Die Nadel des Todes. Joachim Bräunig

Die Nadel des Todes - Joachim Bräunig


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ihrer eigenen Toilette gut besucht und war stets in sehr sauberem Zustand. Für die Kinder war ein Spielplatz mit verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten erbaut worden und wurde von diesen auch gern angenommen. Für die erwachsenen Urlauber boten sich viele Möglichkeiten der individuellen Freizeitgestaltung, die sich im Wesentlichen auf den sportlichen Bereich bezogen. Viele der Urlauber nutzten sehr gern die im Ort befindliche, direkt an der Hauptstraße gelegene Minigolfanlage, die an den Gastronomiebereich angegliedert war und somit den kulinarischen Genuss und den sportlichen Ausgleich miteinander verbanden.

      Am gegenüberliegenden Ende des Campingplatzes am Rande der Einzäunung auf dem höchsten Punkt der Düne war gleichfalls eine Gaststätte mit großem Außenbereich. Der Inhaber dieser Gaststätte kannte den Besitzer der Gaststätte „Rondell“ und beide standen nicht im Wettbewerb, sondern waren fast gut befreundet. Bei guter Auslastung des Campingplatzes, der prinzipiell immer gewährleistet war, verteilten sich die Gäste auf beide Lokale, sodass beide Einrichtungen ihr gutes Einkommen hatten. Die Gaststätte auf der Düne hatte im Vergleich zum „Rondell“ ein reichhaltigeres Speisenangebot und war für seine gute Küche bekannt, was besonders für die einheimischen Bewohner von Bedeutung war. Das „Rondell“ hatte im Innenbereich ein großes Fernsehgerät installieren lassen, was sich besonders bei der Übertragung von Fußballspielen rentierte.

      Der Strand zog sich sehr lang, wobei der Sand nicht mit dem Ostseesand vergleichbar war, denn er war bedeutend grober und steinig. Der Uferbereich war sehr flach und durch die Gezeiten konnte man bei Ebbe Wattwanderungen durchführen, die zu bestimmten Zeiten auch von einheimischen Bewohnern angeboten wurden, wobei sich das Tragen von Wattschuhen anbot, denn in dem morastigen Wattuntergrund verbargen sich zum Teil sehr scharfe Muscheln, die bei Hautverletzungen zu heftigen Entzündungen führen konnten. Zur anderen Seite des Strandes, Richtung Ortschaft, befand sich die grasbewachsene circa vier Meter schräg auslaufende Düne, welche die Urlauber und Gäste des Ortes oft zum Ausruhen nutzten. Die Grasfläche wurde regelmäßig beschnitten, sodass die Gäste ihre mitgebrachten Decken und andere Ruhemöglichkeiten ausbreiten konnten. Abgelegen von dem eingezäunten Urlauberbereich weiteten die Schafe der Einwohner, für welche die Schafzucht ein nicht unerheblicher einträglicher Erwerbszweig war. Sie standen den gesamten Sommer über auf den Dünen und waren damit für die Sauberkeit und kurz gewachsenen Rasen zuständig.

      Der Betreiber der Gaststätte „Rondell“ war Ulf Lohse, der Bruder des Sportlehrers der Schule Hans Lohse. Er hatte sich an einen runden Tisch gesetzt, an dem Dorfbewohner zum nachmittäglichen Plausch Platz genommen hatten.

      „Bei der Hitze werden heute nicht viele Gäste kommen“, orakelte einer der Gäste.

      „Das kann man nie genau einschätzen, aber ich bin mit dem Zulauf zufrieden“, antwortete Ulf Lohse.

      „Ist für deine Küche sicher nicht einfach, alles bereitzuhalten.“

      „Bei den heutigen Kücheneinrichtungen kein Problem.“

      „Aber du kannst nicht immer frische Ware anbieten.“

      „Ich versuche immer, frische Ware angeliefert zu bekommen.“

      „Wie lange bleibt heute deine Kneipe offen?“, wollte einer wissen.

      „Du weißt doch, dass ich mich nach den Gästen richte und da heute ein Fußballspiel übertragen wird, schätze ich, dass es sehr spät wird.“

      „Da kommt bestimmt auch dein Bruder zum Schauen?“, fragte einer.

      „Weiß nicht, er hat noch nicht Bescheid gesagt, aber es ist anzunehmen. Ich würde mich freuen, denn ich habe ihn bereits einige Wochen nicht zu Gesicht bekommen“, antwortete Ulf Lohse.

      „Wenn er nicht wieder eine Biene aufgerissen hat.“

      „Du weißt, ich kann es nicht leiden, wenn ihr abfällig über Hans redet.“

      „Du kannst doch nicht leugnen, dass er dem weiblichen Geschlecht sehr zugetan ist.“

      „Das kann ich nicht leugnen.“

      „Du hängst sehr an ihm und verzeihst ihm vieles.“

      „Ja, er ist immerhin zwölf Jahre jünger als ich und ein sogenannter Nachzügler. Er ist das Nesthäkchen und wurde von unseren Eltern immer bevorzugt, aber er ist keinesfalls ein schlechter Mensch und hat auch seine guten Seiten, dass müsstest du eigentlich wissen, bist ja Hausmeister an seiner Schule“, erwiderte Ulf Lohse und sah seinen Freund Mike Lichte an.

      „Gut, dass du nicht alles von deinem Bruder weißt“, erwiderte Mike.

      „Was sollen diese Andeutungen?“

      „Dein Bruder ist ständig mit irgendwelchen Gerüchten im Gespräch.“

      „Kannst du bitte konkreter werden“, bat Ulf Lohse.

      „Vorige Woche gab es auf den Schulhof eine Schlägerei zwischen drei Jungen, weil einer behauptet hatte, dass dessen Freundin eine Affäre mit deinem Bruder hat.“

      „Hans hat doch keine Affäre mit einer Schülerin, so etwas würde er nie tun, schließlich liebt er seinen Beruf und ist sich bestimmt bewusst, was solch eine Affäre für seinen Schuldienst bedeuten würde.“

      „Deinem Bruder werden ständig Affären mit irgendwelchen Frauen nachgesagt, aber ich glaube auch nicht, dass an dieser Aussage des Jungen etwas Wahres ist.“

      „Hans ist sicher kein Kostverächter und ich weiß, dass er auch vor verheirateten Frauen nicht Halt macht und sich wenig um deren echte Gefühle kümmert. Seine Beziehungen halten meistens nur wenige Wochen und ich weiß nicht, was der Grund dafür ist und was ihn ständig in die Arme anderer Frauen treibt. Vielleicht liegt es daran, dass ihm bei seiner Erziehung zu viel Freiraum gegeben wurde. Unsere Eltern haben ihm jeden erdenklichen Wunsch erfüllt, sodass er sich der Ernsthaftigkeit des Lebens nicht bewusst ist. Zudem kommt aus meiner Sicht hinzu, dass ihm die Frauen ihre Eroberung nicht schwer machen. Finanziell hat er keine Sorgen, denn unsere Eltern unterstützen ihn mit einem monatlichen Beitrag, sodass es ihm leicht fällt, die Geliebten zusätzlich mit wertvollen Geschenken zu beeindrucken. Ich habe mich vor einiger Zeit sehr intensiv mit ihm unterhalten, besonders über sein Privatleben und seine ständigen Frauengeschichten und war über seine Auffassung sehr überrascht.“

      „Du hast ihm ins Gewissen geredet?“

      „Nein, er fing über die Frauengeschichten von allein an.“

      „Da staune ich“, sprach Mike.

      „Er wünscht sich eine Familie und Kinder.“

      „Das glaube ich nicht.“

      „Er hat es mir gesagt. Es ist sein Wunsch eine Familie aufzubauen und er hat, was ich selbst nicht wusste, eine feste Beziehung. Die Frau arbeitet und wohnt in Berlin. Die beiden lieben sich, geben sich jedoch alle Freiheiten. Er fährt häufig an den Wochenenden zu ihr.“

      „Jetzt wird mir auch klar, weshalb er nie an Feierlichkeiten des Lehrkörpers teilnimmt, die an Wochenenden stattfinden. Die Lehrer wundern sich seit Langem, warum er stets versucht die Feierlichkeiten auf einen Wochentag, meistens freitags, zu verlegen.“

      „Er liebt diese Frau seiner Aussage nach sehr, aber das Beklemmende an der Beziehung ist, dass diese Frau keine Kinder möchte, sie ist sehr strebsam und stellt ihre Karriere in den Vordergrund.“

      „Vielleicht wird doch noch ein ordentlicher Mensch aus Hans“, erwiderte lächelnd der Hausmeister.

      „Er hat meine volle Unterstützung und ich werde ihm immer beistehen“, sagte Ulf mit fester Stimme und Nachdruck.

      „Gibt es sonst Neuigkeiten an der Schule?“, erkundigte sich ein anderer Mann am Tisch.

      „Ich möchte nicht schon wieder von Hans sprechen“, sagte der Hausmeister.

      „Sprich, ich kann die Wahrheit vertragen“, entgegnete Ulf.

      „Es wird über ein Verhältnis von Hans mit unserer Deutschlehrerin und stellvertretenden Direktorin gemunkelt und ich habe beide in letzter


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