Das große Sutherland-Kompendium. William Garner Sutherland
eine innere und eine äußere Membran. Meine Überlegungen sind folgendermaßen: Falls es im Mechanismus des Schädels nicht irgendeine Mobilität gibt, um dieses venöse Blut in Bewegung zu bringen, wird es eine Stauung im Blutkreislauf geben.
Im Schädel gibt es die äußere Membran, in welcher sich die Knochen bilden. Sie ist auf der Außenseite rau und innen glatt. Beim Erwachsenen befindet sich Blut zwischen den Wänden des Schädeldeckels, der aus der Membran vorgeformt wurde. Die Wände der Dura mater teilen sich, um in den Falten, die durch die Verdoppelung der inneren Schicht entstehen, venöse Blutgefäße zu bilden. Die äußerste Wand (das knöcherne Schädeldach) hat kleine, gezackte Suturen, die so ineinanderpassen, dass sie die Expansion zur Kompensierung der Gelenkbeweglichkeit zwischen den Knochen der Basis ermöglichen. Die Knochen der Basis werden aus Knorpel vorgeformt. Diese gleiche kompensatorische Bewegung ermöglicht den Transport des venösen Blutes.
Meine Aufmerksamkeit richtet sich nun auf die Rinnen, die lateral entlang der Innenseite der Squama occipitalis verlaufen. Zunächst einmal bin ich ratlos. Diese Rinnen gehören zu den Sinus laterales bzw. transversales. Es gibt in jenem Bereich keine Kompensation, um das venöse Blut in dieser membranösen Wand weiterzubewegen.
Ein Stückchen weiter komme ich zum posterior-inferioren Angulus der Ossa parietalia und finde auf seiner Innenseite eine Rinne. Der Sinus lateralis verläuft direkt über diesen Angulus des Os parietale, bevor er zum Foramen jugulare hinunterzieht. Betrachte ich die Gelenkfläche der posterior-inferioren Anguli der Ossa parietalia, entdecke ich eine Wellenform – und die Partes mastoidei der Ossa temporalia passen dazu. Dieses Arrangement zeigt, dass sich die Ossa parietalia hier in Konjunktion mit den Ossa temporalia nach innen und außen bewegen. Diese Bewegung nimmt die Wände der Sinus laterales mit, also jene membranösen Kanäle, die das venöse Blut transportieren.
Woher kommt das Blut in den Sinus laterales? Das Confluens sinuum auf der Innenseite der Squama occipitalis erhält venöses Blut aus dem Sinus sagittalis superior. Dieser Sinus formiert sich am vorderen Ende der Falx cerebri und wird allmählich größer, während er über den höchsten Punkt des Kopfes und hinunter zur inneren Protuberantia occipitalis verläuft. Außerdem erhält der Sinus lateralis Blut vom Sinus rectus. Der Sinus rectus bildet sich dort, wo die Falx cerebri und das Tentorium cerebelli aufeinandertreffen.
Woher kommt das Blut, das in den Sinus rectus eintritt? Es kommt vom Sinus sagittalis inferior am freien Rand der Falx cerebri und von der V. cerebri magna. Diese Vene besitzt Wände, die den Venen außerhalb des Schädels ähneln.
Die Gewebe der Wände der V. cerebri magna bzw. des Sinus rectus sind also deutlich unterschiedlich. Letztere bestehen aus zähen faserigen Wänden der Dura mater.
Die V. cerebri magna erhält das venöse Blut von den tiefen Hirnvenen, von den Venen des Cerebellum und von den Plexi choroidei, die wir schon erwähnt haben. Sie beginnen sich zu fragen, ob der besagte Bereich, in welchem die große V. cerebri magna in den Sinus rectus eintritt, nicht empfindlich gegen mechanische Belastungen reagiert. Besonders, wenn sich der Kopf des Säuglings während der Geburt an das mütterliche Becken anpasst. Befindet sich dort die Stelle, an der Risse eine subdurale Blutung zur Folge haben können? Ist dies ein Ort, an welchem bestimmte Ereignisse auftreten können, aus der eine Art zerebrale Parese resultiert?
Aufgrund solcher Möglichkeiten muss ich Ihnen davon abraten, zu versuchen, die Position des Proc. basilaris des Os occipitale zu verändern, indem man ihn auf seiner unteren Oberfläche durch Mund und Nasopharynx kontaktiert. Denn Sie können Ihr Vorhaben nicht durchführen, da er sich nur als Ganzes zurückschieben lässt.
Sie haben in dieser Situation keinerlei Kontrolle über die Folgen einer solchen Technik. Außerdem riskiert man einen Riss, der eine subdurale Blutung zur Folge haben kann. Ich kenne zwei Fälle, bei denen dies geschehen ist. Zudem ist es auch nicht notwendig. Einfacher, wissenschaftlicher und intelligenter ist es, die Spannung des Fulkrum der Reziproken Spannungsmembran an diesem dreipoligen Arrangement zu nutzen.
Dann wird die Fluktuation der Zerebrospinalen Flüssigkeit, die natürlicherweise der Agent der Reduktion ist, die Korrektur ausführen. Vermeiden Sie es, den Mechanismus weiter zurückzuschieben und damit die Möglichkeit einer Verletzung zu riskieren.
Dieses System, das venöses Blut innerhalb des Schädels zu den Ausgängen an den Foramina jugulares transportiert, ist nicht das Einzige, welches auf diesen Ausgang hinarbeitet. Es gibt noch die Sinus cavernosi, gleichfalls mit membranösen Wänden ausgestattet, die an den Fissurae orbitalis superiores beginnen, dort, wo die Vv. ophtalmicae eintreten. Sie führen entlang der Seiten des Corpus sphenoidalis nach hinten und befördern Blut zu den Sinus petrosi. Was bewegt das Blut entlang dieser großen Kanäle? Wir beginnen zu überlegen, dass die Rotation des Os sphenoidale, wenn es während der Inhalation nach vorne abtaucht, zusammen mit der ein- und auswärts gerichteten Schaukelbewegung der Partes petrosae der Ossa temporalia diese Wände bewegen könnte. Spüren Sie, wie dieser Mechanismus der Reziproken Spannungsmembran, der die Beweglichkeit der Schädelknochen reguliert, auch als Mechanismus dafür dient, das venöse Blut entlang der Falx cerebri und des Tentorium cerebelli zu bewegen.
***
Hier eine Übung, die für die Gehirnzellen eine saubere arterielle Erfrischung bringt, wenn nicht noch mehr.
Gehen Sie hinaus an die frische Luft und atmen Sie tief und langsam aus. Wenn sich das Diaphragma nach oben bewegt, lassen Sie den Kopf zur Brust sinken und drehen Sie gleichzeitig die Procc. mastoidei der Ossa temporalia lateral. Halten Sie einen Moment inne. Jetzt atmen Sie langsam ein. Wenn das Diaphragma nach unten sinkt, richten Sie den Hals auf und nehmen Sie gleichzeitig die Procc. mastoidei nach innen.
Meiner Ansicht nach bedeutet eine Anspannung in der Falx cerebri und im Tentorium cerebelli mit einer Einschränkung der physiologischen Beweglichkeit am Foramen jugulare und in den postnasalen Geweben eine unvollständige Drainage von Gehirn und Gesichtsbereich. Eine vollständige Drainage ist aber ebenso notwendig wie das vollständige Entfernen von Altöl aus einem Motor, bevor frisches Öl eingefüllt wird. Darum ist eine Pause nach dem Ausatmen so wichtig, um das venöse Blut vollständig ausfließen zu lassen, bevor der ‚Denktank‘ wieder aufgefüllt wird. In der Pause wird das Foramen jugulare weit geöffnet und die postnasalen Gewebe sind entspannt. Eine vollständige Drainage ist möglich.60
Da sich das Foramen jugulare jeweils zur Hälfte zwischen dem Ossa temporalia und dem Os occipitale befindet, ist es wahrscheinlich, dass dies das physiologische Expansionsarrangement liefert, welches sich durch eine Rotationsbewegung seiner Gelenke öffnet. Das Foramen jugulare kann man mit den Foramina intervertebrales in ihrer Gelenkformation vergleichen. Augenscheinlich muss eine Einschränkung der Expansionsfunktion an den Foramina jugulares, die durch die Rotation an den Gelenken geschieht, vom Osteopathen ebenso beachtet werden, wie eine okzipitoatlantale knöcherne Dislokation. Meiner Meinung nach ist eine Restriktion am Foramen jugulare von größerer Bedeutung für die Beeinträchtigung der venösen Drainage aus der inneren Region des Schädels als eine im okzipitoatlantalen Bereich.61
***
Lateral zur sphenobasilaren Verbindung sehen wir die Foramina lacera und die inneren Aa. carotis, wie sie durch einzelne Kanäle in den Partes petrosae der Ossa temporalia in den Schädel einfließen. Wie bereits erwähnt, glaube ich, dass das venöse Blut durch die Aktivität der Membran zu den Ausgängen an den Foramina jugulares transportiert wird.
Behalten Sie im Gedächtnis, dass die venösen Hauptkanäle innerhalb des Schädels deutlich andere Wände besitzen als jene außerhalb des Schädels. Das venöse Blut findet seinen Weg aus dem Schädel durch Ausgänge, welche durch die Gelenkverbindung zweier Knochen gebildet werden; die Foramina jugulares sind Beispiele dafür. Die Arterienwände jedoch sind innerhalb und außerhalb des Schädels gleich und besitzen die gleiche Innervation. Zusätzlich werden die Wände der Arterien auf ihrem Weg in den Schädel geschützt, da sie durch jeweils eigene Kanäle in den einzelnen Knochen hindurchtreten.
Daraus können wir schließen, dass eine Restriktion der Membranen den venösen Blutfluss und die Fluktuation der Zerebrospinalen Flüssigkeit beeinträchtigt. Während kraniale Dysfunktionen die primäre Ursache sein mögen,