von Konzentration und Fokussierung. Aufstehen, ans Fenster gehen, tief Luft holen – all das sind gute Pausenmomente nach einer Phase konzentrierten Arbeitens.
»Augengymnastik: Am Bildschirm, beim Lesen und auch beim Werkeln im Nahbereich müssen sich unsere Augen stets anstrengen. Gönne ihnen für einige Minuten einen Blick in die Weite. Schließe ab und an für einige Minuten die Augen und spüre die Entspannung.
»Bewege dich: Sich immer wieder zu bewegen entspannt sehr: Rumgehen, Treppensteigen, aber auch eine »bewegte Pause« oder ein wenig Minigymnastik im Büro.
»Entspanne deinen Geist: Bewusst an etwas Schönes zu denken dimmt unser Stresssystem. Ein Lieblingslied zu hören oder den Blick in die Natur zu richten hat ebenfalls einen erholsamen Effekt. Auch herzhaft zu lachen entspannt sofort. Oft reichen schon zwei bis fünf Minuten.
Anleitung für deine gute Pausenkultur
»Gönne dir Abwechslung: Wer am Computer sitzt, sollte zwischendurch