Briefe an Thomas Bernhard. Anneliese Botond

Briefe an Thomas Bernhard - Anneliese Botond


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485).

      [2; Anschrift: Wien; 1 Bl. hs]

      Frankfurt am Main

      30. 1. 63

      Lieber Herr Bernhard,

      Manchmal frage ich mich, ob Sie mit Ihrem Buch diesen eiszeitlichen Winter herauf beschworen haben?

      Schöne Grüße

      Ihre

      Anneliese Botond

      Lieber Herr Bernhard,

      ich möchte jetzt schon mit der Vorwerbung für Ihr Buch beginnen, und zwar vor allen Dingen, was Vorabdrucke und Funklesungen betrifft. Mit großer Freude habe ich neulich abends die Lesung im Hessischen Rundfunk gehört, die mir vorzüglich gelungen schien. Bei einem Telefongespräch mit Richard Wolf vereinbarten wir, daß er auf meine Anregung hin das »Viehdiebsgesindel« an das Nachtprogramm des NDR weitergibt; er erklärte sich auch bereit, das Band mit der Aufnahme des »Armenhauses« einem interessierten Sender zur Verfügung zu stellen. Da unsere Verabredung mit Schwedhelm ja leider nicht geklappt hat (wahrscheinlich hatte er vergessen, sich den Termin zu notieren), bot ich ihm heute die Aufnahme an und bat ihn, sich mit Herrn Wolf zu verständigen.

      Nun doch folgende Fragen: Konnten Sie mit Dr. Kemp oder einem andern Herrn des Bayerischen Rundfunks eine Verabredung treffen? Und wie steht es mit dem Österreichischen Rundfunk und dem WDR in Köln? Mir schiene es am besten, wenn Sie in Wien eine Aufnahme machen könnten, die man dann an den WDR weitergibt. Bitte lassen Sie mich doch wissen, ob das möglich ist. Zum WDR haben Sie ja auch einen guten Kontakt. Ich könnte dann vom Verlag aus noch einmal dort vorsprechen.

      Die kleinen Sender – Saarländischer Rundfunk [für den saarländischen Rundfunk besprach Peter Schünemann Frost in: Berichte aus dem Kulturleben, 17. 9. 1963], Radio Bremen und Sender Freies Berlin – müßten wir dann anschreiben, wenn die Vereinbarungen mit den großen Rundfunkanstalten unter Dach und Fach sind. Das würde ich dann von mir aus tun. Ich werde ohnedies Anfang März in Bremen sein und könnte dann mit Herrn [Günter] Giefer [Günter Giefer rezensierte für Radio Bremen Frost in der Sendereihe Neues vom Büchermarkt, 17. 9. 1963] über die Angelegenheit sprechen.

      Sie baten den Verlag um zehn Leseexemplare Ihres Buches. Herr Arnold hat inzwischen wohl mitgeteilt, daß wir statt gewöhnlicher Leseexemplare eine kartonierte Ausgabe in kleiner Auflage bringen werden, von der Sie dann auch Ihr Leseexemplar-Kontingent bekommen sollen. Bitte schreiben Sie mir auf alle Fälle, an wen Sie diese Leseexemplare verteilen, damit kein Doppelversand erfolgt. Wenn es Ihnen recht ist, schreibe ich dann an die betreffenden Stellen auch noch einmal. Ein Umbruch-Ex. für Carl Zuckmayer schicke ich Ihnen Ende des Monats.

      Um die Bitten vollzumachen: In dem alljährlich erscheinenden Literaturkalender »Spektrum des Geistes« wollen wir Sie und Ihren Roman dem Leserpublikum vorstellen. Sie werden diesen Kalender wohl kennen. Neben einem Bild erscheint jeweils ein Text des Autors, der nur im Notfall einen Ausschnitt aus einem Buch bringen soll, nach Möglichkeit aber persönliche Aufzeichnungen. Haben Sie so etwas? Zu Ihrer Unterrichtung schicke ich Ihnen einmal ein Exemplar dieses Kalenders zu, um dessen Rückgabe ich Sie bitte.

      Steht Ihre Afrika-Reise schon fest oder ist es möglich, daß Sie im Mai noch einmal nach Frankfurt kommen, um hier zu lesen? Eine solche Lesung könnte im Frankfurter Kunstkabinett stattfinden (ca. 100 Plätze). Wir haben eine eigene Kartei von Frankfurter Kunden und Buchhändlern, die wir zu dieser Lesung einladen würden. Es wäre schön, recht bald von Ihnen zu hören.

      Vom 2. Februar 1963 stammt die Antwort:

      Lieber Herr Schünemann,

      ich bin eine Woche lang ohne Wien gewesen, am Rand derr Karpaten, arbeitend und fand heute Ihren Brief, den ich sofort in allen Punkten beantworten will.

      Es freut mich, dass Ihnen die Sendung am Hessischen Rundfunk gefallen hat. Ich selbst habe sie nicht gehört. Mir macht Vorlesen Vergnügen, wenn ich so vor mich hin in mich hinein lese!

      Mit dem Bayrischen Rundfunk habe ich nichts ausmachen können. Ist es möglich, dass Sie etwas arrangieren: dass ich hier in Wien eine Aufnahme mache, die dann nach München geschickt wird. Ich kenne Herrn Kemp nicht [Friedhelm Kemp, 1914-2011, Redakteur, später Leiter der Literaturabteilung des Bayrischen Rundfunks].

      Eine halbe Stunde werde ich für den WDR in Wien lesen. Vielleicht kann ich diese Aufnahme dann auch dem österreichischen Sender überlassen. Meine Radioweisheit ist damit zuende.

      Sie wissen ja, dass Sie mit dem Manuskript machen können, was Sie wollen; Sie sind ja ein wichtiger »Geburtshelfer« von »Frost«. Freilich, ich wünsche mir, dass das Buch einen ehrenhafteren Stapellauf hat, als böse Leute wünschen.

      Von den Leseexemplaren will ich an

      Zuckmayer (?)

      Poethen (»Deutsche Zeitung«)

      Günther Busch (»Süddeutsche Zeitung«)

      And[reas]. Razumovsky (»FAZ«)

      Wolfgang Kraus (»Presse«-Wien usf.)

      Claus Pack [Claus Pack, Bewältigung des Vergangenen, in: Die Presse, 13. 7. 1963, gekürzte Version in: Wort und Wahrheit, H. 8/9, 1963, S. 567]

      Herrn Sperr [Hans-Joachim Sperr, 1955-1963 Leiter des Feuilleton der Süddeutschen Zeitung]

      Gerhard Fritsch (»Wort in der Zeit«)

      Wolfdietrich Schmied [!] (»Furche«)

      Humbert Fink (?) »Monat« vielleicht) [Humbert Fink, Auf der Spur des Malers Strauch, in: Deutsche Zeitung, 24./25. 8. 1963, sowie Bayrischer Rundfunk, 24. 8. 1963]

      je ein Stück. Wahrscheinlich habe ich jetzt aber irgendeine wichtige Person vergessen. Aber was ist ›wichtig‹? Und was ist ›wichtige Person‹. Die ganze Presse ist ein grosser Schmarrn – aber man muss es |ihr| nicht laut sagen. Man muss sich auch nicht, weil man überall vorlaut ist, |immer| überall alles vermasseln. Also, ich mache Reklame, indem ich diesen Namen Exemplare schicke.

      Bitte telefonieren Sie mit Herrn Sperr, er hat mir in Wien (persönlich in der Gesellschaft f[ür]. Literatur) gesagt, dass er sich für das Buch interessiert und dafür einsetzen will. Er soll ein Stück daraus in einer Samstagsnummer abdrucken. Das ist wirkungsvoll, glaube ich, für die Bayern, für die Österreicher.

      Herrn Razumovsky bitte ich anzurufen und ihn daran zu erinnern, dass er von sich aus gesagt hat (bei Tisch), er möchte den Roman besprechen in der »FAZ«. Vielleicht ein Bild dazu bringen. Im Grund ist es blöd, wie fast alles, aber wirksam. Der Welt muss man ja so kommen, wie sie es verdient und haben will: geschäftsmässig. Ich lasse Razumovsky (Graf) herzlich grüssen! Ich schreibe ihm noch.

      Humbert Fink könnte im »Monat« eine Besprechung machen, dafür eine schreiben. Ich habe ihn hier einmal auf der Strasse getroffen, von sich aus will er das Buch. Ich kenne ihn aber kaum.

      Für Zuckmayer erbitte ich ein Exemplar. Vielleicht schreibt er ein paar Sätze. In Erinnerung an Henndorf, |den Ort seiner u. meiner Kindheit bzw. Jugend|.

      Für den Kalender werde ich etwas heraussuchen oder gleich schreiben; heisst »persönlich«, dass es etwas über mich sein soll, irgendeine »Begebenheit« oder eine »Meinung« – was heisst das? Ich möchte den Kalender noch behalten? Geht das?

      Ich bin beschämt und erfreut darüber:


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