Fahr Far Away: Mit dem Fahrrad von Alaska bis Feuerland. Hans-Joachim Bittner

Fahr Far Away: Mit dem Fahrrad von Alaska bis Feuerland - Hans-Joachim Bittner


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Punkt. Es war ein Arbeitskollege von mir (Petra), da wusste ich, dass alles gutgehen würde. Und es ist auch gutgegangen.

       Wie sehr habt Ihr Euch um Euren Besitz gesorgt, beispielsweise das kleine Haus in Bad Reichenhall?

      Gar nicht so sehr, weil wir es in guten Händen wussten.

       Was bedeutet Euch der Besitz des Hauses?

      Es ist jetzt einfacher, da es uns seit 2002 gehört. Zuvor, als wir zur Miete dort gewohnt haben, war es sehr viel schwieriger.

       Inwiefern?

      Wir hätten uns bei der Stadt abmelden müssen. Wer Deutschland über ein halbes Jahr verlässt, müsste sich komplett bei der Gemeinde abmelden. Das birgt aber jede Menge Schwierigkeiten bezüglich diverser Versicherungen.

      Frühling im Glacier-Nationalpark, USA.

       Eine frühere Reise wäre deshalb fast gescheitert. Da hing alles an den Mülltonnen. Warum?

      Wir waren noch Mieter und wollten uns bei der Stadt abmelden. Doch aufgrund der Müllabfuhr ging das nicht. Der Vorteil: Für jemanden, der seinen Pass verliert, wie es uns in Nepal passiert ist, gestaltet sich die Beschaffung eines neuen Ausweises einfacher, wenn er noch bei einer Behörde gemeldet ist. Als Haus- oder Wohnungseigentümer ist es einfacher: Wir hatten diesmal die Mülltonne abgemeldet. Damit sparten wir natürlich Geld. Wir selbst hatten uns, auch wenn wir das eigentlich hätten machen sollen, nicht abgemeldet. Wir hätten aber gar keinen anderen Wohnsitz angeben können. Die Police für die Hausratversicherung würde sich im Übrigen verzehnfachen, wäre das Haus die ganze Zeit unbewohnt.

       Ihr habt Eure Pässe verloren?

      Nur ich (Volker), er wurde mir zusammen mit zirka 300 US-Dollar und den Traveller Checks am Flughafen in Kathmandu gestohlen. Ich hatte die Sachen in einer Bauchtasche, die Diebe müssen sehr gerissen gewesen sein. Als wir es merkten, war es schon zu spät.

       Was folgte daraufhin?

      Eine zweitägige Rennerei zwischen Deutscher Botschaft, Polizei und Behörden. Dazu die Kontaktaufnahme mit dem Passamt in Bad Reichenhall, wir benötigten rasch eine Meldebescheinigung. Wären wir abgemeldet gewesen, wäre das zu einem großen Problem geworden. Zum Glück hatten wir eine Kopie meines Ausweises dabei. Nach zwei Tagen war alles erledigt.

       Wann kam der neue Ausweis?

      Wir unternahmen eine dreiwöchige Trekking-Tour. Als wir in die Hauptstadt zurückkamen, war der neue Ausweis da (ausführliche Geschichte im Kapitel „Unfreiwillige Auszeit: Ohne Ausweis in Kathmandu“).

       Wie wichtig ist Euch Sicherheit, die es letztlich nicht zu 100 Prozent geben kann?

      Eine Unfallversicherung ist wichtig, die hatten wir vor der Reise sogar ein wenig aufgestockt. Ansonsten ist auch eine Auslandskrankenversicherung von Vorteil. Einen Rechtsschutz brauchen wir aber nicht. Die sonst üblichen Versicherungen, also beispielsweise die Hausratversicherung, ließen wir ganz normal weiterlaufen.

       Ihr habt die Gewissheit, auch ohne Reiserücktrittsversicherung jederzeit aussteigen zu können. Ihr müsstet lediglich einen Flug nach Hause buchen und könntet jederzeit sofort zurück in Euer Haus, und somit zurück ins alltägliche Leben. Braucht Ihr diese Sicherheit, um überhaupt solche Touren zu starten?

      Das sorgt schon für eine gewisse Beruhigung.

      Tag für Tag ein neues Panorama.

       Reinhold Messner meinte einmal: „Das Haben ist langweilig, die Herausforderung ist wichtig.“ Könnt Ihr das so unterstreichen?

      Diese Aussage empfinden wir so als zu pauschal. Wir besitzen ein kleines Haus. Das schafft gewisse finanzielle Unabhängigkeiten und auch Freiheiten, weil wir in der Gestaltung keinem Vermieter und seinen möglichen Launen Rechenschaft schuldig sind. Das ist alles andere als langweilig. Wir sind auch froh, ein Auto zu besitzen, weil es ganz einfach bequem ist. Es geht also immer darum, ob ich den Besitz auch wirklich für meine Interessen nutzen kann und nicht darum, materialistische Gegenstände anzuhäufen. Das halten wir für eher überflüssig. Darum haben wir auch keine Sammel-Hobbys. Sich ein Ziel zu setzen und diese Herausforderung anzugehen, ist immer spannend. Wenn wir ein Ziel, unser Ziel erreichen, erfüllt uns das schon mit Stolz. Unsere ganze Reise war eine Herausforderung. Denn wir wussten nie, was alles auf uns zukommt: die schweren Andenpässe in Peru, die tropischen Temperaturen in Zentralamerika, die Winde von Patagonien. Bei der Ankunft in Ushuaia waren wir nicht nur stolz, sondern auch glücklich und erleichtert. Ständige Herausforderungen würden aber Stress bedeuten, das brauchen wir nicht jeden Tag.

       Wie nennt Ihr Eure Art des Unterwegsseins?

      Es ist wohl eine Art Reiseabenteuer … – ja, dieses Wort trifft es sicher am besten.

      Arches Nationalpark, USA.

       Ihr seht Euch als Abenteurer …

      Wir lieben die Spannung und auch das Ungewisse auf unseren Reisen, suchen aber nicht die Gefahr, sondern versuchen, diese eher gering zu halten. 2002 waren wir mit dem Fahrrad in Indien unterwegs. Auf dem Weg nach Rajasthan zur pakistanischen Grenze machten wir kehrt, da hunderte von Militärfahrzeugen Richtung Grenze unterwegs waren und einige Militärs meinten, es gäbe Krieg mit dem Nachbarland. Natürlich beinhaltet die Durchführung einer solchen Reise auch eine gewisse Risikofreudigkeit. Oftmals sind es gerade die anstrengenden und riskanten Ereignisse, die einem später noch in Erinnerung bleiben – beispielsweise unsere Besteigung des 6.088 Meter hohen Huayna Potosi in Bolivien. Denn wir waren zuvor noch nie mit einer Gletscherausrüstung unterwegs. Oder 2001: Wir befanden uns mit den Fahrrädern in der Maasai-Steppe Tansanias. Dass es dort Löwen gibt, war uns allerdings nicht bewusst. Wir sind auch keinen begegnet.

       Bekamt Ihr Tipps für eine mögliche Begegnung mit einem oder mehreren Löwen?

      Immer in die Augen schauen und die Mittagsstunden zum Fahrradfahren nutzen – denn da schlafen sie.

       Was erhofft Ihr Euch von Euren Abenteuern?

      Das Ungewisse ist eigentlich das Spannendste: neue Eindrücke sammeln, Menschen und Natur kennenlernen. Großartige Landschaften faszinieren uns am meisten. In dieser Beziehung sind wir unglaublich neugierig. Dazu kommt, dass der gewöhnliche Tourist, der mit dem Bus organisiert reist, lediglich von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten gekarrt wird. Wir erlebten auch die Regionen dazwischen, und die waren oft viel interessanter.

       Wie erklärt Ihr Euch diese Faszination?

      Unser langsames Reisen war womöglich der Grund für eine gewisse Spannung. Durch unsere Art der Fortbewegung auf zwei Rädern erlebten wir das Reisen nicht nur mit den Augen, sondern mit allen Sinnen – weil wir uns sozusagen in der Landschaft befanden und förmlich mit ihr verschmolzen. Das war alles andere als touristisch, und das empfanden wir schon als besonderes Privileg.

      Naturerlebnis Chile: Frühling im November.

       Würdet Ihr demnach Eure Art des Reisens, mit dem Fahrrad, als die genau richtige bezeichnen?

      Für uns war es das bislang. Mit dem Rad erlebten wir die Natur viel unmittelbarer, hatten weit spontanere Begegnungen, auf natürlichere Art und Weise. Der Großteil war ungeplant, konnte auch gar nicht geplant werden. So viel konnte passieren, im positiven Sinn. Das empfanden wir als besonders wertvolle Erfahrungen.


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