Deutsche Parkettgeschichte. Walter Pitt

Deutsche Parkettgeschichte - Walter Pitt


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in die Wohnhäuser wohlhabender Bürger. Das geschah etwa um die Mitte des 19. Jahrhunderts und steigerte den Parkettbedarf erheblich.

      Eine frühe Quelle aus dem Jahre 1823 „Die Tischlerkunst in ihrem ganzen Umfange. Nebst Belehrungen über neu erfundene und für Tischler höchst wichtige Arbeiten und Vorteile“ aus der Feder des Hoftischlers zu Schleiz, Heinrich Friedrich August Stöckel, befasst sich mit den Anfängen der Parkettherstellung und Verlegung.

      Dem Verfasser war offensichtlich auch das große Werk des Franzosen Roubo bekannt, da er bestimmte Begriffe übernimmt. Im Gegensatz zu dem Franzosen kümmert er sich nicht so sehr um künstlerische, als vielmehr um technische und wirtschaftliche Fragen. In seiner Abhandlung widmet sich Stöckel neben dem Thema der Holztrocknung insbesondere dem Problem der Befestigung der Parketttafeln. Vehement fordert er aus betriebswirtschaftlichen, aber auch aus ästhetischen Gründen die seitlich verdeckte Nagelung statt der sichtbaren Verschraubung von oben.

      Das schlagende Argument des Verfassers ist, dass für den Preis der Eisenschrauben allein schon fast ein schraubenloses Parkett geliefert und verlegt werden kann (siehe Kasten „Die Preisverhältnisse vor …“).

      „Auch der Übergang vom einfachen Aneinanderstoßen der Tafeln zu deren Verbindung durch die lose Feder“ gehört zu den „höchst wichtigen Vorteilen“, schreibt Stöckel.

      So legt das Buch Stöckels ein beredtes Zeugnis ab von einer prägenden Veränderung. Künftig werden die Hölzer und Tafeln nicht mehr von oben, sondern seitlich verdeckt in den Nuten genagelt. Sicherlich auch ein Grund, dass das Parkett an Bedeutung gewinnt.

      Parkettleger: Die Geburtsstunde eines Berufsstands

      In jener Zeit war man sehr innovativ. Die fortschreitende Mechanisierung und Industrialisierung, die um 1850 in Mitteleuropa in vollem Gange war, forderte zum Umdenken. Eine Vielzahl von neuen Produkten wurden entwickelt und viele Patente angemeldet. Das galt für das Handwerk und gleichermaßen die Fabrikation, die damals anfing, sich von der Bautischlerei zu lösen, um sich zu einem selbständigen Produktionszweig zu entwickeln. Beispielgebend sind die „Patentfußböden“, zu denen auch das Badmeyer’sche Parkettpatent zählt.

      Das besteht darin, dass kleine wie auch große Tafeln bzw. Platten ohne sichtbare Befestigung mit dem Untergrund verbunden werden. Dabei bediente sich Patentinhaber Badmeyer der klassischen Holzverbindung des Gratens. Durch quer zur Holzfaser, auf der nicht sichtbaren Seite der Tafeln, befindliche Gratleisten werden die Platten mit dem Balken durch ein Nut- und Federsystem verbunden.

      Der Vorteil dieses Systems sollte darin liegen, dass auch großflächige Platten in der Werkstatt vorgefertigt und dann auf der Baustelle relativ schnell in die vormontierten Nutleisten eingeschoben werden können. Effizienzsteigerung durch Vorfertigung und Vereinfachung bzw. Vereinheitlichung der Verlegung auf der Baustelle haben hier ihre Anfänge.

      Aus den Anfängen der Badmeyer’schen Werkstatt entwickelten sich allmählich weitere Parkettfabrikationen. Diese Werke entstanden jetzt in vielen Regionen, vielmals aus Tischlereien mit Fertigung von Parkett für den eigenen Gebrauch, aber auch als Vorläufer von Produktionseinheiten, die sich vorrangig dem Handel und Verkauf von Parkett in ihrer Region widmeten.

      Unter den ersten größeren Werken waren die Parkettfabrik Lauterbach & Kampmeyer in Breslau (gegründet 1859), die Nordhäuser Parkettfabrik August Beatus (1866), die Parkettfußbodenfabrik W. Gail in Wiesbaden (1858), die Bembé-Parkettfabrik, damals in Köln-Ehrenfeld (1840) oder die Parkettfabrik Schulze in Ilfeld, die bereits 1859 über eine 12 bis 16 PS starke Dampfmaschine verfügte. In Ostpreußen, Pommern, Sachsen, Bayern oder Baden Württemberg, überall gründen sich „Industrieunternehmen“, mit Schwergewicht im Süden und Osten des entstehenden deutschen Reichs. Häufig sind es Sägewerke, die wegen der besseren Ausnutzung ihrer Rohware über Einrichtungen zur Stabparkettherstellung wie Abrichthobelmaschinen o. Ä. verfügen. Rahmenpressen für die Tafelfertigung deuten zu dieser Zeit schon auf eine gewisse Spezialisierung hin. Auch die Verlegekapazitäten weiten sich aus.

      In der Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden viele Parkettfabriken, um den steigenden Bedarf an Parkett zu decken.

      Archiv: Graffstedt

      Parkettfabriken des 19. Jahrhunderts.

      Fotos (von oben nach unten): Pitt | Gail | Archiv Kudell

      Eine Rahmenpresse, die als Präzisionsfügemaschine das Zusammensetzen in der Tafelparkettfertigung benutzt wird.

      Foto: Lippmann

      Die Preisverhältnisse vor knapp 200 Jahren

       Eisenschrauben teurer als Parkett

      Man nehme z. B. ein Zimmer von 24 Fuß in der Länge und ebenso viel in der Breite. Wenn man nun eine Tafel von zwei Fuß rechnet, so braucht man zum ganzen Fußboden 1.152 Schrauben. Da nun das Eisen in manchen Gegenden in hohem und in manchen Gegenden in niedrigem Preise steht, so setze ich den Durchschnittspreis einer Schraube auf 11/​2 Groschen.

      Mithin kosten 1.152 Schrauben 72 Reichstaler. Nehme ich statt der Schrauben Nägel, so gehören zu jeder Tafel sechs. Mithin für 144 Tafeln 864 Stück. Das Schock (60 Stück) kostet sechs Groschen und alle hier erforderlichen Nägel drei Reichstaler und neun Groschen. Ich behaupte, dass für diesen Preis das ganze Parkett hergestellt werden kann. Ich will den mittleren Preis einer Parketttafel mit 12 Groschen (54 Kreuzer) ansetzen. Wenn man nun statt der Schrauben Nägel nimmt und ca. 68 Reichstaler spart, so braucht man nur noch einige Thaler zuzulegen, ohne die Versäumnis in Anschlag zu bringen, welche durch Fertigung der Pfröpfe verursacht wird, um ein Parkett „ohne Schraube“ zu erhalten, welches mit Schrauben wenigstens auf 160 Reichstaler zu stehen käme.

      Und ein Parkett ohne Schrauben muss doch allemal einen größeren Wert haben, da durch die Spunde oder Pfröpfe dasselbe unansehnlich und auf seine Dauer vermindert wird.

       Quelle: „Die Tischlerkunst in ihrem ganzen Umfange“, Heinrich Friedrich August Stöckel, gedruckt und verlegt bei Bernh. Friedr. Voigt, Ilmenau 1823.

      Waren es in frühesten Zeiten eher Kunsthandwerker, die ihren Auftraggebern die Parkettverlegung bei ihren Wanderungen durchs Land anboten, entstanden nach und nach über ganz Deutschland verteilt jetzt auch sesshafte Handwerksgeschäfte, deren Mitarbeiter häufig ehemalige Zimmerleute oder Tischler waren. Auch viele der neuen Parkettfabriken begannen damit, Verlegepersonal zu beschäftigen, und führten Aufträge aus.

      Die Betriebe mussten existieren, das heißt, sie mussten nicht nur Parkett verlegen, sie mussten auch rechnen („Historischer Kostenvoranschlag“). Es gab allerdings damals schon Auftraggeber, die auf Termineinhaltung drängten: „An Tischlermeister Birthel: (…) ersuche ich ergebens um gefällige Nachricht über die Zeit, bei welcher Sie mit dem Fußboden im Neuen Museum fertig zu sein hoffen.“ Woraufhin zunächst der „Schwarze Peter“ zurückgegeben wurde mit der Bemerkung: „(…) dagegen wieder Parketttafeln und Friese ganz vollständig gelegt, wenn anders keine Behinderung seitens der Baubehörden bis Oktober stattfinden und bewirkt werden können.“

      Historischer Kostenvoranschlag

       Eine mühsame Arbeit

      „Kostenberechnung über eichenes Parkett … von mir schon bereits angefertigte mit schräg laufenden versetzten Steinen würde kosten 10 Silbergroschen, 6


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