Lust und Liebe dann kam das Leben. Peter Nimsch

Lust und Liebe dann kam das Leben - Peter Nimsch


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…, danke …, danke …!«

      »Freu dich nicht zu früh, ich will was dafür« und Claudis Augen blitzten mich geheimnisvoll an. »Du wirst mein Marketingfachmann und nebenbei … mein Hausmeister! Morgen, ach Mist, eigentlich heute…«, als ihr Blick zur Uhr schweifte »…beginnt ja meine vorverlegte Tournee, in zwei Stunden geht mein Flieger. War schon immer nicht einfach für mich, mein Himmelreich so lange allein zu lassen.«

      »Wenn es weiter nichts ist«, lachte ich erleichtert, hatte eigentlich an etwas anderes bei Claudis Bedingungen befürchtet.

      »Bin nicht so einfach zu befriedigen, jedenfalls bei Dingen, die mit meinem Job zusammenhängen« kam es sofort lachend von Claudi zurück. »Ich brauche bis zu meiner Rückkehr ein neues Prospekt von unserer Show, Plakate, Spots und, und, und …, also alles, was dir zur Vermarktung noch so einfällt. Am besten du fängst gleich damit an!«

      »Claudi, ich weiß nicht, wie ich dir danken soll …«

      »Bleib einfach wie du bist Paul, wozu sind denn Freunde da. Ach so, Paul, wenn du was zum Fahren brauchst, such dir in der Garage einfach etwas aus, brauche sowie jemanden, der mich schnell zum Flughafen fahren kann. Ich pack in der Zwischenzeit noch meinen restlichen Fummel ein.«

      Immer noch leicht verstört ging ich durch den Garten zur Garage, während Claudi im Schlafzimmer zum Packen verschwand. Nach dem Öffnen der Garagentore war ich mehr als verstört, aber gleichzeitig auch auf Wolke sieben. Vor mir standen zwei riesige Land Rover. So etwas hatte ich in einer kleineren Variante schon mal in meinem früheren Leben gefahren und hatte nicht im entferntesten daran geglaubt, so ein Geschoss noch einmal mehr als anfassen zu dürfen. Jetzt konnte ich sogar noch zwischen feuerrot und leuchtendgelb wählen. Als ich die beiden riesigen Land Rover wie Fabelwesen anstarrte, schlossen sich von hinten auf einmal Claudis Arme um mich und wie zur Beruhigung flüsterte sie in mein Ohr.

      »Dir soll es auch bald wieder richtig gut gehen, so liebe Menschen wie du haben das einfach verdient. Bei meinen ich-kann-nicht-mehr-Tiefpunkten in meinem komplizierten Leben haben mir auch ganz liebe Freunde geholfen. Möchte dieses Gefühl einfach an einen lieben Menschen wie dich weitergeben, weiß noch genau, wie gut sich das anfühlt.«

      Gerade noch liebevoll von ihr umarmt, stand ich auf einmal vor der erfolgreichen Geschäftsfrau Claudi. ›Wie viele Facetten hat sie denn noch?‹, konnte ich gerade noch denken, als in langsam hektisch werdender Aufbruchsstimmung ein sehr energischer Wortschwall über mich erging.

      »Also Paul, deine Agentur ist gleich vorn neben der Haustür, da bräuchten eventuelle Kunden auch nichts anderes zu sehen. Regelmäßiges Blumen gießen und Lüften nicht vergessen, meine superschicke Werbekampagne, bitte in zwei Varianten zur Auswahl, keine Partys in meinem Himmelreich und vor allem kein mit Fremdeiweiß versetztes Poolwasser.« Noch eine Menge anderer Wünsche und Forderungen schlüpften aus diesem süßen Mund, viel selbstbewusster als ich es mir je hätte vorstellen können. Claudi war nicht umsonst so erfolgreich geworden, merkte ich auf einmal. Hoffentlich konnte ich mir das alles merken.

      »Aber jetzt wird es höchste Zeit, hilfst du mir bitte?« Meine Augen erfassten einen Berg von unzähligen Köfferchen in allen Formen und Farben. Nachdem ich endlich alles verstaut hatte, war selbst in diesem geräumigen Land Rover nicht mehr viel Platz.

      »Ich denke du willst mit dem Flieger weg?« und ungläubig zeigte ich auf die Gepäckansammlung im Wagen.

      »Nur ein kleiner Umweg zum Tour-Bus, der steht in Halle bereit. Bringst du alles bitte noch dort hin, nachdem du mich am Flughafen abgesetzt hast?«, kam es auf einmal wieder in sehr vertrautem Ton von Claudi. »Und hier noch ein kleines Startkapital, kannst es mir später mal zurückzahlen« und ein Bündel mit grünen Scheinen landete in meinem Schoß.

      Heute war wirklich mein Glückstag und selig vor Freude startete ich einen Motor, der mich mit einem leisen kräftigen Brummen begrüßte.

      »Gib Gas Paul, es wird knapp. Aber bitte vorsichtig anfahren, sind über 400 PS, kein Showstart für meine Nachbarn.«

      Mit laut quietschenden und heftig qualmenden Vorderreifen begann ich äußerst beschämt die Fahrt Richtung Flughafen.

      »Wirst dich schon noch daran gewöhnen« und das herzhafte, laute Lachen von Claudi erschallte in diesem Geschoss von einem Auto.

      6. NOVEMBER

      Am nächsten Morgen riss mich gefühlt mitten in der Nacht, so gegen elf Uhr am Vormittag, das nervende Klingeln meines Handys aus dem Tiefschlaf.

      »… jaaa, hallo …«, kam sehr mühsam und bestimmt recht unverständlich über meine Lippen.

      »Hab ich dich etwa geweckt … ha, haa, haaaa! Dein Leben mal haben … ha, haa …«

      ›Kannst du gern bekommen‹, grinste ich vor mich hin, während ich an Claudi dachte und zumindest mein Gehirn langsam in die Realität tauchte, ›würdest bestimmt schreiend davon laufen.‹

      »Moin Fred, was kann ich für dich tun?«

      »Bin mit meinem Taxi gerade in deiner Gegend, habe bis zur nächsten Tour in die Rehaklinik ‘ne Stunde Zeit. Wollen wir zusammen ein zweites Frühstück einnehmen? … ach so, für dich bestimmt das erste ha, haa, haaaa …«

      »Gern mein Lieber, aber habe leider wie immer nichts im Hause, was man dazu so brauchen würde.«

      »Okay, dachte ich mir schon. In zehn Minuten in deinem zweiten Wohnzimmer?«

      »Okay, bis gleich Fred.«

      »Beeil dich, hab Hunger … ha, haa, haaaa.«

      Noch nicht richtig im neuen Tag angekommen, suchte ich verzweifelt nach ein paar jungfräulichen Kleidungsstücken. Das Fehlen einer Waschmaschine nervte mich langsam ungemein.

      »Da biste ja endlich«, begrüßte mich Fred ungeduldig und biss herzhaft in sein Schinkenbrötchen. »Habe schon mal angefangen, hab leider nicht viel Zeit und so ein Leben wie du … ha, haa, haaaa!«

      »Häää …, was meinst du?«

      »Hab dich gestern Abend gesehen, als du wie ein kleiner König mit dem fettesten Rover von ganz Leipzig über die Karli gegondelt bist.«

      ›Ach du liebe Scheiße, wie sollte ich das meinem lieben Kumpel Fred nur erklären, ohne alles verraten zu müssen?‹ Er hatte zwar Claudi schon zweimal kurz nach unseren Pubbesuchen an meinem Weltuntergangstag bei mir gesehen, aber für ihn war es bis heute immer noch DIE Traumfrau, die keine Anhängsel zwischen den Beinen hatte. Selbstverständlich hatte ich, damit keine blöden Fragen auftauchten, nichts von Claudis wahrem ICH und ihrer so erfolgreichen Travestieshow erzählt.

      »Hab ich von Claudi, nur leihweise, die ist eine Spitzenverkäufe-rin in einem großen Leipziger Autohaus.« War ja eigentlich nicht ganz gelogen, zumindest stimmte das mit dem ›leihweise‹.

      »Dass die gut verkaufen kann, glaube ich dir aufs Wort. Die braucht doch nur ihre Beine breit zu machen, dann verkauft die mehr als zehn Autos am Tag … ha, haa, haaaa.«

      »Guten Morschen Paul, biste aus dem Bette gefallen,

      heut also mal geene Quietsche, sondern Frühstück wie ich so vermude …«, kam es von Claus, der die Bestellung aufnehmen wollte.

      »Ja Claus, bitte heute das englische Frühstück, kann ein paar Kalorien mehr mitten in der Nacht gut gebrauchen, war etwas anstrengend gestern.«

      »… das klingt ja aufregend … ha, … haaa.«

      Was sollte ich nur erzählen? Das letzte Erlebnis mit Claudi auf keinen Fall!

      »Will wieder in die Werbung einsteigen, habe gestern endlich ein paar konkrete Pläne für meine nahe Zukunft gemacht. Claudi hilft mir dabei. Kann sogar ein Zimmer bei ihr als Büro und den Rover einige Zeit als Firmenwagen benutzen.«

      »Büro bei Claudi … ha, … haaa, wenn du vögeln arbeiten nennst, mache ich gern sofort bei dir mit, … ha, haa, haaaa.«


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