Unschuldig angeklagt und verurteilt. George Kardinal Pell
beruht, und viele, zu viele leiden ohne eigenes moralisches Verschulden.
Die Lehre Jesu stellt einen gewaltigen Fortschritt dar. Er hat erklärt, dass diejenigen, die beim Einsturz des Turms von Schiloach ums Leben kamen (Lk 13,4), nicht wegen ihrer eigenen Sünden oder wegen der Sünden ihrer Vorväter gestorben sind.
Der Ijob-Kommentar von Gregor dem Großen für den heutigen Tag weist darauf hin, dass das Gesetz Liebe bedeutet, und zitiert die lange Liste von Pflichten, die Paulus aus dem Gesetz der Liebe ableitet. Ein schöner Beitrag zur Theologie, ein umfassendes moralisches Programm, doch wenn das alles so eins nach dem anderen ausbuchstabiert wird, fühle ich mich etwas ernüchtert und unvollkommen. Das ist vermutlich beabsichtigt gewesen. Wir müssen besser werden. Es ist allerdings schwierig, die direkte Verbindung zu Zofars Predigt zu erkennen.
Nach dem Besuch habe ich gegenüber dem Hauptwachtmeister meine Enttäuschung darüber zum Ausdruck gebracht, dass man mir nicht vorher mein Rasierzeug gebracht hat, obwohl ich gestern Nachmittag und auch heute Morgen noch mehrmals darum gebeten hatte. Als er bei den Wärtern nachfragte, antworteten beide spontan: »Aber nicht, als wir ihm das Frühstück gebracht haben!« – »Nun gut«, sagte ich zu einem der beiden, »wenn ich Sie nicht gefragt habe, dann habe ich Sie nicht gefragt!« Ich werde beim nächsten Mal genauer darauf achten. Es scheint kein bleibender Schaden entstanden zu sein.
Heute Morgen war ich bei der Krankenschwester und heute Nachmittag habe ich per Video mit Dr. McIsaacs vom St Vincent’s [Krankenhaus] über mein Herz gesprochen. Der Blutdruck war bei 120 zu 80, und ich habe ihm erklärt, dass ich mich manchmal ein bisschen benommen und schlecht fühle, wenn mein Blutdruck im Bereich von 120 ist. Er war jahrzehntelang bei 140, an guten Tagen! Das Leben im Gefängnis ist sehr ruhig.
Ich habe ein bisschen an meiner Rezension zu Overholts China-Buch gearbeitet.26 Der Wachmann hat meinen Fernseher wieder zum Laufen gebracht.
Gott, unser Vater, hilf mir, die Untätigkeit und Eintönigkeit für das Wohl der Kirche und für dein Werk in der Welt aufzuopfern. Gib mir auch weiterhin Kraft und Seelenfrieden und hilf meinen Mithäftlingen, vor allem jenen, denen es schlecht geht, die verstört oder todunglücklich sind.
Freitag, 8. März 2019
Ich habe einen Brief vom Obersten Gerichtshof erhalten, in dem mitgeteilt wird, dass meine Berufungsverhandlung am 5. und 6. Juni im Green Room stattfinden wird. Ruth wird ihren Urlaub verschieben müssen und Tony27 ist einverstanden.
Nach der Urteilsverkündung am nächsten Mittwoch werde ich wahrscheinlich verlegt. Ich habe erwähnt, dass ich einen etwas ansprechenderen Gefängnishof, einen späteren Nachteinschluss und ein bisschen Gesellschaft bevorzugen würde. Meine Sicherheit ist ihre Hauptsorge – und die meine.
Heute Morgen war ich beim Arzt und nicht überrascht, dass mein Blutdruck bei 106(?) zu 62 oder 63 lag. Kein Wunder, dass ich mich elend gefühlt habe – nicht schwindelig. Vielleicht war mein Gleichgewichtsgefühl ein bisschen schlechter als sonst. Am Abend haben sie das Prazosin abgesetzt. Mal sehen, wie es morgen früh ist, auch wenn ich annehme, dass sich dies erst allmählich auswirken wird.
Ein oder zwei der Burschen sind laut und und klingen verstört – besonders um die Mittagszeit. Vielleicht ist es Gargasoulas. Viel Leid gibt es hier.
Heute sind Drogenbeauftragte gekommen. Ich habe dieselben Informationen erhalten wie alle hier. Sie waren sehr freundlich – und ich habe geanwortet, dass ich keine Fragen hätte.
Schwester Mary hat mir die Kommunion gebracht und wir sind die Sonntagslesungen durchgegangen, die sie mir dagelassen hat. Sie hat Grüße von [Bruder] Mark O’Connor28 ausgerichtet und berichtet, dass Barney Zwartz einen feindseligen Artikel in The Age veröffentlicht hat, in dem er Helen Last zitiert.29 Ich habe ihr erzählt, welche Haltung (in Liebe) ich Kidd gegenüber während der Urteilsverkündung einnehmen will, und sie hat mir begeistert zugestimmt.30 Sie war beeindruckt, als ich ihr erzählt habe, was Walker gesagt hat: dass das der bestbegründete Berufungsantrag sei, den er je gesehen habe. Sie hat mir die Fastenbotschaft von Papst Franziskus und eine Ausgabe des Melbourne Catholic über Frauen und Glauben mitgebracht. Ich werde beides lesen.
Gesungene muslimische Gebete dringen jetzt in meine Zelle herein. Zur Hauptmahlzeit (um 15.30 Uhr!) konnte ich Fisch bekommen und heute Mittag habe ich im Salat das Fleisch liegen lassen.
Ich habe noch ein bisschen an meiner China-Rezension gearbeitet und ein paar Notizen über meine Zeit am St Patrick’s gemacht, vielleicht für eine Reihe mit dem Titel »Andere Welten«.
Jemand hat einmal zu mir gesagt, dass jeder Priester drei oder vier oder fünf oder sechs vernünftige Predigten in sich hat, aber danach müsse man mehr und sorgfältiger arbeiten, um Wiederholungen zu vermeiden. Mit einem Gefängnistagebuch scheint es ähnlich zu sein, insbesondere mit den theologischen Reflexionen.
Ijobs Antwortrede [an Zofar; vgl. Ijob 12,3–4] ist nicht wirklich inspirierend. Er sagt zu seinem Gegenüber: »Ich habe auch Verstand wie ihr, ich falle nicht ab im Vergleich zu euch.« Ich habe keinen Grund, daran zu zweifeln, aber irgendwie scheint mir, dass er sich dadurch in eine schwächere Position bringt. Meine Reaktion mag ein bisschen angelsächsisch-altmodisch sein.
Ijob empört sich darüber, dass er zum Gespött wird, schuldlos verhöhnt (Kapitel 12). »In Ruhe sind der Gewaltmenschen Zelte, voll Sicherheit sind sie, die Gott erzürnen, die wähnen, Gott in ihre Hand zu bringen.« Doch Ijob erklärt, »dass Gottes Hand all dies geschaffen hat«. Gott wird für Dürre und Überschwemmungen verantwortlich gemacht, er ist es, der Richter zu Toren macht und die Gürtel von Königen löst. Manche erhebt er, um sie dann niederzuwerfen und zu vernichten.
Ijob hat es nicht leicht: Er glaubt an einen übergriffigen und strafenden Gott, und die Vorstellung von einer jenseitigen Gerechtigkeit, einem erlösungswirksamen Leiden und einem Gott, der das Böse und das Leid für einen langfristigen Zweck zulässt (es aber nicht verursacht), ist ihm unbekannt. Ijob steckt in Schwierigkeiten. Dennoch zweifelt er keinen Moment lang daran, dass Gott alles in der Hand hat.
Ich glaube, es war Father Michael Hollings, der katholische Geistliche in meiner Zeit in Oxford, von dem ich zuerst gehört habe, dass Gott auch auf krummen Zeilen gerade schreibt. Ich habe schon immer an die christliche Vorsehung geglaubt, aber als ich gesehen habe, wie Tolkien am Ende von Der Herr der Ringe alle Charaktere und Handlungsfäden zusammenbringt, kam mir der Gedanke, dass unser unendlich liebevoller Gott noch unendlich viel besser in der Lage sein muss, seine Absichten an die Konsequenzen unserer guten oder sündigen Entscheidungen anzupassen. Ijob hat keinen Moment lang daran gezweifelt, dass Gott das Kommando hat, aber er hat sein Unglück direkt auf Gott zurückgeführt.
Dass ich die Fastenbotschaft von Papst Franziskus erhalten habe, hat mich daran erinnert, für ihn und für die ganze Kirche zu beten. Ich bin nicht sicher, ob mir die regelmäßigen aktualisierten Nachrichten aus Rom fehlen. Doch im SBS31 habe ich gesehen, dass Kardinal [Philippe] Barbarin [der Erzbischof von Lyon] zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt wurde und seinen Rücktritt angeboten hat.32 Er wird bald nach Rom reisen. Offenbar hat er nicht rasch genug gehandelt, um über einen pädophilen Priester Meldung zu erstatten. Es wird ein Verlust sein, wenn er geht, denn er ist einer von den Guten.
So hilf der Kirchenleitung, Herr Jesus, in diesen Stürmen überall auf der Welt weise und mutig zu sein, um die zentralen Herausforderungen und Kämpfe zu erkennen und um die Gläubigen aufzurufen, treu und aktiv zu bleiben.
Samstag, 9. März 2019
Seit meiner Ankunft im Hochsicherheitsgefängnis in Melbourne habe ich 100 Briefe erhalten, die meisten davon in den letzten drei Tagen. Über ein Dutzend stammt von Mithäftlingen. Zwei Häftlingen habe ich geantwortet, einer von ihnen hatte mir auf Latein geschrieben.
Viele von ihnen haben Gedichte und Gebete dazugelegt, die oft in jeder Hinsicht schön sind und beinahe immer den tiefen Glauben der Absender und ihr tiefes Verständnis des Leidens und Sterbens Christi zum Ausdruck bringen.
Natürlich