Operation Terra 2.0. Andrea Ross

Operation Terra 2.0 - Andrea Ross


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neu zu bevölkern.

      »Soll mir recht sein«, überlegte die Regentin. »Dann kann ich zukünftig über eine noch größere Anzahl von Menschen herrschen. Tiberia wird niemals etwas anderes sein dürfen als eine abhängige Marskolonie. Ich muss nur zusehen, dass nach der Verlegung unseres Regierungssitzes zum Mars dort nichts aus dem Ruder läuft.

      Vielleicht schicke ich mein äußerst ehrgeiziges Fräulein Tochter dorthin. Sie vertritt meine Interessen offensichtlich auch auf dem Mars ganz ordentlich. Jedenfalls kommen von dort keine Klagen.«

      Alanna ahnte nicht, dass die NeuMarsianer mit ihrer Interimsregentin sogar außerordentlich zufrieden waren. Die junge Frau vereinte die Intelligenz und Organisationsfähigkeit ihrer Mutter mit der Integrität und Besonnenheit ihres Vaters in sich. Diese ausgewogene Genmischung sorgte dafür, dass Alanna junior eines schönen Tages, zusammen mit einer kleinen Delegation, sogar Kontakt mit den neu angekommenen Terranern aufnahm, bei den Verantwortlichen um eine friedliche Koexistenz warb. Sie benutzte die uralte Universalsprache Latein, die ihre Vorfahren vor Urzeiten auf dem Mars verwendet und bei späteren Missionen auf Terra etabliert hatten.

      Die beiden, genetisch nur wenig verschiedenen Menschenrassen, bestaunten und taxierten sich gegenseitig, tauschten erste Informationen aus. Man trennte sich unter Anwendung eines weiteren, universell gültigen Habitus – einem freundlichen Lächeln. Auf Tiberia erfuhr allein Kiloon von der weitsichtigen Großtat seiner Tochter.

      Obgleich man auf der Erde theoretisch mit der Existenz weit entwickelter Aliens gerechnet hatte, löste Alannas gut gemeinter Vorstoß dort eine wahre Hysterie aus. Wie bei jeder globalen Angelegenheit waren die Mächtigen des blauen Nachbarplaneten uneins, ob man die Anwesenheit fremder Intelligenzen auf dem Mars als Bedrohung oder als große Chance wahrnehmen sollte. Erbittert wurden konkurrierende Argumente, Vorschläge und Pläne zur Bekämpfung der zahlenmäßig überlegenen Fremden aus dem Hut gezaubert.

      Skepsis dominierte das Denken – und nicht etwa die Freude darüber, dass die Frage, ob die Menschheit der Erde im Weltall alleine sei, nun endgültig beantwortet worden war.

      Man sorgte sich vor allem um die Gefahr, dass einem die anderen Marsianer Gebietsansprüche streitig machen und die Kolonisten von der Erde beherrschen wollen könnten. Auch erinnerte man sich unangenehm an die Schilderung des vor einigen Jahren verstorbenen Phönix 1Kolonisten Philipp Emmerson, der seine damalige Begegnung der dritten Art am Observationsiglu als eher beängstigend und feindselig beschrieben hatte.

      Die terrestrischen Kolonisten auf dem Mars nahmen die Existenz von außerirdischen Nachbarn nach anfänglicher Besorgnis als willkommen hin. Sie mussten im Alltag fern der Erde so oder so mit den Anderen umgehen, konnten nicht abwarten, bis die irdischen Regierungen sich irgendwann vielleicht einigten und eine offiziell gewollte Gangart vorgaben. Sie waren nahezu unbewaffnet, hätten im Falle eines Angriffs ohnehin nichts entgegenzusetzen gehabt. Also freuten sie sich darüber, dass ein solcher nicht zu befürchten war.

      Alle Zeichen standen hoffnungsfroh auf Frieden.

       Terra, 16. September 2017 nach Christus, Samstag

      

      Levi blickte ärgerlich drein, nahm das Päckchen entgegen, das Aaron ihm entgegenstreckte. »Was genau soll das heißen: Die sind weg?«

      »Dass ich dreimal zu unterschiedlichen Uhrzeiten bei der Adresse in Nave Sha’anan gewesen bin, die du mir gegeben hattest. An der Wohnung öffnet niemand, und die besoffenen Nachbarn wissen alle von nichts.

      Außerdem hat mir Solaras vor einigen Wochen mein Notebook zurückgegeben. Er erklärte, er habe inzwischen genug recherchiert. Die beiden sind bestimmt schon unterwegs in die Türkei. Du wirst deine Graspäckchen künftig also wieder selber ausliefern müssen«, meinte Aaron achselzuckend.

      »Ohne sich zu verabschieden? Nach allem, was ich für sie getan habe? Was für undankbare Arschlöcher!«

      »Das ist für uns nicht unbedingt von Nachteil«, überlegte Aaron laut. »Wenn die sich unfair verhalten, können wir das ebenfalls tun. Ich jedenfalls fühle mich an das Versprechen, niemandem über die fliegende Untertasse bei Jad Mordechai zu erzählen, nicht mehr gebunden.«

      Levis Augen leuchteten auf. »Krass, Alter! Wenn wir damit zur Presse gehen, sind wir die Größten. Levi und Aaron, die glorreichen Entdecker einer AlienInvasion. Und zum Beweis präsentieren wir den … wie haben sie das Ding genannt?«

      »Den Raumgleiter.«

      »Genau. Wir fahren dorthin, buddeln ein wenig im Sand, fotografieren ihn und schicken das grandiose Bild zum Anfixen an die Zeitung. Die werden uns fürstlich bezahlen.«

      »Ich bin dabei!«, freute sich Aaron.

      Mit einer Schaufel bewaffnet, machten sich die beiden Jungs noch am selben Tag auf den Weg zum Busbahnhof. Sie schilderten sich gegenseitig in den schillerndsten Farben, was sie mit dem vielen Geld anfangen würden, das man ihnen bald in Bündeln nachwerfen würde.

      Knapp eineinhalb Stunden später bog der Bus in die Haltebucht vor dem Kibbuz ein. »Jetzt werde ich doch ein bisschen nervös«, gestand Aaron. »Was, wenn sie ihren Raumgleiter doch abgeholt haben?«

      Levi lachte kehlig. »Du spinnst doch total! Die müssen sich am Grenzübergang registrieren lassen, dürfen nicht einfach drüber weg fliegen. Ich hatte denen klar und deutlich gesagt, dass sie ansonsten ihre Sozialhilfe in Deutschland vergessen können.«

      »Hoffen wir das Beste.«

      Gegen 16 Uhr erreichten sie, nachdem sie sich ein paarmal verirrt hatten, die fragliche Stelle. Beim letzten Besuch war es relativ dunkel gewesen, die Umgebung wirkte heute verändert. Nun standen die beiden fassungslos vor einer symmetrischen Bodenmulde, um deren Rand etwas Aushub und ein paar tote Steppenpflanzen zu sehen waren.

      »Scheiße!«, fluchte Levi. »Das ist definitiv der Ort, an dem sie das Ding versteckt hatten. Ich erkenne den verkrüppelten Baum da drüben wieder. Diese Idioten sind doch damit weggeflogen. Der Teufel soll sie holen!«

      Aaron wischte sich Schweiß aus dem Gesicht. »Ja, leider. Aber noch ist nicht aller Tage Abend. Wir gehen trotzdem zur Zeitung und erzählen denen unsere Geschichte. Dass wir den Aliens wochenlang geholfen und wie sie ihren fernen Heimatplaneten beschrieben haben, die Story von diesem gruseligen Holographen … und so weiter. Dann führen wir die Zeitungsfritzen hierher. Man sieht an den deutlichen Abdrücken im Sand, dass bis vor kurzem hier etwas sehr Schweres mit strukturierter Unterseite gelegen oder gestanden haben muss. Die sollen mit Messgeräten anrücken, vielleicht ist Radioaktivität oder sowas messbar. Soll ja auch andernorts nach UFOSichtungen so gewesen sein.«

      Sie fotografierten die leere Bodenmulde von allen Seiten mit den Smartphones. Danach zogen sie frustriert wieder ab.

      Zwei Wochen später waren Aaron und Levi erheblich reicher als zuvor, wenn auch nur an Erfahrung. Bei der großen Tageszeitung Tel Avivs waren sie als Spinner ausgelacht worden. Also hatte Levi die Bilder mit entsprechendem Kommentar ins Internet gestellt. Sie erzeugten dort jede Menge Aufmerksamkeit, allerdings hauptsächlich der negativen Art. Ein wahrer Shitstorm ergoss sich auf die jungen Männer. Sie hätten die Abdrücke ganz einfach selber in der Mulde erzeugen und ein paar Pflanzen ausreißen können, hieß es.

      Freilich, es gab auch ein paar unverbesserliche Verschwörungstheoretiker, die voll auf die angebliche Begegnung der dritten Art einstiegen. Aber mit denen war eben kein Blumentopf zu gewinnen. Sie stahlen einem nur Zeit, besaßen jedoch nicht die Möglichkeit, an der Landestelle irgendwelche Messungen durchzuführen.

      Allein das Restaurant Nefilim profitierte von den Gruppen, die nach den ersten Posts wochenlang zur Besichtigung des angeblichen UFOLandeplatzes anrückten. Und das sogar noch, nachdem es geregnet hatte und definitiv keinerlei Spuren mehr zu erkennen waren.

      Für Aaron Rosenthal sollte die unselige AlienAffäre noch ein besonders unangenehmes Nachspiel haben. Seine überaus besorgten Eltern ließen ihn ein paar Wochen nach dem Vorfall psychiatrisch


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