Privat- und Prozessrecht. Peter Förschler

Privat- und Prozessrecht - Peter Förschler


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Eigentums in der Zukunft droht („sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen“), so kann er für den Wiederholungsfall auf Unterlassung klagen (§ 1004 Abs. 1 BGB).

      Ein Unterlassungsanspruch steht auch dem Eigentümer eines Hausgrundstücks oder einer Wohnung zu, wenn seine räumlich-gegenständliche Sphäre durch den unerwünschten Einwurf von Werbematerial in den Briefkasten beeinträchtigt wird und er sich durch einen entsprechenden Aufkleber („Bitte keine Werbung!“) ausdrücklich dagegen wehrt (vgl. § 7 Abs. 1 UWG). Unerlaubter Einwurf von Werbematerial sowie unerbetene Telefonanrufe zu Werbe- oder Marktforschungszwecken stellen im Übrigen auch einen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Menschen dar (siehe 14.3.1.2).

      3.2.4.4 Nachbarrecht

      Besondere Eigentumsstörungen entstehen häufig im Verhältnis zwischen Grundstücksnachbarn, wo Grundstückseigentum mehrerer Personen aufeinandertrifft. Das Nachbarrecht hat deshalb im BGB besondere Berücksichtigung erfahren:

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      > Immissionen wie die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Geräuschen, Rauch, Ruß, Wärme, Erschütterungen müssen nur in gewissen Grenzen geduldet werden (§ 906 BGB).

      > Gefahrdrohende Anlagen wie z. B. Teiche, Bienenkörbe, Taubenschlag auf dem Nachbargrundstück können untersagt werden (§ 907 BGB).

      > Drohender Gebäudeeinsturz und die damit verbundene Gefahr der Beschädigung des Nachbargrundstücks müssen nicht hingenommen werden. Der Nachbar hat einen Anspruch auf Vornahme der gebotenen Vorkehrungen zur Gefahrenabwehr (§ 908 BGB).

      > Grundstücksvertiefungen wie z. B. Abgraben eines Hanggrundstücks zu Bauzwecken, das beim darüber liegenden Grundstück zu Rutschungen führen kann, die dem Nachbargrundstück die Stütze nehmen, sind verboten, wenn nicht für eine anderweitige Befestigung des Nachbargrundstücks gesorgt ist (§ 909 BGB).

      > Überhang durch herüberragende Zweige oder herüberwachsende Wurzeln darf abgeschnitten und behalten werden. Bei Zweigen muss zuvor eine dem Nachbarn gesetzte Frist erfolglos abgelaufen sein (§ 910 BGB).

      > Überfall in Form von auf das Nachbargrundstück hinübergefallenen Früchten gehört dem Nachbarn, auf dessen Grundstück sie gefallen sind (§ 911 BGB).

      > Überbau eines Bauteils über die Grenze hinüber, z. B. Hauswand steht wegen Messfehlers 20 cm jenseits der Grenze, muss – gegen Bezahlung einer Rente – vom Nachbarn geduldet werden, sofern der Überbauer nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat und der Nachbar dem Überbau nicht sofort widersprochen hat (§§ 912, 913 BGB).

      Außerhalb des BGB finden sich in den Nachbarrechtsgesetzen der Länder noch weitere Bestimmungen, etwa über die zulässige Höhe von Grenzeinrichtungen und den Abstand von Bepflanzungen (vgl. BW NRG).

      Eigentum wird meist durch Rechtsgeschäft (Übereignung) erworben. Dabei sind sachenrechtliche Grundsätze zu beachten. Es gibt jedoch auch Eigentumserwerb, der aufgrund gesetzlicher Anordnung erfolgt (gesetzlicher Eigentumserwerb).

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      3.2.5.1 Sachenrechtliche Grundsätze

      Für die Begründung und Übertragung von dinglichen Rechten gelten im Sachenrecht besondere Grundsätze: der Trennungsgrundsatz und das Abstraktionsprinzip, der Bestimmtheitsgrundsatz und der Typenzwang.

Trennungsgrundsatz, Abstraktionsprinzip > Schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft und sachenrechtliches Verfügungsgeschäft faktisch wie rechtlich voneinander getrennt.
Spezialitätsgrundsatz > Sachenrechte (Eigentum, Besitz, Pfandrecht u. a.) können sich immer nur auf eine konkret bestimmte Sache beziehen.
Typenzwang > Rechsinstitute des Sachenrechts sind abschließend, es können keine anderen „erfunden“ werden.

      > Trennungsgrundsatz und Abstraktionsprinzip: Bei Verfügungen über ein absolutes dingliches Recht sind das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft (z. B. der zur Übereignung verpflichtende Kaufvertrag – § 433 BGB) und das dingliche Verfügungsgeschäft (Vorgang der Eigentumsübertragung – § 929 BGB) rechtlich voneinander getrennt.

      Diese auf den ersten Blick nicht ganz leicht verständliche Trennung des Kaufvertrages, der zunächst lediglich beiderseitige Ansprüche begründet, vom Erfüllungsgeschäft, das dann erst zum Eigentumserwerb an der Kaufsache und am Geld führt, wie auch die Trennung zwischen Warenübereignung und Geldübereignung im Kauf nennt man Trennungsgrundsatz. Die Trennung ist auch dort noch zu erkennen, wo scheinbar alle Rechtshandlungen zusammenfallen, wie etwa beim wortlosen Erwerb einer Zeitschrift am Kiosk durch Ablegen des Geldes und Wegnahme des Zeitschriftenexemplars. Auch hier kann der Kaufvorgang in die genannten acht Einzelbestandteile aufgegliedert werden.

Vertragsschluss, § 433 BGB Erfüllung Lieferung, § 929 S. 1 BGB Erfüllung Zahlung, § 929 S. 1 BGB
> Kaufangebot Vk über Ware und Preis (WE 1) > Kaufannahme K über Ware und Preis (WE 2) > Übereignungswille Vk Ware (WE 3) > Eigentumsannahmewille K Ware (WE 4) > Besitzübergabe Ware (Ü 1) > Übereignungswille K Geld (WE 5) > Eigentumsannahmewille Vk Geld (WE 6) > Besitzübergabe Geld (Ü 2)

      Da die Rechtsvorgänge – Verpflichtungsvertrag und Eigentumsübertragungen – rechtlich voneinander unabhängig und daher getrennt voneinander zu bewerten sind, kann es vorkommen, dass eines der Rechtsgeschäfte unwirksam ist, die anderen jedoch wirksam sind. Diese rechtliche Unabhängigkeit zwischen schuldrechtlichem Verpflichtungsgeschäft und sachenrechtlichen Verfügungsgeschäften nennt man Abstraktionsprinzip (lat.: abstrahere – auseinanderziehen).

      Der Minderjährige M kauft einen CD-Player. Er bezahlt, und ihm wird auch sogleich das Gerät übereignet. Wenn die Eltern dann die erforderliche Zustimmung zu dem Kauf verweigern, ist der Kaufvertrag unwirksam geworden.

      Die Übereignung des CD-Players ist jedoch rechtsgültig, weil dieser getrennt zu bewertende Rechtsvorgang nach § 929 S. 1 BGB dem Minderjährigen „lediglich rechtlichen Vorteil“ – nämlich Eigentum – (§ 107 BGB) verschafft hat. Die Verpflichtung zur Rückübertragung des ohne Rechtsgrundlage (ohne gültigen Kaufvertrag) erlangten Eigentums ergibt sich aus § 812 BGB (ungerechtfertigte Bereicherung).

      Die Übereignung des Geldes hingegen war wieder unwirksam, weil sie dem Minderjährigen keinen rechtlichen Vorteil brachte und der Zustimmung der Eltern bedurft hätte.

      > Bestimmtheitsgrundsatz: Ein Sachenrecht kann sich immer nur auf einen bestimmten Gegenstand beziehen. Das nennt man Bestimmtheitsgrundsatz


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