Lust und Liebe dann kam das Leben. Peter Nimsch
du Stefan?«
»Ja«, kam es trocken zurück.
»Und wie wohnt es sich hier denn so?«, fragte ich, da ich mir etwas Mut machen wollte.
»Wohne schon länger hier, einfach ein cooles Haus und echt billig.«
»Kannst du mir bitte mal ein Ladegerät für mein Handy leihen, habe leider momentan keins mehr.«
Stefan verschwand in seiner Wohnung und kam kurz danach mit einer Pappkiste zurück, in der sich ein Knäuel von Ladekabeln tummelte.
»Versuch dein Glück«, lachte er und drückte mir die Kiste in die Hand. »Bring sie mir einfach in den nächsten Tagen wieder vorbei, hab noch mehr davon.«
»Danke, echt nett von dir!«
»Kein Problem, kannst immer kommen, wenn du mal etwas brauchst, ist hier zum Glück im ganzen Haus noch so Brauch. Nur unten bei Jüttes brauchst du es nicht zu versuchen. Sind ganz merkwürdige Menschen, ein fetter komischer Typ von bestimmt schon vierzig Jahren wohnt dort mit seiner Mutter. Echt eigenartige Figuren, die beiden. Schönen Abend noch!« und Stefan verschwand in seiner Wohnung. Konnte gerade noch ›danke‹ hinterherrufen.
Meinem penetrant duftenden, geringelten und blutgetränkten Weihnachtsduft-Toilettenpapier folgend, ging ich in meine Höhle zurück, nahm auf meinem Sandhaufen im kleinen Zimmer Platz und begann das passende Ladekabel zu suchen. Natürlich war es das Vorletzte, das passte, aber das ist ja eigentlich immer so bei mir. ›Jetzt noch ein Südseebild an die Wand malen …‹, dachte ich ironisch, als so langsam das Sandgefühl durch meine Hosen drang, ›und mit dieser Höhle brauche ich nicht mal mehr in den Urlaub zu fahren. Bei meinem nächsten Einkauf im Baumarkt, der eigentlich schon gestern hätte sein müssen‹, beschloss ich – als ich die ersten eingebrannten Gruselbilder meiner Höhle im Kopf wieder abrief – ›kaufe ich mir eine Palme. Harmoniert bestimmt vortrefflich mit meinem Sandhaufen.‹
›Meine Höhle wird eine schräge Höhle!‹, nahm ich mir fest vor.
So, jetzt wurde es langsam Zeit mal die nötigen Grundutensilien in den Resten meiner Existenz zu suchen.
Aber wohin damit, alles war hier mit Baustaub und sonstigem Dreck überzogen und viele kleine Höhlenmitbewohner schienen sich in ihrer Ruhe gestört zu fühlen. Eine dicke fette Spinne schaute mich von der Decke missmutig an. Aber ich war ja im Improvisieren gut, also riss ich den ersten blauen Müllsack langsam auf und verteilte meine daraus hervorquellenden Klamotten auf die anderen Haufen und Türme meines umfangreichen Besitzes. Die nun vorhandene Plastikplane breitete ich in der saubersten Ecke des großen Zimmers aus und drapierte meine Kleidungsstücke aus dem ersten Müllsack darauf. Langsam arbeitete ich mich durch meinen Besitz und endlich kamen meine Pflegeprodukte zum Vorschein.
War nicht viel, was ich in meine neue Selbstständigkeit von Anja mitbekommen hatte, aber zum Ausgehschickmachen mit Fred heute Abend reichte es allemal.
Mein Bauch meldete immer noch Bedürfnisse an, doch bei der Bestellhotline teilte man mir hektisch mit, Wartezeit sei zwei Stunden. So beschloss ich das Essen auf morgen zu verschieben oder später mit Fred eine Kleinigkeit zu essen, was auf der Karli bestimmt kein Problem sein sollte.
›Diese Nacht werde ich es richtig krachen lassen‹, nahm ich mir vor. Sollte doch Madam Anja nicht die Einzige sein, die heute Spaß hatte. Ich entledigte mich meiner vom Umzug und Nervenstress verschwitzen Klamotten und untersuchte meine Gitarrenhalswunde. Zum Glück sah sie gar nicht mehr so schlimm aus, ein großes Pflaster, was sich glücklicherweise irgendwie in meine Waschtasche verirrt hatte, verschloss nun endgültig dieses Anja Rauswurf-Kapitel.
Meinen großen Erb-Oma-Spiegel hatte ich gleich beim Einzug standsicher im hinteren Zimmer deponiert. Nackig stellte ich mich davor und wurde natürlich sofort von meinem Lippenstift-Konterfei begrüßt. ›So, mal sehen, was noch so mein Marktwert ist‹, dachte ich mir und ließ den Blick über meinen Body gleiten. Da glücklicherweise die Heizung in meiner Höhle funktionierte, hatte auch Klein-Paul seine normale Größe wieder erlangt. Aber so ganz zufrieden war ich leider nicht mit dem Bild im Spiegel, da half es auch nicht, dass der Spiegel etwas dreckig war. ›Fange mal oben an‹, dachte ich. Haare? Naja, Haare konnte man es eigentlich nicht nennen, eher Feen-Haar, lang und dünn reichte es bis zu den Schultern, das liebte ich schon immer. Oberarme und Beine waren eigentlich okay. Der kleine Bauchansatz, den Anja so geliebt hatte, war leider nicht nur im Spiegel ein großer Bauchansatz geworden, der verniedlichende Attribute einfach nicht mehr verdiente, von dem unrasierten Paul und Anhang einmal ganz abgesehen.
›Hab mich ganz schön gehen lassen, das war zum Anfang mit Anja ganz anders‹, dachte ich leicht traurig. Aber da ja nun mein Marktwert wieder gefragt war, wurde auch das Essen für heute vollkommen aus dem Kopf verbannt und in meinen Pflegeutensilien suchte ich nach meinem Vierklingen-Rasierer.
›So unrasiert wird nicht ausgegangen, erst oben, dann unten‹, nahm ich mir vor. Mit fünflagigem Weihnachtsduft-Toilettenpapier, von welchem ich als einziges von allem mehr als genug besaß, brachte ich notdürftig Waschbecken und Badespiegel in ein wenig an alte Zeiten erinnernden Glanz zurück. Ohne größere Schnitte war meine obere Hälfte schnell ausgehfein.
Zurück zum Erb-Oma-Spiegel, jetzt war Klein-Paul mit allem im Umkreis von zehn Zentimetern fällig, man wusste ja nie, was der Abend noch so brachte.
›Werde es heute mal hier versuchen‹, warum wusste ich auch nicht, mir war einfach so. Ich fasste Klein-Paul kräftig an der Spitze, zog ihn schön lang und rasierte ganz vorsichtig ringsherum. Drehte ihn in alle Richtungen und begutachtete das Ergebnis. ›Schon erstaunlich …‹, stellte ich wie immer fest, wie weit man da drehen kann. Ein paar Zentimeter in Richtung Bauchnabel und danach die Leistengegend, das ging relativ schnell, ich war ja weit genug von meinem besten Teil mit dem so superscharfen kalten Stahl entfernt. Jetzt kam das Schwierigste …
Der Sack, der Beutel, der Hodensack, die Eier …, eigentlich alles für so ein wichtiges und ebenfalls sehr auf Reize ansprechendes Teil blöde und abgewrackte Begriffe. Finde für mich wohl nie eine coole Bezeichnung. Innerlich einigte ich mich heute auf den Begriff Beutel, da ja hier auch gute und wertvolle Sachen von mir aufbewahrt und geschützt wurden und auf ihren möglichen, oft sehr spontanen Einsatz warteten. Wieder wurde Klein-Paul kräftig mit der Spitze nach oben gezogen, danach von meinem linken Unterarm an den Bauch gedrückt, so hatte ich jetzt die Finger der linken Hand frei, um diesen etwas faltigen Beutel, die Heizung funktionierte also doch nicht so gut, langsam und sachte ebenfalls in die Länge zu ziehen. Mit dem Vier-Klingen-Superscharfrasierer kämpfte ich mich langsam über die narbige und durchfurchte Oberfläche. Erst die Vorderseite, dann ebenfalls das ganze Teil nach oben zerrend, die Rückseite. Geschafft!!! Jetzt kam das Schönste, Klein-Paul und Anhang wurden eingeölt, erstens war es gut für die an manchen Stellen sehr strapazierte Haut und zum anderen wollte ich auch in der unteren Hälfte gut duften, besonders heute Abend.
Beim genüsslichen und langsamen Ölverreiben, das war einfach schön, einfach geil, ging ein Zucken durch Klein-Paul und nach wenigen Sekunden brauchte ich meine Hand nicht mehr zum Hochhalten meines kleinen besten Kumpels. ›Kein Wunder‹, dachte ich mir, ›sind wir uns ja in den letzten Wochen nur noch auf der Toilette begegnet.‹
Wie schon immer in solchen Momenten wurde auch heute aus Klein-Paul, meinem oft so eigensinnigen und nervenden zweiten Ich, wieder ein ganz normaler, lustvoll zuckender Schwanz, mein Schwanz. Wir waren wieder eins. Eine leider in meinem bisherigen Leben recht seltene Einigkeit in Bezug auf meine und seine Vorstellungen von Liebe oder sogar Partnerschaft.
Das Ölverreiben war schon längst vergessen, immer fester streichelte und rieb ich mich. Es im Stehen vor dem Spiegel zu tun machte mich heute irgendwie total an und das Kopfkino begann zu rotieren.
Bei einem Blick nach unten quollen bereits die kleinen klaren Tropfen aus der Spitze, die ich so mochte. Langsam nahm ich einzelne Tropfen mit der Fingerspitze ab, führte sie genüsslich zum Mund und leckte meinen Finger ab.
›Wer sich nicht selbst lieben kann, kann auch nicht so viel Spaß mit anderen haben, kann niemand anderem so richtig Spaß bereiten‹, ging es mir durch den Kopf.