Die Unworte. Horst Hartleib
nicht abebbende Nachfrage. Der Kunde, das unbekannte (Un)Wesen. Viel(un)leicht gibt es auch so etwas wie eine Untierliebe? In manchen Ländern gibt es die Tradition, gefangene Vögel frei zu lassen und sich dabei etwas zu wünschen. Oder jemanden zu verwünschen? Eine Unart Woodoo-Zauber? Schon oft habe er, Hölzel, gedacht: Ach wenn es doch hierzulande auch einen solchen den Umsatz fördernden Missbrauch gäbe! Einsperrung, Käfigung zum Zwecke des Freilassenkönnens. Vielleicht begründet sich hier ein neuer Trend beziehungsloserweise Missbrauch im Unsinne von: „Lass eine gequälte Seele frei“? Leiste Sterbehilfe für eine sich mit sich quälende UnTierseele. Lebe deine Ohnmacht gegen dich an den (Un)Tieren aus! (Ver)pflege sie zu Tode. Lebe im Unterbewusstsein grassierende Erlöserphantasien aus, lass sie entstellvertretend raus. Quäle eine Kreatur, um sie später mit Verschonung belohnen zu können. Belohnung durch Beendigung der Folterung. Mach sie krank, um sie wieder gesund machen zu können. Selbstvergöttere dich auf die Unart. Lass auf(unv)erstehen, wen du getötet has(s)t. Damit er sich wie der „Pritschenjäger“ Van Norden in Henry Millers Wendekreis des Krebses am Morgen beim Erwachen heftig darüber ärgert, „dass er nicht über Nacht gestorben ist.“ Quäle Hiob mit seinem Überleben. Erwecke und verrecke Lazarus wie einen Sisyphus wieder und wider. Eine Unart Bungee-Jumping der Selbstmörder und Wiederaufersteher. Ein Jojo-Spiel mit Joe Sixpack. Welch angemessenere Strafe gäbe es für die Selbstmörder, als die Wiederauferstehung? Treibe die Unsterblichkeit in den alltäglichen Suizid und lass sie jeden Morgen zuwideraufunverstehen. Dann bist du göttlich. Ein von Erlöserphantasien getriebener, ins (ent)eigene(te) (un)freu(n)d-liche Unterbewussts(chw)ein verdrängter Kaufzwang also? Oder ein zum Kaufzwang pervertierter Saufzwang? Will der (Un)Mensch (un)heimlich, unterbewusst, uneingestanden mongoloide Kinder haben, die sich ihm nie durch Erwachsenwerden entziehen können und lebt diesen Instinkt an Haustieren aus? Oder leiden Eltern darunter, ihre missratenen Sprösslinge nicht von ihren Leiden erlösen zu dürfen und vollziehen dieses Ritual stellvertretend an tierischen Missgeburten nach? Erschrocken verwarf Hölzel diese missgebildeten Gedanken, erkannte den UnSchöne als deren (un)heimlichen Verursacher und hasste ihn dafür noch mehr. Das ist ein UnMensch, in dessen Gegenwart einem das Blut zu gefrieren droht, sagte er angewidert. Dessen Gedankenungut einem das eigene Denken verunstaltet und kretiniert. Man kann sich unter dem Diktat des Marktes seine Lieferanten und Kunden leider nicht aussuchen. Man kann seine Ware sich nur so weit aussuchen, als sie den Kundenwünschen entspricht. Aber sie sind wenigstens leicht zu fangen, seine Krepierer. Mit ihren hinkenden Flossen können seine SchwimmunfähigkeitsverSchleierschwänze, wie er sie sarkastisch genannt hat, nicht entkommen und sie scheinen es auch nicht wollen zu können. Aus dieser Verkommenheit gibt es kein beziehungsloser weise nur ein Entkommen, das in die Unexistenz. Mit geradezu selbstmörderischer Rücksichtslosigkeit drängen sie sich in den Kescher hinein, so dass es beinahe (nichtselbstver)schon wieder lästig wird. Man will nur den Häßlichsten herausfangen, aber alle drängen hinein, bis der Kescher voll ist. Das ist fast genau so lästig, als wenn sie sich schwer kriegen lassen würden. (Un)Gewiss wären das nur Sentimentalitätlichkeiten, hat der skrupellose Unmensch UnSchöne freiunwillig zugegeben. All diese Ballonmollys, Mopsköpfe, Bauchrutscher, Eierfische, Himmelsgucker, Sch/Leierschwänze und (um)-sonstigen Hinkebeiner, Hinkflosser, Hinkflügler, bodenpurzelnden Einflügler, dieses Ungeflügel, diese unbegossenen Pudel, Möpse und Boxer, diese Gnome, Gartenzwerge und (Ka)Putti, die das gemeine (Ver)Volk, das Normalitätlichkeits-Vervolk derunart liebt, das sind Kitsch-(un)zuchten. Das seien ungewissermaßen nur populistische Nebenprodukte der Verfolgskunst, Massenware, Nippes für den Markt, damit sich die Hoch(un)zucht (die pure UnArt, der unsittenstrenge Purismus) rächne, (ver)sagt er. An der auf ihrer Unansehnlichkeit beunruhenden Unverkäuflichkeit leide erübrigens die hochinteressante (Un)Zucht von Endoparasiten wie beispielsweise Bandwürmern. Die dabei in großer Miststückzahl anfallenden, dem Unzuchtziel ungenügenden zu wenig unansehnlichen Nebenprodukte fänden am nicht vorhandenen Markt keine Nachfrage. Der potenzielle Käufer begreife deren aus Hilflosigkeit resultierende embryonal-gnomenhafte Niedlichkeit nicht. Die Niederträchtigkeit der in der Trächtigkeit der Sichtbarkeit verborgenen Embryonalstadien habe uns kein Niedlichkeitsempfinden für sie zu entwickeln gestattet. Für die Zurschau-Entstellung der (Un)Schönheit der Endoparasiten inklusive Embryonen müsste man transparente Wirte mit auch für den Uneingeweihten durchsichtigen Eingeweiden züchten, hat er gekalauert. Entweihte für den Bedarf minderbedarfter Uneingeweihter. Bemerkens(un)werter unweise ist unschön ein Synonym für hässlich, also hassenswert. Das ist nicht nur der Leibhaftige, das ist der Unterleibhaftige, dachte Hölzel, als er die mangels Nachfrage unrealisierten Bandwurmunzuchten des UnSchöne missbildlich sich vorentstellen zu müssen zu unterdrücken versuchte. Aber er war zu klug und zu beherrscht, um sich zu einer geschäftsschädigenden Bemerkung hinreißen zu lassen.
Der UnSchöne sagte, das sind Verniedlichungsunzuchten, wie ich sie ungelegentlich nenne, aber Kitsch verkauft sich nun mal gut. Mit diesen Kitschzuchten muß ich meine krea(un)tiefen Neuerschöpfungen quersubventionieren und vorfinanzieren. Der Kitsch ist meine Pflicht zur Finanzierung der Kür. Ich brauche Geld für Ma(r)terial zur Vollstreckung meines Unwillens. Die Ma®terialbeschaffung ist unsentimental beniedertrachtet für den künstlerischen UnZüchter vernichts als eine UnArt OnLinewand-Kauf (versprich Leinwand) in einem Unkünstler-Unbedarf. Mit anderen Unworten: Man(n) erschöpft (sich) aus der Unbedarftheit. Als Ma®terial verunglimpft der UnSchöne die bedauernswerten Geschöpfe, die seine Unzucht quasimodo am eigenen (enteigneten) Leibe erdulden müssen. So ungeschickt, dass es zu einer Unart Geschicklichkeit missrät, vielleicht unter Ausnutzung der unter seinem Schnäutzer gespaltenen Lippe, mogelt er in dieses Unwort ein nasales „r“ hinein, einen Knurrer. Dem körperlichen Missbrauch geht die verbale Schändung voraus. Zur Schönung seiner Untaten kretiniert der UnSchöne eine eigene, an Neo(selbstbe)lügismen reiche mitgefühlsarme (Un)Tätersprache. Der Täter übelwill zu seiner (Un)Rechtfertigung seinen Opfern die Leidensfähigkeit aberkennen. Es sind Untiere, Ma®terial, roh zu behandelnde Rohstoffe, mit denen man alles anstellen, die man auf jede undenkbare Unart entstellen kann, insofern man nur kann. (Sounweit mann unvermag.) VerrohungsRohstoffe, lebende Kürschnerware für Bettvorlüger. Diese auf dem Unzuchthof (ver)übliche übelste übelkeitserregende Lingua Imperii (non)pulchro(un)bestiarii ist durch und durch eine Untätersprache. Da wird wie in der Jägersprache oder im Anglerlatein „angebleit“ statt angeschossen, „geschwitzt“ statt geblutet. Da wird Losung verstreut statt geschissen, so wie deruneinst an K®ampftagen geistlose Losungen von verfolgungsgewähnten Hirnen ausgeschieden wurden. Da wird der Fisch „angelandet“ im Unsinne von gerettet. Da werden vor Sturmangriffen sto gramm Wodka ausgeschenkt. Ich muss aber unwohl und übelst zugeben, entsetzte der UnSchöne unbefugt sich beunfugend hinzu, dass die Verniedlichung auch nur eines Unwohlbefindens, seine Verkitschung etwa in der VerVolkskunst, auch (un)gekonnt sein will. Únd die suizidale Selbstvervolkskunst ist vielleicht die Unverkitschteste? Von einer Unart erdsgebirgischer Verfolgskunst am lebenden Objekt hat der UnSchöne gealbträumt, von VerBerg- und Rächermänneln, vielunleicht auch auf der Grundlüge von VerGe(h)ntechnik. Arbeitsplätzchen wollte er mit neuen Technologien in die Armetei verlocken, wie dereinst eine Barbara Uthmann mit dem Klöppeln. Und (un)natürlich hat die barbarische Bestie UnSchöne in ihr(r)er Einfalt für alle nur das Beste gewollt. Misswirtschaftsförderung. Eine Unkultur wollte er damit begründen, so schwer ausrottbar, wie der Stierkampf. Als (Un)Heilsbringer, als (Ver)Führer zum (Un)Guten, als Arbeitsplätzchen-Bäcker im Unsinne eines Reichsarbeitsdienstes hat sich unmutmaßlich der UnSchöne miss(un)verstanden. Vielunleicht übelstwill er unvermittels seiner Unschönheitsfarm aus Grau eine Unart „Silkonbusen valley“, einen Wallfahrts(ab)ort des Grauens machen. Ein erdsgebirgisches Geier-Wally-Valley der Kaputtspielzeugindustrie. Mit Herentstellung lebendiger Katzenmusikinstrumente, Schmerzensorgeln im Taschenspielerformat, für den Hausmissbrauch in Missgestalt von Hausuntieren. Viel- und großspurige Reichsautobahnen zum Verrückholen des Reichtumes und einen Fluchhafen wolle er errichten. Wohl(unver)stand hat er der Armetei kassandraisch katastrophezeit. Eine Unart Inkasso für versprochene Katastrophen, eine Anleihe auf die (selbstunver)schon verspielte Zukunft. Unbeherrschbare Mittelzuflüsse an ungeistig Minderbemittelte in bar. Innovation durch Ansiedlung von Skrupellosigkeit in einem gesetz(un)freien Raum. Tabubruch, Enthemmung als Standortvorteil. Enttabuisierung der Vergehntechnik, nicht nur was gefällt absondern ausdrücklich auch das Ungefällige (sich) erlauben und gegen die (unan)ständige Bevorzugung der Schönheit in der Unzuchtwahl durch Subventionen schützen. Schaffung eines