Buchstäblichkeit und symbolische Deutung. Matthias Luserke-Jaqui

Buchstäblichkeit und symbolische Deutung - Matthias Luserke-Jaqui


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als Preußen.“48 Antipathie gegenüber der russischen Zarin paart sich mit einer Verherrlichung Friedrich II.Friedrich II., der für Schubart der Inbegriff kluger Politik bleibt. Schon am 31. Mai 1790 hatte er seinem Sohn bekannt: „Kein Mensch kann Preussischer seyn als ich; dies weißt du wohl, da du mir ja selbst in meinem Kerker schwören mußtest, dich ganz für Preussen hinzuopfern.“49 Verständlich, wenn man bedenkt, dass das preußische Königshaus sich mit Nachdruck und mit „energischen diplomatischen Schritten“50 für die Freilassung Schubarts engagierte. Und verständlich vielleicht auch, dass er ein patriotisches PreußenliedPreußenlied (1790) schreibt, in dem es heißt: „Kein Preuße scheut die finstre Schlacht, / Kein Preuße schont sein Blut!“51 Dieser rhetorische Patriotismus war es denn auch, der Schubart seine Anerkennung im 19. Jahrhundert sicherte.

      Eines wird damit offensichtlich: Schubart lebt die Spaltung in öffentliche Person und private Person, in öffentliches, und das heißt meist erzwungenes Geständnis und Zugeständnis, und dessen privaten Widerruf.

      Ist SchubartSchubart, Christian Friedrich Daniel aktuell? Jedenfalls ist diese Bemerkung aus seinen Ideen zu einer Ästhetik der TonkunstIdeen zu einer Ästhetik der Tonkunst zeitlos: „Auch die populäre Musik ist ohne Naturausdruck ein Aas, das mit Recht auf dem Anger begraben wird.“52

      Hölderlin Luther (1802/1806)

      „LutherLuther, Martin

      meinest du zum Dämon

      Es solle gehen,

      Wie damals? Nämlich sie wollten stiften

      Ein Reich der Kunst. Dabei ward aber

      Das Vaterländische von ihnen

      Versäumet und erbärmlich ging

      Das Griechenland, das schönste, zu Grunde.

      Wohl hat es andere

      Bewandtnis jetzt.

      Es sollten nämlich die Frommen

      und alle Tage wäre

      Das Fest.

      Also darf nicht

      Ein ehrlich Meister

      und wie mit Diamanten

      In die Fenster machte, des Müßiggangs wegen

      Mit meinen Fingern, hindert

      so hat mir

      Das Kloster etwas genützet,

      Denn gute Dinge sind drei.

      Nicht will ich

      Die Bilder dir stürmen.

      und das Sakrament

      Heilig behalten, das hält unsere Seele

      Zusammen, die uns gönnet Gott. Die Geheimnisfreundin

      Die gesellige, die auch waltet in Gärten in Italia Pomeranzen pflanzt

      Weithin, Gott woll

      An unser End

      Hier sind wir in der Einsamkeit

      Und drunten gehet der Bruder, ein Esel auch dem braunen Schleier nach, allbejahend

      Von wegen des Spotts

      Wenn aber der Tag

      Schicksale macht, denn aus Zorn der Natur-

      Göttin, wie ein Ritter gesagt von Rom, in derlei

      Palästen, gehet itzt viel Irrsal,

      Und Julius Geist um derweil, welcher Kalender

      Gemachet, und dort drüben, in Westphalen,

      Mein ehrlich Meister

      Gott rein und mit Unterscheidung

      Bewahren, das ist uns vertrauet,

      Damit nicht, weil an diesem

      Viel hängt, über der Büßung über einem Fehler

      Des Zeichens

      Gottes Gericht entstehet.

      Ach! kennet ihr den nicht mehr

      Den Meister des Forsts, und den Jüngling in der Wüste, der von Honig traun

      Und Heuschrecken sich nährt. Still Geists ists. Oben wohl.

      Auf Monte, wohl auch seitwärts,

      Irr ich herabgekommen

      Über Tyrol, Lombarda, Loretto, wo des Pilgrims Heimat

      auf dem Gotthard, gezäunt, nachlässig, unter Gletschern

      Karg wohnt jener, wo der Vogel

      Mit Eiderdünnen, eine Perle des Meers

      Und der Adler den Accent rufet, vor Gott, wo das Feuer läuft der Menschen wegen

      Des Wächters Horn tönt aber über den Garden

      Der Kranich hält die Gestalt aufrecht

      Die Majestätische, keusche, drüben

      In Patmos, Morea, in der Pestluft.

      Türkisch. und die Eule, wohlbekannt den Schriften

      Spricht, heischern Fraun gleich in zerstörten Städten. Aber

      Die erhalten den Sinn. Oft aber wie ein Brand

      Entstehet Sprachverwirrung. Aber wie ein Schiff,

      Das lieget im Hafen, des Abends, wenn die Glocke lautet

      Des Kirchturms, und es nachhallt unten

      Im Eingeweid des Tempels und der Mönch

      Und Schäfer Abschied nehmet, vom Spaziergang

      Und Apollon, ebenfalls

      Aus Roma, derlei Palästen, sagt

      Ade! unreinlich bitter, darum!

      Dann kommt das Brautlied des Himmels.

      Vollendruhe. Goldrot. Und die Rippe tönet

      Des sandigen Erdballs in Gottes Werk

      Ausdrücklicher Bauart, grüner Nacht

      Und Geist, der Säulenordnung, wirklich

      Ganzem Verhältnis, samt der Mitt,

      Und glänzenden

      Auf falbem Laube ruhet

      Die Traube, des Weines Hoffnung, also ruhet auf der Wange

      Der Schatten von dem goldenen Schmuck, der hängt

      Am Ohre der Jungfrau.

      Und ledig soll ich bleiben

      Leicht fanget aber sich

      In der Kette, die

      Es abgerissen, das Kälblein.

      Fleißig

      Es liebet aber der Sämann

      Zu sehen eine,

      Des Tages schlafend über

      Dem Strickstrumpf.

      Nicht will wohllauten

      Der deutsche Mund

      aber lieblich

      Am stechenden Bart rauschen

      Die Küsse.“1

      Wenn sich Dichter und Schriftsteller des 19. Jahrhunderts mit dem literarischen Sujet Martin LutherLuther, Martin beschäftigen, müssen sie sich mit einer Frage auseinandersetzen, die lautet: Wie ist es möglich, über eine solch übermächtige historische und kulturelle Figur wie LutherLuther, Martin zu schreiben, wo doch schon etliche Versuche vorliegen, von denen viele gescheitert und im Tagesgeschäft der Literatur wieder verschwunden


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