Die Nadel des Todes. Joachim Bräunig

Die Nadel des Todes - Joachim Bräunig


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Weg an die Nordsee. Ihre Fahrzeuge hatten sie außerhalb des Polizeipräsidiums abgestellt, um den Trubel ihrer ungewöhnlichen Urlaubsverabschiedung nicht noch größer werden zu lassen.

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      An einer Schule, nahe Nordenham an der Nordsee gelegen, kehrte allmählich die Vorfreude auf die großen Ferien ein und die Stimmung der Lehrer und Schüler war im Allgemeinen gut, nur die bevorstehende Ausgabe der Zeugnisse bereitete manchem Schüler noch Kopfzerbrechen. Der Unterricht wurde in lockerer Atmosphäre durchgeführt, da alle erforderlichen Prüfungen und Klausuren abgeschlossen waren und der Lehrkörper mit der Zusammenstellung der Zeugnisse beschäftigt war. Die Schüler machten Scherze und vertrieben sich in den meist etwas länger gehaltenen Pausen mit Spielen und Telefonaten mit ihren Freunden und Bekannten die Zeit. Die Jungen und Mädchen beobachteten sich und es wurden zum Teil verlockende Blicke gewechselt. Der Schulhof war nicht besonders groß, aber für die Schule ausreichend und er hatte gleichzeitig einen Spielplatz, da der Hort im gleichen Gebäude im Erdgeschoss untergebracht war. Einige größere Jungs probierten sich zum Gelächter der anderen an den Spielgeräten.

      Im Lehrerzimmer waren die Lehrer mit der Ausfertigung der Zeugnisse beschäftigt, wobei die meisten ihre Arbeit bereits abgeschlossen hatten. Zum Ärger der Lehrer hatten auch dieses Jahr wieder einige Schüler das vorgegebene Klassenziel nicht erreicht und mussten die Klasse wiederholen. Die Lehrer waren sich sicher, dass es wieder zu Streitigkeiten mit den Schülern und vor allem mit deren Eltern kommen würde, denn die letzten Jahre hatten mehrmals gezeigt, dass die Eltern der Schüler deren Zeugnis nicht anerkennen wollten. Die Eltern hatten sich zum Teil sehr schlecht und überheblich aufgeführt und die Lehrer aufs Übelste beschimpft und ihnen vorgeworfen, dass das Nichterreichen des Klassenzieles ihrer Kinder auf das Versagen des Lehrkörpers zurückzuführen sei. Einige Eltern hatten sich sogar an die Schulbehörde gewendet, um das Versetzen ihres Kindes zu erzwingen, was jedoch in allen Fällen gescheitert war.

      Das Schulgebäude war ein U-förmiger Klinkerbau und in gutem baulichen Zustand. Die Schüler kamen aus den umliegenden Gemeinden und wurden zum Teil mit Schulbussen zur Schule gebracht. Das Verhältnis zwischen den Schülern und dem Lehrkörper wurde allgemein als gut eingeschätzt und die Schule hatte einen guten Ruf, sodass sie bisher in keinem Jahr Probleme mit der Belegung der Klassen hatten.

      Gegenüber dem Hauptgebäude befand sich der Parkplatz, welcher an Schultagen meistens nicht ausreichte, da die Mitglieder des Lehrkörpers alle mit Fahrzeugen zum Unterricht kamen und teilweise auch einige Schüler bereits ein Moped besaßen und viele mit Fahrrädern erschienen. Aus diesem Grund hatte die Schulleitung feste Plätze für den Lehrkörper festgelegt, was nicht ausreichte, sodass die Schüler meist wild parkten und ihre Fahrzeuge in der Nähe des Parkplatzes abstellten.

      Auf dem Parkplatz stand ein zitronengelber Porsche, allerdings älteren Baujahres. Am Fahrzeug unterhielten sich sichtlich aufgeregt ein Mann und eine Frau, wobei der Mann einen spürbar lockeren Eindruck hinterließ, die Frau hingegen sehr erbost schien. Bei den beiden Personen handelte es sich um den Sportlehrer Hans Lohse und Elvira Kunze, die Deutsch und Biologie lehrte. Beide waren circa dreißig Jahre alt.

      Der junge Mann hatte dunkles, leicht gewelltes Haar und eine sehr gute sportliche Figur. Er war eine sehr imposante Erscheinung und strahlte großes Selbstbewusstsein aus. Er war circa 1,85 Meter groß und überall wo er erschien, besonders für die Frauen, ein echter Blickfang. Er war sich seiner Erscheinung bewusst und nutzte diese in vollen Zügen aus. Ihm wurden zahlreiche Verhältnisse mit Frauen nachgesagt, wobei den Gerüchten zufolge, auch verheiratete Frauen dazu gehören sollten. Er war allgemein im näheren Umkreis als der „Flotte Hans“ bekannt und wusste von diesen Gerüchten, die ihn nicht sonderlich beeindruckten. In gewissem Sinne war er sogar stolz auf seinen fragwürdigen Ruf, denn nach seinen Erfahrungen gab es Frauen, die stolz darauf waren, etwas mit ihm gehabt zu haben und sich damit brüsteten. Seine Verhältnisse mit den Frauen waren meist nur von kurzer Dauer, denn von Treue hielt Hans Lohse nicht viel. Seine Eltern, die in Berlin lebten und mit finanziellen Mitteln reichlich ausgerüstet waren, hatten ihm nach der Aufnahme seiner Tätigkeit an der Schule im nahe gelegenen Nordenham eine Eigentumswohnung geschenkt. Die Wohnung befand sich unweit des Stadtzentrums und besaß vier geräumige Zimmer, wovon er eines als Arbeits- und Sportzimmer eingerichtet hatte. Er legte viel Wert auf seine sportliche Tätigkeit, denn er war sich bewusst, dass seine blendende Erscheinung auf seine sportliche Figur zurückzuführen war.

      Elvira Kunze war in einen roten, eng anliegenden Hosenanzug gekleidet, welcher ihre körperlichen Reize besonders betonte. Sie war bereits längere Zeit an der gleichen Schule wie Hans Lohse als Lehrerin tätig und als sehr seriös und zurückhaltend bekannt, wobei ihre stets sachliche Meinung im Lehrkörper immer gefragt war. Sie war verheiratet und es waren bisher nie irgendwelche außerehelichen Eskapaden von ihr bekannt geworden. Ihr Ehemann leitete das Gastronomiezentrum im Herzen von Tossens. Dieses wunderschöne Gebäude beherbergte mehrere gastronomische Einrichtungen und war zum großen Teil mit einem gewölbten Glasdach versehen, was in den warmen Sommermonaten zu erheblicher Hitzeentwicklung in der Einrichtung führte. Dem Gebäude vorgelagert war eine große Freifläche, die als Terrasse ausgebaut worden war und direkt an die Hauptstraße mündend war eine Minigolfanlage errichtet worden. Diese war durch viele kleine Wege verbunden, wobei die Erbauer vor allem die Wünsche der Kinder berücksichtigt hatten, denn viele der einzelnen Wege waren mit Kinderfiguren und Märchenfiguren gestaltet, beziehungsweise nach solchen benannt worden. Elvira war stets perfekt gekleidet und war von schlanker Gestalt, wobei sie als Kleidung immer Hosenanzüge bevorzugte, die ihre weiblichen Formen betonten. Sie hatte natürliches rotes Haar, welches sie immer offen und schulterlang trug. Ihr Blick war stets freundlich und ihren Mitbürgern gegenüber war sie aufgeschlossen und freundlich, ohne aufdringlich zu erscheinen. An der Schule war sie, außer ihrer Tätigkeit als Lehrerin, auch als Stellvertreterin der Direktorin verantwortlich. Sie war bei ihren Kolleginnen sehr beliebt und pflegte einen guten Umgang und versuchte auch private Probleme im Rahmen ihrer Möglichkeit, bezüglich Lehrplanänderungen und anderen Angelegenheiten, zu berücksichtigen. Ihr Verhältnis zu Hans Lohse war ihrer Ansicht nach nicht bekannt, denn sie hatten sich immer an geheimen Orten getroffen und zudem begann diese, für sie abenteuerliche Beziehung, erst vor knapp zwei Monaten. Sie konnte sich selbst nicht erklären, wie es dazu kommen konnte und hatte bereits seit zwei Wochen die klare Absicht es zu beenden. Von ihrer Schwangerschaft hatte sie erst seit zwei Tagen Kenntnis. Elvira war noch nicht bei ihrer Frauenärztin gewesen, aber ein von ihr durchgeführter Schwangerschaftstest hatte ein positives Ergebnis erbracht.

      „Du musst dich entscheiden“, sagte Elvira mit deutlicher Stimme.

      „Ich muss Garnichts“, erwiderte Hans.

      „Ich habe dir gesagt, dass ich schwanger bin und du willst das mit einem schnöden Lächeln abtun.“

      „Ich habe dir bereits gesagt, dass ich von dem Kind nichts wissen will“, erwiderte Hans Lohse zornig.

      „Entschuldige bitte, es ist dein Kind.“

      „Bist du dir dessen sicher?“

      „Was erlaubst du dir. Denkst du ich gehe mit jedem ins Bett?“

      „Warum nicht, du bist eine sehr schöne Frau.“

      „Ich habe dich völlig falsch eingeschätzt“, sprach Elvira Kunze.

      „Jetzt bereust du unser Verhältnis.“ Hans Lohse lächelte.

      „Für dich ist unsere Beziehung anscheinend bereits beendet.“

      „Das schätzt du richtig ein.“

      „Ich weiß, dass du ein Verhältnis mit einer Schülerin hast“, sagte die Lehrerin.

      „Wer behauptet solche Unwahrheiten?“, schnauzte Hans Elvira an.

      „Du kannst es nicht abstreiten. Ich habe euch beide gestern Abend zusammen gesehen.“

      „Du beobachtest mich heimlich?“, staunte Hans.

      „Ich muss wissen, mit wem es der Vater meines noch ungeborenen Kindes treibt.“

      „Ich


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