Jenny Marx. Marlene Ambrosi

Jenny Marx - Marlene Ambrosi


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nach und nach, und entsprechend vertraulicher verkehrte sie mit Engels. Vor dem Osterfest 1856 fragte sie beispielsweise an, ob er die Feiertage bei ihnen in London verbringen wolle, und plauderte sogar über eine Familiengelegenheit. „Ich hab in diesem Augenblick auch ein Hühnchen mit dem Minister of the interieur zu pflücken wegen meiner kleinen Erbschaftsgeschichte. Sie werden sich erinnern, daß sich unter dem Nachlaß // des Onkels eine Masse Briefe und Manuskripte des Großvaters, der Kriegsminister des Herzogs von Braunschweig war, vorfanden. Wegen letzterer, die das kriegsgeschichtliche Material über den 7jährigen Krieg enthalten, war der preußische Staat durch die Vermittlung von H. von Scharnhorst schon mit meinem Vater in Unterhaltung um sie anzukaufen. Nun kommt mein Bruder und in der Schlußabrechnung über die Erbschaftsangelegenheit befinden sich folgende sonderbare Posten: Was die vorgefundenen Bücher betrifft, so hat der H. Staatsminister dieselben aus ‚Pietäts Rücksichten‘´für 10 Thaler übernommen. Den schlechteren Theil derselben hat er in Braunschweig für 11 Thaler versteigern lassen und nun übernimmt er ohne anzufragen die werthvolleren, die er für 10 Thaler taxiren läßt, aus Pietät, zieht mir aber die Kosten für die Fracht derselben von Braunschweig nach Berlin ab. Sonderbare Pietät. Doch nun kommt der eigentliche casus belli. Ferner läßt er den Geschäfts//führer Florencourt schreiben: ‚Außer den Büchern ist noch eine große Anzahl von Schriften, darunter auch eine Anzahl von Handschriften des verewigten Landdrost von Westphalen – zum Theil kriegsgeschichtlichen Inhalts – vorgefunden worden. Die letzteren sind aber durchgängig höchst lückenhaft und defect und dürften dieselben eigentlich literarisches Interesse nicht darbieten‘. So ohne mir ein gerichtliches Inventar zu schicken und ohne die Papiere taxiren zu lassen, glauben sie die mit einem coup de main sich zueignen zu können. Ich vermuthe stark, daß mein Bruder gleich in seinem patriotischen Eifer die Manuscripte dem Staat geschenkt hat um so mehr als meine Mutter mir schreibt sie habe ihnen schon über den Werth der Papiere geschrieben und angefragt was sie damit vorhätten. Das Schweigen ist sehr sonderbar. Er glaubt ich werde ihm: dem mächtigen ‚Cheeef‘ der Familie das Alles so ohne weiteres, wie meine andern unterthänigen Schwestern, überlassen. // Da schneidet er sich aber“18, verkündete die Ex-Baronesse großsprecherisch, und man wundert sich, weshalb sie den „General“ so ausführlich in ihre Familienangelegenheiten einweihte. Aber sie fühlte sich stark, weil der Mann an ihrer Seite sie aufforderte für ihr Recht zu kämpfen. Marx plädierte natürlich für Gleichberechtigung und daraus resultierende Gleichbehandlung der Frau, wenn es um das Erbe seiner Angetrauten ging und der Kontrahent ein preußischer Minister war. Jenny zeigte sich bei Engels auch gespannt, wie der Bruder sich zu ihren „leisen Anfragen“ verhalten würde: „Ich bin begierig auf die Antwort. Wir könnten jetzt sehr leicht bei dem jetzigen Zustand in Berlin Skandal machen. Aus Rücksicht für meine Mutter wollen wir aber noch vor Anfang etwas sachte auftreten.“19 Grundlage dieser vollmundigen Ankündigung war die große Empörung bei der Bevölkerung in Berlin über die Umstände eines Duells, bei dem der Generalpolizeidirektor Hinckeldey am 10. März 1856 ums Leben gekommen war.

      Ferdinand von Westphalen regelte die Angelegenheit in seinem Sinne: 1859 gab er den ersten Band der „Geschichte der Feldzüge des Herzogs Ferdinand von Braunschweig-Lüneburg“ heraus; bis 1863 folgten fünf weitere.

      Engels war ein geachtetes Börsenmitglied und führte das angemessene Leben eines Fabrikanten. Mit Leidenschaft nahm er an Fuchsjagden teil, hielt ein eigenes Jagdpferd und hatte neben seiner offiziellen Wohnung noch ein Ausweichquartier in einem Cottage. In diesem wohnte Mary zusammen mit ihrer Schwester Lizzie, nachdem, so Engels, die Philister von dem Verhältnis erfahren hatten. In Brüssel hatte er noch offen mit der jungen Frau zusammengelebt, in Manchester als Geschäftsmann getraute er sich dies nicht. Der Bruch mit der Konvention wäre zu skandalös gewesen; eine Geliebte auszuhalten war legitim, zeichnete vielleicht sogar einen Mann von Welt aus, aber ein offizielles Zusammenleben war tabu.


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