Fahr Far Away: Mit dem Fahrrad von Alaska bis Feuerland. Hans-Joachim Bittner
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Volker als „Santa Claus“
Mit der Ankunft in Kanada verließ die Brauns das Wetterglück: „Wir waren ständig Regenschauern ausgesetzt und kamen mit dem An- und Ausziehen kaum noch nach. Das Zelt wurde nicht mehr richtig trocken. Und so waren wir froh, nach 40 Zeltnächten am Stück in Nordamerika die Schweizer Bruno und Ursi kennenzulernen. Sie betreiben eine Gästefarm in Hazelton (British Columbia) und nahmen uns für eine Nacht auf. Während es draußen regnete, genossen wir bei gutem Essen und Wein ihre Gastfreundschaft und lauschten spannenden Geschichten von Bären, die versuchten, in die Vorratskammern der Häuser einzudringen.“ Bis hierhin hatten Petra und Volker 21 Bärenbegegnungen, allesamt am Straßenrand, in unmittelbarer Nähe zu ihren Rädern. „Würden wir durch die am Rad befestigten Glocken nicht so viel Lärm verursachen, wären es bestimmt noch viel mehr gewesen.“ Die Kanadier verliehen Volker bereits den Beinamen „Santa Claus“.
Zur Sicherheit im Lieferwagen
„In einem Café im Yukongebiet empfahl uns Besitzerin Irene wärmstens, in ihrem alten Lieferwagen zu übernachten, da ein Grizzly mit seinen Jungen ums Dorf schleiche.“ Zur eigenen Sicherheit der zahlreichen Camper wird dazu geraten, die Lebensmittel und Kosmetikartikel in Bärencontainern zu verstauen oder mit einem Seil an einem Baum hochzuziehen. Da die Schwarzbären gute Kletterer sind, eine meist sinnlose Aktion, da passende Bäume schwer zu finden sind. „Die Lebensmittel blieben so aber dennoch besser erhalten, da es unseren Essensbestand vor unseren nächtlichen Hungerattacken schützte.“
Ungemütliche, aber sichere Schlafstatt auf der Ladefläche eines alten Lieferwagens.
Essen und Trinken avancierte aufgrund der miserablen Versorgungslage, besonders in Kanada, ohnehin zum Dauerthema. Häufig musste das Rad-Tandem für Entfernungen von mehreren 100 Kilometern Proviant mitnehmen: „Wenn wir in den USA nach eineinhalb Stunden einen Supermarkt verließen, waren wir schwer bepackt.“
Frühlingsbeginn in Alaska.
1. Etappe: Dazwischen ist es oft viel interessanter
Petra, Volker, Ihr brecht immer wieder mal fast alle Zelte daheim ab, um exakt jenes hundertfach in anderen Ländern – weit weg von daheim – auf- und wieder abzubauen. Dabei werft Ihr viele gewohnte Prinzipien unserer Gesellschaft einfach über den Haufen und werdet häufig als „verrückt“ bezeichnet. Seht Ihr Euch selbst auch ein wenig so?
Als wir im April 2011 bei Schneetreiben gestartet sind, haben wir uns natürlich auch gefragt, ob wir wahnsinnig sind. Wir könnten schön in einem warmen Büro sitzen, unsere Arbeit tun und uns abends vor dem Fernseher ausstrecken. Stattdessen geben wir alle Annehmlichkeiten auf und starten ins Ungewisse. Verrücktsein – nicht nur ein wenig – ist wohl eine der Grundeigenschaften, um eine solche Reise durchzustehen.
Ergebnisse einer gemütlichen Nacht in den Neuen Bundesländern: Gefrorene Unterhosen und eine rote Nase.
Eure bislang längste Reise, 20 Monate, führte Euch nach Nord-, Mittel- und Südamerika. Warum gerade dorthin?
Die USA lockten uns ganz einfach immer wieder magisch an. Ein weiterer Aspekt war die lange Strecke, die wir dort problemlos „durchfahren“, also bewältigen konnten. Auch das Durchqueren aller fünf Klimazonen mit sagenhaften Landschaften, kaum Leerlauf mit längeren Abschnitten unattraktiverer Gegenden – all das ergab letztlich den Ausschlag für unsere Entscheidung.
In den Rocky Mountains, USA.
Auch die Route Russland-Honkong hattet Ihr im Auge?
Die verwarfen wir aber schnell wieder. Die größten Probleme hätten wir mit den Visa gehabt. Oft reicht ihre Gültigkeitsdauer nicht aus, um sich die Länder Kirgisistan, Kasachstan und Russland auch in Ruhe anzuschauen. Außerdem erschien uns die Route Alaska-Feuerland abwechslungsreicher.
Wie lange habt Ihr Euch auf die Panamericana zwischen Alaska und Feuerland vorbereitet?
Nicht mehr als sechs Monate zuvor gingen wir es langsam an, buchten als ersten Schritt den Flug. Wir mussten nicht alles auf einmal erledigen, hatten reichlich Zeit. Vieles war schnell gemacht. Die Ausrüstung hatten wir größtenteils auch schon seit etlichen Jahren zusammen.
Ein spezielles Radtraining gab es also nicht?
Überhaupt nicht. Erstens lag unsere Reisevorbereitungszeit mitten im Winter. Zweitens baut sich die Kondition dann beim Reiseradeln von selbst auf. Wir haben das immer ohne Training gemacht, und es ist immer gut gegangen. Wir hatten im Februar aufgehört zu arbeiten und hätten somit noch Zeit zum Training gehabt, ehe der Flug nach Alaska ging. Ich (Petra) wollte dann aber so schnell wie möglich weg. Auch deshalb unternahmen wir die Auftaktrunde über Tschechien. Das war sozusagen unser Trainingslager.
Gab es besondere Gründe für die Route von Nord nach Süd – und nicht umgekehrt?
Im Süden zu starten ist anstrengender. In Alaska ist es einfacher: die Straßenverhältnisse sind besser, die klimatischen Verhältnisse angenehmer, das Wetter stabiler. Wir wollten auch im April, spätestens im Mai los. Da herrscht in Patagonien jedoch „Winter“, es regnet viel und ist zum Radfahren zu kalt.
Warum wolltet Ihr Eure Tour unbedingt im Frühling starten?
Aufgrund finanzieller Gründe. Es hat steuerliche Vorteile: Zahlt man „nur“ drei Monate in Deutschland Steuern, erhält man sie komplett zurück, wenn der Rest des Jahres nicht mehr gearbeitet wird. Zuvor war uns auch noch wichtig, das Weihnachtsgeld mitnehmen zu können.
Knapp zwei Jahre von zu Hause wegbleiben, da gibt es sicher etliche Hürden zu überspringen. Was gestaltete sich als besonders schwierig?
Richtig schwierig war eigentlich nichts. Für uns war es eher lästig, bürokratische Arbeiten zu erledigen, Briefe zu schreiben, damit die Post umgeleitet wurde, den Telefonanschluss zu kündigen … – also Dinge, die mit Ämtern zu regeln waren. Echte Probleme gab es jedoch nicht. Für uns war es eine große Hilfe, Freunde zu haben, die sich während unserer Abwesenheit um für uns wichtige Dinge kümmerten: Beispielsweise die während unserer Abreisephase begonnene Volkszählung, die Post, die Hausverwaltung, einen trockenen Stellplatz für unser Auto.
Ihr besitzt ein kleines Haus in Bad Reichenhall. Welche Lösung hattet Ihr diesbezüglich?
Für uns stellte sich eigentlich nur die Frage, ob wir es für die Zeit unserer Abwesenheit vermieten sollten. Wir ließen es schon mal länger leerstehen, da zerriss uns der Frost die Kloschüssel und einige Leitungen froren ein. Für uns war es auch wichtig, jederzeit – zum Beispiel bei Krankheit – zurückkehren zu können. Diesmal fanden wir einen Freund, der vorübergehend einzog, und der bei einer vorzeitigen Rückkehr unsererseits sofort wieder ausgezogen wäre. Wir ließen ihn ohne Miete in unserem Haus wohnen. Im Gegenzug musste er nur die laufenden Kosten wie Strom, Heizung und Wasser übernehmen. Die Gewissheit, dass sich jemand im Haus befand, war einfach beruhigender.
Das setzt großes