Stoner McTavish. Sarah Dreher

Stoner McTavish - Sarah Dreher


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Flugzeug setzte auf und kam spotzend zum Stehen.

      »Dieser Hurensohn hat das Ding heil runtergebracht«, sagte der Mann. »Ich schwöre bei Gott, eines Tages wird er im Granite Canyon bruchlanden.« Er zog einen Mantel aus der Gepäckablage. »Sie sollten sich lieber etwas überziehen. So, wie Sie angezogen sind, werden Sie sich den Hintern abfrieren. Angenehme Reise.« Er stakste durch den Korridor davon. »Touristen«, hörte Stoner ihn noch murmeln.

      Sie stand allein auf dem verlassenen Flugfeld und fühlte die schwerfälligen Tetons mehr, als dass sie sie vor sich sah. Im schwachen Licht des Halbmonds waren die Berge kaum zu erkennen, aber ihre Anwesenheit war deutlich zu spüren. Ein schwaches Funkeln markierte die Gletscher in den höheren Lagen, und sie konnte die zackigen, zahnartigen Gipfel ausmachen, als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Aber am stärksten beeindruckte sie die schwere, ruhige Unpersönlichkeit der Berge. Es gab etwas Geheimnisvolles um sie herum. Stoner fühlte, wie sich ihr Körper anspannte. Sie holte ihren Mietwagen ab und besorgte sich eine Karte vom Park. Tatsächlich schien es gar nicht so einfach, hier verloren zu gehen. Nur zwei größere Straßen zogen sich durch das Gebiet, der Rockefeller Highway im Osten und die Teton Park Road im Westen, mit einer kleinen Zufahrt zum Jenny Lake. Zwischen beiden Straßen erstreckten sich Baseline, Antilope Flats und der sich schlängelnde Snake River. Timberline Lodge lag am Ende von Lupine Meadows, das sich entlang des Cottonwood Creek an die Berge schmiegte.

      Ihre Beklommenheit löste sich, als sie nordwärts durch die ausgestorbene Nacht fuhr. Die Scheinwerfer des Wagens beleuchteten die Präriebüsche am Straßenrand. Ab und an blitzten winzige Augenpärchen auf und verschwanden wieder. Hölzerne Zäune, Xe aus rohen, jungen Baumstämmen, verbunden durch horizontal aufliegende Pfähle, säumten die Straße. Das war alles. Keine Bäume, keine anderen Autos, nur das Funzeln ihres Armaturenbretts und die Stille und die stumm daliegenden Berge. Die Nachtluft war frisch; sie fühlte sich ein wenig trunken, als sie einatmete. Fisch- und Wildbestand hatte recht. Sie wollte unbedingt alles auf einmal sehen. Das Mondlicht neckte sie mit Schattenspielen.

      Sie bog in den schmalen Seitenweg mit dem kleinen, unauffälligen Wegweiser ein. Timberline Lodge. Die holperige Brücke, die das Vieh am Ausbrechen hindern sollte, bebte, als sie sie überquerte, um auf den Parkplatz einzubiegen. Stoner war überrascht, dass die Lobby fast leer war, als sie die Eingangstür leise hinter sich zuzog. Die Wände waren aus roh behauenen lackierten Holzbohlen, die sich in den Ecken verzahnten. Die gesamte Lodge hatte die Form eines großen L. Direkt gegenüber der Eingangstür befand sich der Durchgang zu etwas, das nach einem Speiseraum aussah und sich, wie über dem Durchgangsbogen zu lesen stand, Highland Room nannte. Rechts davon lag ein Ausgang und gleich daneben der Stampede Room, vielleicht war das die Bar? Ein matter Lichtschein fiel in den Flur, begleitet von undefinierbarem Gemurmel aus einem Fernseher. Es klang wie ein Spielfilm. Stoner schaute auf ihre Armbanduhr, die sie bereits auf die Zeitverschiebung umgestellt hatte. Viertel nach elf. Zu Hause müsste es jetzt nach eins sein.

      Ein Kamin beherrschte die Nordwand des Raumes. Aus Holzscheiten züngelten laut knackend fingerförmige Flammen. Zwei junge Männer saßen am Feuer und lasen. Sie hatten ihre Füße gegen eine aus Steinen aufgeschichtete Ofenbank gestützt. Der Raum ließ sie wie Zwerge wirken. Alles war so ruhig. Sie fühlte sich etwas fehl am Platz, drückte aber dennoch selbstbewusst die Klingel.

      Eine große, schlanke Frau erschien aus dem Speiseraum und wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab. Sie hatte braunes Haar mit grauen Strähnen darin, ihre Augen waren haselnussfarben. »Sie müssen Stoner Mc Tavish sein«, sagte sie und streckte ihre Hand aus. »Wir haben Sie schon erwartet.«

      Stoner schüttelte ihr die Hand, überrascht von der Rauheit ihrer Haut und der Festigkeit ihres Griffes. »Es tut mir leid«, sagte sie. »Ich wollte nicht mitten in der Nacht wie ein Dieb hereinschleichen.«

      »Hereinschleichen? Diese Viehbrücke da draußen ist bis zu den Campingplätzen von Jenny Lake zu hören. Seit sechs Jahren beknie ich Ted, das klappernde Ding endlich in Ordnung zu bringen. Ich bin Stell Perkins. Nenn mich Stell. Tasse Kaffee?«

      »Das wäre schön«, sagte Stoner.

      »Park deinen Koffer hinterm Tresen. Wie war der Flug?«

      »Ein bisschen verwirrend. Ich meine, ich habe noch nie zuvor eine Landschaft wie diese gesehen. Soweit ich überhaupt was gesehen habe, meine ich.« Aus irgendeinem Grund kam sie sich wie fünfzehn vor. »Ist hier immer so viel – Weite?«

      Stell lachte, warf einen Arm um ihre Schulter und schob sie in den Speiseraum. »Manchmal gibt es hier auch etwas mehr. Es macht dir nichts aus, in der Küche zu sitzen, oder?«

      Eine einzige Lampe brannte im Highland Room und erleuchtete die hohen Fenster gegen die schwarze Nacht. »Diese gehen hinaus auf die Cathedrals«, erklärte Stell, »eine Berggruppe. Sie heißen Middle, Grand, Owen und Teewinot. Bei Tag ist der Blick sehr beeindruckend.«

      Stoner spähte im Zimmer umher. Ein weiterer Kamin stand vor der südlichen Wand. Seine Kohlen waren bis auf die Glut heruntergebrannt. Die Tische waren aus lackiertem Holz, die Stühle aus Holz und ungegerbtem Leder. Ein gigantisches Wagenrad, mit Lampen ausgestattet, hing mitten im Raum.

      »Sieht aus wie aus einem Film«, sagte sie, etwas überwältigt.

      »Vermutlich ist es das. Alles hier draußen ist sich im Stil ziemlich ähnlich. Außer dem modernen Zeug in Teton Village. Tut mir leid wegen der Sauna.«

      »Bitte? Ich kann nicht ganz folgen.«

      »Deine Partnerin – Kesselbaum? – Als sie anrief, um deine Reservierung zu machen, fragte sie nach einer Sauna.«

      Stoner spürte, wie sie rot wurde. »Ich hasse Saunen. Sie geben mir das Gefühl, ich sei ein Versuchskaninchen, das in einem Laboratorium künstlich zum Wachsen gebracht werden soll. Marylou ist ein bisschen verrückt.«

      Stell zuckte die Achseln. »Wer ist das nicht. Lass mich dir kurz die Gegebenheiten hier erklären, dann kannst du dich zurückziehen. Wir haben ständig etwa sechzig Gäste hier. Dreißig in den Hütten draußen und dreißig oben in den Zimmern. Glücklicherweise war Kleiner Bär noch frei.«

      »Kleiner Bär?«

      »Unser Ausweichhäuschen. Bequem genug für zwei, aber da unsere meisten Gäste Familien sind, steht es im Allgemeinen leer. Oder eine große Gruppe mietet den Großen Bären und legt ein paar Kinder im Kleinen Bären zusammen.«

      »Verstehe«, sagte Stoner.

      »Es liegt etwas abseits, also bist du völlig ungestört.«

      Sie hielt die Küchentür auf, und Stoner trat ein. Es war Liebe auf den ersten Blick. Rücken an Rücken mit dem Kamin im Speiseraum war hier ein weiterer, komplett mit eingebauten Steinöfen zum Backen. Über der Feuerstelle hing ein schwarzer Kessel an einer eisernen Stange. Eine alte Colliehündin blinzelte sie von ihrem Platz beim Feuer an.

      »Das ist Chipper«, sagte Stell. »Nicht mehr zu viel nütze, aber immer noch geliebt. Sie ist etwas taub und ein bisschen langsam, aber sie war mal eine große Mäusejägerin. Warst du doch, meine Kleine?« Stell beugte sich hinunter und kraulte Chipper hinter den Ohren. Die Hündin wedelte voller Entzücken mit ihrem Schwanz. »Hoffe, es macht dir nichts aus, wenn wir ein wenig auf die gehobenen Umgangsformen verzichten«, sagte die ältere Frau, während sie zwei schwere, weiße Kaffeebecher aus dem Tassenregal über dem Ausguss nahm. Sie füllte sie aus einem Blechtopf, der auf der hinteren Flamme eines riesigen schwarzen Gasofens gestanden hatte. »Zucker?«

      »Nein danke.«

      Eine kübelähnliche Vorrichtung war an einem alten Tisch von der Solidität eines Fleischhaublocks angebracht, der die ganze Länge der Küche einnahm. Stell drehte eine Kurbel von oben hinein. »Stört doch nicht, wenn ich das hier fertig mache, während wir reden? Sauerteigbrot ist eines unserer Aushängeschilder.«

      »Ich hätte nicht gedacht, dass ihr hier irgendwelche Attraktionen braucht«, bemerkte Stoner. »Es ist so wunderbar hier.«

      »Danke. Es war die Familienranch meines Mannes, lange bevor hier alles zum Nationalpark


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