Frühe Aphasiebehandlung. Jürgen Steiner

Frühe Aphasiebehandlung - Jürgen Steiner


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Brandschutz,

      • Risikomanagement und

      • Hygienemanagement.

      Gesteigerte Ansprüche an das Wissen bei gleichzeitig vielen Unwägbarkeiten begleiten somit die logopädische Handlungsplanung. Good Practice bzw. Qualität sind dennoch das angestrebte Ziel. Von Beginn der Rehabilitation an soll Wirkung für die Betroffenen und auch für die Mitbetroffenen erzielt werden. Patientenzentriert vorzugehen heißt nicht nur klassische Therapie, eine qualifizierte Beratung ist gefragt. Die Patienten und Angehörigen haben direkt nach dem Ereignis einen erhöhten Informationsbedarf. Alle Aussagen, Aktionen und im Besonderen Diagnosestellungen, die hier getätigt, dokumentiert und kommuniziert werden, haben Gewicht und prägen über den Arztbrief die Folgemaßnahmen. Fehldiagnosen oder ein falsch-positiver Status keine Aphasie werden übernommen und laufen Gefahr, nicht oder zu spät korrigiert zu werden.

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      Inzwischen gibt es im deutschsprachigen Raum Stroke Center oder Stroke Units mit einem multiprofessionellen Team. Mit dieser Einführung hat sich die Sterbensrate und die Häufigkeit eines Re-Apoplexes verringert. Hochfrequente medizinische Kontrolle, die Möglichkeit, neurochirurgische Maßnahmen durchzuführen, eine auf die besondere Situation ausgerichtete Pflege und frühe Therapien sind wesentliche konstituierende Merkmale. Die Vorbereitung der Weiterbehandlung wird ebenfalls als wichtige Aufgabe angesehen. Die Logopädie ist obligatorischer Teil des Teams.

      In der Schweiz gibt es acht Stroke Center und elf Stroke Units. In Österreich gibt es 39 Stroke Units an 36 Krankenhäusern (Krankenhaus Hietzing mit neurologischem Zentrum Rosenhügel in Wien beherbergt gleich 3 Stroke Units) (BMSGPK 2020). In Deutschland wird zwischen der überregionalen, regionalen und telemedizinisch vernetzten Stroke Unit unterschieden. Mittlerweile gibt es dort 328 zertifizierte Stroke Units (DSG 2019).

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      Die Diagnostik und Therapie akuter Aphasien kann nicht einfach mit kleinen Ergänzungen versehen bei der Diagnostik und Therapie in der postakuten Phase eingeordnet werden. Das besondere Aufgabengebiet benötigt besondere Aufmerksamkeit, die es in gängigen Lehrbüchern nicht ausreichend erhält. Deshalb kann die Logopädie-Ausbildung eine Vorbereitung auf das Arbeitsgebiet nicht wirklich leisten. Benötigt wird hier ein erhebliches Maß an Zusatzwissen, um kompetent in der frühen Behandlungsphase zu agieren. Dazu gehört auch das Verstehen der medizinischen Gesamtsituation und eine Vorstellung von den Voraussetzungen und Möglichkeiten der anderen Professionen im Team (Pflege, Therapien). Es braucht darüber hinaus ein besonderes Einfühlungsvermögen und eine Haltung, die Sicherheit und Hoffnung ausstrahlt. Vor allem auch, weil die Patienten durch den plötzlichen Einschnitt äußerst belastet sind. Eine Haltung der Sachlichkeit und gleichzeitig des Einfühlens sowie Sicherheit, Klarheit und Transparenz der Aktionen schafft Qualität für die Betroffenen.

      Logopädinnen und Logopäden sind Teil eines Teams und müssen sich hier mit anderen Professionen gut abstimmen. Unter anderem ist es erforderlich, dass Untersucher beim Abschluss einer Therapie beschreiben, wie sie zu ihrem Urteil gekommen sind. In der ärztlichen Diagnostik ist dies längst Standard. Kein Neurologe und keine Neurologin würde im Arztbrief nur die Diagnose Apoplex aufführen, sondern auch CT Befunde und Ähnliches beilegen. Dieser Maßstab sollte auch für die logopädische Abteilung gelten.

      In diesem Buch liegt der Fokus auf akuten Aphasien, wobei wir nur die Situation der Erwachsenen berücksichtigen. Ebenso gehen wir nur am Rande auf die besondere Situation der Aphasiebehandlung im Kontext der Mehrsprachigkeit ein; hier verweisen wir auf Steiner (2018a). Ausführungen zu medizinischen Hintergründen wie beispielsweise zu Ursachen sind in grundlegenden Werken nachzulesen (vgl. stellvertretend Eibl 2019a).

B Fachbeiträge

      3 Symptomatik der akuten Aphasien

      Simone Jehle & Jürgen Steiner

      Praktische Überlegungen zu Symptomatik, Diagnostik und Therapie bei Aphasie erfolgen auf der Grundlage der in Steiner (2016) formulierten Prämissen. Diese sind

      • eine ressourcenorientierte Sichtweise, die sämtliche Schritte leitet (Salutogenese);

      • ein maximales Einbeziehen der Betroffenen und der Angehörigen in Erwägungen, Entscheidungen und Evaluationen und damit die Verpflichtung zur Transparenz, aber auch zur Mitverantwortung (Shared Decision Making, SDM);

      • eine Vorgehensweise, die dem Wissensstand des Faches folgt und sich daraus begründet (Evidence Based Practice, EBP) und

      • die Alltagsorientierung hinsichtlich der Ausgangslage und der Einschätzung des Therapieerfolges am Menschen in seiner Individualität und seiner sozialen und beruflichen Bezogenheit (Kontextorientierung, ICF).

      In diesem Kapitel werden zunächst die Besonderheiten der akuten Aphasiesymptome vor dem Hintergrund des Wissens um die postakute Situation herausgestellt. Eine Ordnung der Symptome ergibt sich aus einer dreiteiligen Systematik: Symptome der Basisfunktionen, verstanden als kognitive Bereitstellung für die Sprache, Symptome des Sprachabrufs und Symptome der Kommunikation. In der Realität treten diese Symptome nicht getrennt auf, sondern bedingen sich gegenseitig, zum besseren Verständnis ist die Dreiteilung der Systematik aber sinnvoll. Das Kapitel schließt mit Überlegungen zur praktischen Bedeutung des Kontextes der Mehrsprachigkeit, der im Rahmen von Migration und Flucht immer mehr an Bedeutung gewinnt.

      3.1 Zum Verhältnis akut – postakut im Hinblick auf die Symptomatik

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      In Lehrbuch-Definitionen des Begriffs Aphasie wird nicht zwischen akuter und postakuter Situation unterschieden. Aphasie ist für die Primärbetroffenen

      • eine hirnorganisch verursachte und plötzlich eintretende Störung der Sprachspeicherungs- und Sprachabrufprozesse, die sich auf die Kommunikation auswirkt (Basisfunktionen – Sprachabruf - Dialog).

      • Mit Basisfunktionen sind geteilte Aufmerksamkeit, Antrieb, Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit, Konzentration und Gedächtnis gemeint, die als kognitive Grundlagen der Sprachlichkeit angesehen werden können.

      • Umfangreiche Begleitstörungen können teilweise die Therapie erschweren oder den Prozess vorübergehend oder dauerhaft dominieren. Begleitstörungen beeinträchtigen Körperstrukturen bzw. -funktionen und wirken sich auf Aktivitäten aus. Stellvertretend seien ein reduzierter Allgemeinzustand, Paresen, Plegien, Neglect, Agnosie, Anosognosie, Apraxien, Post Stroke Depression sowie assoziierte Störungen des Bewusstseins bzw. der Orientierung, des Verhaltens bzw. der Affekte und der Wahrnehmung genannt. Diese werden interprofessionell seitens der Medizin, der Pflege und der Therapien (Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Neuropsychologie) im Case-Management besprochen und behandelt (vgl. Simon 2019 sowie Eibl 2019a).

      • Oft gibt es neben der Diagnose Aphasie weitere logopädisch relevante abzuklärende Indikationen, die zu entsprechenden Nebendiagnosen führen, wie Fazialisparese, Dysarthrie, Sprechapraxie oder Dysphagie. Des Weiteren kann ein transienter Mutismus initial in der akuten Phase einer Aphasie auftreten. Seltener verursacht ein Apoplex ein neurogenes Stottern. Dies kann eher nach einem Schädel-Hirn-Trauma, bei Morbus Parkinson oder als Nebenwirkung von Psychopharmaka beobachtet werden. Konsens der Behandlung ist dabei, dass eine Dysphagie, wenn sie die Aphasie begleitet, in der Regel Behandlungspriorität hat.

      • Bezüglich des Sprachabrufs sind beide Sprachsysteme (Laut- und Schriftsprache) in unterschiedlich starkem Maß in allen Modalitäten (Verstehens-, Hervorbringungs-, Nachahmungs- und Umformungsleistungen)


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