Der ungeliebte Amadeus und andere Kriminalgeschichten. Dietmar Hann

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mischte sich ein junger Mann ein und versuchte, ihn am Arm hochzuziehen. Werner wehrte ihn ab und begann, von der Taille an aufwärts unter Julias T-Shirt zu suchen, wobei er es immer weiter nach oben verschob.

      In diesem Moment bewegte Julia den linken Fuß. Werner bemerkte es nicht, durch die Gafferschar ging jedoch ein Raunen.

      „Mann, der Opa hat se woll nich alle!“, empörte sich eine junge Frau angewidert. „Ruft doch mal einer die Polizei!“

      „Ich bin die Polizei“, brüllte Werner aufgebracht, „behindern Sie nicht die Ermittlungen, sonst verhafte ich Sie!“

      „Nimm dies fürs ‚Ermitteln‘ und das fürs ‚Verhaften‘, du perverser Grapscher“, keifte eine alte Frau und schlug wütend mit ihrer Handtasche auf ihn ein.

      Werner hielt schützend die Arme vor den Kopf. „He, haltet doch mal die … aua!!! … Furie fest … autsch!!! … Das ist Widerstand gegen die Staats… au, verdammt!!! … Das wird Sie teuer …“

      Zwei Männer zerrten ihn hoch und drehten ihm die Arme auf den Rücken. „Was soll das, ihr Arschgeigen! Lasst mich looos!“, brüllte er und versuchte, sich zu befreien, aber seine Kraft reichte nicht aus.

      Auf einmal entdeckte Werner seinen Schwiegersohn, der sich einen Weg durch die aufgebrachte Menge bahnte. Zuerst war er verwundert, ihn hier zu sehen, dann brüllte er erleichtert: „Frank, Fraaank, hierher! Du musst mir helfen!“ Und die Männer, die ihn noch immer fest im Griff hatten, schnaubte er an: „Da kommt mein Schwiegersohn. Der wird bezeugen, dass ich Polizist bin. Dann könnt ihr euch ‘ne Pfeife anstecken, das schwör ich euch!“

      Frank stürzte, ohne seinen Schwiegervater eines Blickes zu würdigen, auf seine Freundin zu. Diese hatte sich, unterstützt von zwei Helfern, etwas aufgerichtet und zog das T-Shirt wieder nach unten. Frank warf seinen Motorradhelm zu Boden und half ihr, sich von ihrem Helm zu befreien. Dann nahm er sie in den Arm. „Melanie, mein Schatz, Gott sei Dank, du lebst …“

      Werner traute seinen Augen und Ohren nicht. „Wieso Melanie? Die heißt doch Julia!“, brüllte er. „Und was hast du überhaupt mit dieser Schlampe zu schaffen?“

      Melanie barg ihr Gesicht an Franks Brust und schluchzte: „Ich hab … alles vermasselt … Und mein Bein tut so weh!“

      Werner versuchte erneut, sich aus dem Griff der Männer zu befreien. Vergeblich. „Was hat die Hexe vermasselt, Frank, waaas? Du steckst doch nicht mit der unter einer …?“

      „Und ich hab“, schluchzte Melanie weiter, „… einen Menschen … überfahren!“

      „Fraaank, was hab ich dir denn getan, du hinterfotziger Versager, du?“, wütete Werner.

      „Was ist mit dem … Radfahrer?“, Melanie sah ihren Freund flehend an. „Er lebt doch, ja? Frank, bitte sag, dass er noch lebt, bitte …!“

      Frank blickte zu der Stelle hinüber, wo der Verunglückte lag, konnte ihn aber wegen der Menschentraube ringsherum nicht sehen. Da fiel sein Blick auf das verbeulte Mountainbike. Er sprang auf, hob das Rad an, ließ es wieder fallen, griff sich mit beiden Händen an den Kopf. Neiiin, das konnte doch nicht … Sicherlich gab es in der Stadt noch mehrere solcher …

      „Fraaank, was habt ihr mit Kathrin gemacht?“, schrie Werner seinem Schwiegersohn hinterher, der sich gerade mit Ellenbogen und Fäusten einen Weg durch die Gafferschar bahnte. „Meine Enkelin hat euch doch nichts getan, ihr verdammten Kanaillen, warum …“

      Plötzlich gellte ein Schrei durch die Luft, der Werner und den Umstehenden in Mark und Bein drang: „Maiiiiiiiik!“

      „Maik?“, wunderte sich Werner. „Wieso Maik? … Maik ist doch in der Schule …“

      Endlich war es Werner gelungen, sich loszureißen. Während er die Gaffer beiseitedrängte, rief er: „Frank, was ist mit Maik?“ Im selben Moment sah er den Verunglückten und erkannte entsetzt in ihm seinen Enkel.

      Frank stürzte sich auf seinen Schiegervater und warf ihn zu Boden. „Du hast Maik auf dem Gewissen, du … Mörder …“, heulte er und drückte ihm die Kehle zu. Werner konnte sich jedoch mit einem Judogriff befreien. Gegen einen einzelnen Widersacher reichte seine Kraft noch. Doch schon wurde er wieder von vier Armen gepackt und vier andere Arme hielten Frank fest. Wie sehr beide auch rüttelten und zogen, sie schafften es nicht, sich zu befreien, warfen sich jedoch hasserfüllte Blicke zu. Über den toten Maik hinweg.

      „Hast du mein Geld, du hinterhältiger Ganove? Ich bring dich … in den Knast …“ Werner war knallrot angelaufen und atmete schwer.

      Frank schwieg und lächelte in sich gekehrt.

      „Und was ist mit Kathriiin?“, keuchte Werner.

      „Die hütet die Kängurus, du Idiot!“, fauchte Frank und grinste dabei wie irre.

      Endlich hatte Werner begriffen. „Aber, Frank …“, flüsterte er und wurde kreidebleich, „unser Maik … ich habe meinen Enkel verloren …“

      „Und ich meinen … Sooohn“, schrie Frank, „und alles nur, weil du seniler Bullenarsch es nicht … lassen kannst, … Kommissar zu spielen …!“

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