Tod auf der Massagebank. Joachim Bräunig
große Geburtstagsfeier einverstanden. Werner Geisler hatte für diesen Tag, außer den Kindern weitere gute Bekannte und Freunde eingeladen, wobei er ihnen den Ablauf der Feier nicht mitteilte. Zu diesem engen Freundeskreis gehörten die Ehepaare Eberhard und Christa Lutter sowie Richard und Lucy Weiland. Die Familie Lutter wohnte in unmittelbarer Nachbarschaft und beide Paare besuchten sich oft, entweder im Haus der Familie Geisler oder bei der Familie Lutter.
Werner Geisler arbeitete als Oberarzt im Helios Klinikum Bad Saarow und war sehr angesehen und beim Personal sehr beliebt. Seine fachliche Kompetenz wurde von niemand angezweifelt und er hatte von der Klinikleitung die Möglichkeit zu privaten Sprechstunden erhalten. Diese waren stets gut besucht, da sich seine fachliche Kompetenz und die Exaktheit seiner Diagnosen weit über die Grenzen des Einzugsgebietes von Bad Saarow herumgesprochen hatten. Seine Frau äußerte gelegentlich, dass er etwas weniger arbeiten sollte, aber Werner Geisler war mit Leib und Seele Arzt, der immer für seine Patienten zur Verfügung stehen wollte. Diese fast ständig währende Bereitschaft ihres Mannes beruflicherseits hatte wiederholt zu Konflikten in ihrer Ehe gesorgt, da nach Meinung von Christa Geisler, ihr Mann zu wenig Zeit mit ihr verbrachte und sie ihn zu wenig sah. Sie wollte mehr gemeinsame Zeit mit ihrem Mann verbringen.
Christa Geisler war gleichfalls berufstätig und besaß eine eigene gutgehende Physiotherapie mit drei Angestellten – zwei Physiotherapeutinnen und ein Masseur. Sie war eine ausgebildete Therapeutin und hatte in den letzten Jahren mehrere Weiterbildungen besucht und sich die neuesten Behandlungsmethoden angeeignet. Dasselbe galt für ihre Mitarbeiter, da sich die Welt der verschiedenen Behandlungsmethoden in den letzten Jahren schnell weiterentwickelte. Sie war jedoch stets bemüht, das Familienleben nicht darunter leiden zu lassen, was jedoch nach ihrer Ansicht in den letzten beiden Jahren der Fall gewesen ist. Die gemeinsamen Unternehmungen des Ehepaares wurden immer seltener und in den wenigen Stunden, welche sie zusammenverbrachten, schwiegen sie sich meistens nur noch an oder unterhielten sich über die Probleme, welche sich zum Großteil auf ihre beruflichen Tätigkeiten bezogen. Infolgedessen gingen beide ein außereheliches Verhältnis ein, wovon der Partner jedoch keine Kenntnis hatte. Beide waren jedoch nicht daran interessiert, die Ehe zu beenden, was sie auch gegenüber ihrem jeweiligen außerehelichen Partner bereits zu Beginn des Verhältnisses unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hatten. Werner und Julia Geisler waren trotz ihrer Verhältnisse noch immer ineinander verliebt und den Grund für ihre Verhältnisse sahen beide in der zu wenig miteinander verbrachten Zeit, wodurch sich beide vernachlässigt fühlten und den Verlockungen eines Verhältnisses nicht wiederstehen konnten.
Die Familie Geisler stand auf guten finanziellen Verhältnissen, wozu beide in den ganzen Jahren ihrer Ehe beigetragen hatten. Die aufgenommenen Kredite zum Erwerb des Grundstückes und zum Bau ihres durchaus als Villa zu bezeichneten Neubaus waren seit längerer Zeit zurückgezahlt und sie hatten sich ein sehr ansehnliches Guthaben angehäuft. Beide waren sich zu Beginn ihrer Ehe einig gewesen, ein gemeinsames Konto zu eröffnen und jederzeit die notwendigen finanziellen Aufwendungen abzusprechen. Diese Vorgehensweise hatten sie bis zum heutigen Tag beibehalten und keiner zeigte Interesse daran, etwas zu ändern. Außer dieses gemeinsamen Kontos, auf das beide Zugriff hatten, waren sie jedoch übereingekommen, zusätzlich noch für jeden ein getrenntes Konto zu eröffnen. Dies war nach der Inbetriebnahme des Therapiestudios von Julia Geisler unumgänglich gewesen und Werner Geisler war sofort damit einverstanden, da er seine Frau bei Leistungen in ihrem Studio in keiner Weise beeinflussen wollte. Er war auf seine Frau und ihre Tätigkeit in ihrem Studio stolz, ohne es ihr direkt zu sagen, aber er unterstützte sie bei der Erledigung dringender Arbeiten, was ihm im Rahmen seiner gering bemessenen Freizeit oft nicht leicht fiel. Und Julia Geisler wusste, dass sie sich jederzeit auf ihren Mann verlassen konnte.
Beide hatten sich vor rund dreißig Jahren bei einem Tanzabend kennengelernt und sich sofort ineinander verliebt. Sie hatten nur sechs Monaten nach ihrem Kennenlernen geheiratet und sich vorgenommen, eine gemeinsame Familie aufzubauen, was ihnen mit der Geburt ihrer zwei Töchter gelungen ist. Während der Zeit des Studiums von Werner hatte Julia als Krankenschwester im Klinikum gearbeitet. Die Erziehung ihrer Töchter lastete zum großen Teil auf ihren Schultern, damit Werner sein Studium erfolgreich beenden konnte.
Die ersten Jahre wohnten sie bei Werners Eltern, welche ein eigenes Haus besitzen und Werner, Julia und deren Töchtern zwei Zimmern zur Verfügung stellen konnten. Auch kümmerten sich die Großeltern gern um ihre Enkelinnen, wenn dies notwendig war. So lebte die junge Familie die ersten Jahre ihrer Ehe sehr bescheiden, aber sie waren sehr ehrgeizig und beschlossen sehr früh, für ihre Familie ein eigenes zu Hause zu schaffen. Nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten bot sich ihnen die Möglichkeit des Erwerbes ihres jetzigen Grundstückes und beide überlegten nicht lange und nutzten diese günstige Gelegenheit. Der Bau ihres Hauses verzögerte sich mehrmals, auch begründet in ständigen Änderungswünschen ihrerseits, was den verantwortlichen Architekten als auch den Bauleiter des Öfteren die Schweißperlen auf die Stirn trieb. Im Laufe der Bauzeit hatte sich jedoch ein gutes Verhältnis zwischen ihnen aufgebaut, sodass trotz vieler Schwierigkeiten, auch wegen der geänderten Materialwünsche von Werner und Julia das Haus, besser gesagt die Villa, exakt nach den Wünschen von ihnen fertiggestellt werden konnte. Die zeitweise auftretenden finanziellen Schwierigkeiten fingen sie durch eine Erhöhung ihres Kreditrahmens und der Unterstützung beider Eltern ab. Werner und Julia waren nach der Übergabe des Gebäudes durch den Architekten an sie sehr stolz und auch ihre Töchter lebten sich sofort ein. Die Lage nahe dem Waldrand war für die Töchter ein wahres Geschenk und sie verbrachten in ihren Kindertagen viele schöne Stunden im Wald und tobten gemeinsam mit den Nachbarskindern im Wald umher.
Werner und Julia Geisler hatten sich ihren Lebenstraum erfüllt und waren sehr zufrieden. Die anderen Familien in der Siedlung waren fast alle im gleichen Alter, sodass viele Interessen übereinstimmten und sie sich gelegentlich zu gemeinsamen Treffen zusammenfanden. Diese verliefen immer sehr harmonisch.
Werner Geisler hatte im Laufe der Jahre seine Ausbildung zum Facharzt abgeschlossen und Julia ihre Ausbildung zur Physiotherapeutin begonnen und gleichfalls erfolgreich beendet. Werner Geisler war ein gutaussehender Mann mit leicht ergrautem Haar und wirkte auf Grund seiner Statur sehr sportlich und elegant. Er war in der Klinik sehr angesehen und genoss bei allen Kollegen großen Respekt und seine Meinung zu bestimmten medizinischen Problemen war stets gefragt. Bei dem weiblichen Personal fand er großen Zuspruch, aber er versuchte immer eine gewisse Distanz aufzubauen, was ihn bei den Schwestern noch attraktiver machte, da er unerreichbar schien. Julia Geisler war eine Frau von makelloser Ausstrahlung und trotz ihres fortgeschrittenen Alters hatte sie eine tadellose Figur, was auch auf ihre zielgerichtete Ernährung zurückzuführen war. Ihre roten Haare waren ihr Markenzeichen und sie legte großen Wert darauf, weshalb sie wöchentlich ihre Friseuse aufsuchte. Sie hatte rehbraune Augen und ging immer tadellos nach dem neuesten Modetrend gekleidet. Auf Grund ihrer Erscheinung und ihres Erfolges war Julia jedoch nicht bei allen beliebt, was zum Teil auch in ihrem Auftreten begründet war, denn sie stellte an ihre Mitmenschen hohe Anforderungen, was deren Auftreten und ihre allgemeine Erscheinung betraf. Einige ihrer Bekannten bezeichneten sie als hochnäsig, was jedoch, wenn man Julia näher kannte, nicht zutraf.
Die Eheleute Geisler waren vor einigen Jahren dem in der Nähe ansässigen Golfclub beigetreten. Das Gelände des Golfclubs zog sich entlang der Silberberger Chaussee, welche sich direkt entlang des Scharmützelsees von Bad Saarow nach Wendisch Rietz schlängelte. Die Golfplatzanlage, einschließlich der sich anschließenden Tennisplätze, gehörte zu einer der größten Golfanlagen Deutschlands und wurde, außer von den ständigen Clubmitgliedern, auch von Urlaubern, welche sich im angeschlossenen Hotel eingebucht hatten, genutzt. Die Benutzung der Anlage musste bereits Tage voraus beantragt werden, wobei zahlende Clubmitglieder vorrangig behandelt wurden. Sie mussten einen jährlichen nicht geringen Beitrag leisten und konnten dafür kostenlos im Clubrestaurant ihre Mahlzeiten und Getränke zu sich nehmen. Der Clubvorstand entschied einmal jährlich über weitere Aufnahmeanträge, wobei es in letzter Zeit gelegentlich zu Ablehnungen aus unterschiedlichsten Gründen gekommen war. Der Clubvorstand war bemüht, den elenderen Kreis der Mitglieder nicht übermäßig groß werden zu lassen, denn die Clubmitglieder waren nicht an der Aufnahme unbekannter Personen interessiert, sondern wollten den exklusiven Charakter ihres Clubs beibehalten. In Sonderfällen wurden verdienstvolle Bürger zu Ehrenmitgliedern ernannt, was jedoch