Deutsche Parkettgeschichte. Walter Pitt

Deutsche Parkettgeschichte - Walter Pitt


Скачать книгу
Einfluss benachbarter Kulturen, insbesondere aus Frankreich, aber auch aus Italien und Holland, entstehen jetzt allerorts Schlossanlagen mit großer Prachtentfaltung. In diesen Palästen des Barock sind noch viele Parkettböden erhalten geblieben. Diese Hoch-Zeit der Parkettlegekunst ist durch eine große Reichhaltigkeit an Formen und Ornamenten geprägt. Meisterhaft werden verschiedenartige Edelhölzer als runde, geschwungene Muscheln, als Sterne, Fächer oder als Blumen- und Rankenwerk bzw. zu reich verzierten Wappenbildern zusammengefügt. Daneben werden aber auch der Grad der Abnützung und die verschiedene Härte dieser Hölzer wohlbedacht, schreibt Otto Hodler in „Geschichte des Deutschen Parkettfußbodens“. Auch die Ausführungsweise ändert sich. Die ist im Zeitalter des Barock ausschließlich handwerklich geprägt. Die Hölzer werden stumpf aneinandergelegt und von oben mittels schmiedeeisernen Nägeln auf den Unterboden genagelt, mitunter versenkt und dann mit gleichgemasertem Holz ausgefüllt. Über den damaligen Stand der Parkettierkunst aus französischer Sicht gibt es einen sehr ausführlichen Überblick in dem künstlerisch geprägten Werk von M. Roubo – „L’ Art du M’enusier“, 1790, wie Schmuckfußböden entstehen. Förderlich dafür ist die aufkommende Furniertechnik, die es ermöglicht, durch Umlegen der Dicken das Bild der Maserung und damit die Gesamtwirkung der Böden zu intensivieren. Auf diese Weise erhalten die Repräsentationsräume vieler Schlösser kunstvolle Intarsienböden.

      Mit der geschmacklichen Verfeinerung des Rokoko tritt eine entsprechende Rückwirkung auf die Ausbildung der Böden ein. Das Parkett wird in großen, flächig wirkenden Mustern, die sich nicht auf eine Tafel beschränken, als sogenannter Rapportboden einheitlich über ganze Saalflächen ausgelegt. Große Verbreitung, besonders in Frankreich, findet die durch Friese eingefasste quadratische Tafel, die durch verflochten erscheinende Stäbe unterteilt ist. Rhombentafeln schaffen eine optisch unvergleichliche plastische Wirkung. In den dem Rokoko folgenden Stilabschnitten, dem Louis-seize und dem Empire tritt eine immer stärkere Fokussierung auf das Parkett und eine geschmackliche Anlehnung an die Antike auf.

      Durch verschiedenste Edelhölzer und besonders infolge der Akzentuierung von Licht- und Schattenkanten durch schmale Einlagen von dunklem und hellen Holz, zumeist Ebenholz und Ahorn, wird eine starke Lebendigkeit der Muster erzielt.

      Nach dieser Blütezeit der Parkettierkunst beginnt Anfang des 19. Jahrhunderts eine Abkehr von den klassizistischen Formen einzusetzen. Man strebt nach rein Zweckmäßigen. Im Biedermeier wird die Verlegung nochmals einfacher, denn der Boden soll zu allererst als bloße Fläche wirken. Für diese Periode sind dunkle Friesaufteilungen und einfach ausgelegte hellere Felder charakteristisch, die die Schmuckwirkung übernehmen.

       Angelehnt an: Baumeister 1953, Heft 5, „Geschichte des Deutschen Parkettfußbodens“, Otto Hodler, Hannover

      Um das Jahr 1900 soll es in Deutschland 700 Parkettfabriken gegeben haben. Der damit verbundene Druck am Markt spiegelt sich nicht zuletzt in den Angebotsschreiben, die aus dieser Zeit überliefert sind.

      In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging die Entwicklung der Parkettbranche zunächst noch langsam voran. Die neu entstandenen Parkettverlege- und Herstellbetriebe mussten sich erst einmal einrichten, im Markt zurechtfinden und auch aneinander gewöhnen. So hatten die Parkettfabriken auch schon damals Sorgen, dass das von ihnen gelieferte Parkett auch ihren Vorstellungen entsprechend verarbeitet wurde.

      Die Parkettfabrik Wrede in Freilassing mit Bahnanschluss für Lieferungen in alle Welt galt um die Jahrhundertwende als die größte in Deutschland (historische Ansichtskarte aus dem Jahr 1899). Foto: Pitt

      „Wenn der Parketttischler bei seinen Arbeiten nichts verabsäumt hat, sowohl äußerlich tadellose, als auch gediegene und dauerhafte Erzeugnisse zu liefern, so ist seine zweite Pflicht, den Parkettleger aufs Strengste anzuweisen, sich vor allem den Feuchtezustand und die hygroskopischen Eigenschaften des Untergrundes zu kümmern, über welchen das Parkett platzirt werden soll. Ein vernachlässigtes Gebaren hierin vermag auch die ursprünglich besten Parkettböden mit der Zeit unansehnlichmachen, oder sie gänzlich zu verderben. Dergleichen so entscheidende Übelstände ist man geneigt, immer nur dem Parkettfertiger zur Last zu legen und geben solche Vorfälle leicht Anlaß, eine Parketttischlerei zu diskreditieren“, heißt es 1877 in Kässner’s „Wesen des Parkets“.

      Das Handwerk des Parkettlegens gewinnt an Bedeutung. Die Parketttischlereien bilden ihre Mitarbeiter nach und nach zu Spezialisten aus, obwohl sie mit Parkettarbeiten nicht immer ausgelastet sind. „Dabei verfügen die meisten Parketttischlereien über bestimmte Leger, die im Falle, dass Legearbeiten nicht vorliegen, in der Werkstatt zum Anfertigen von Blindtafeln, zum Abputzen der Teilflächen oder zu anderen Arbeiten verwendet werden. Auch ist das Verlegen keine zu zeitraubende Arbeit, als dass die eigentlichen Gehilfen bei einigermaßen nicht zu entfernten Legeplätzen nicht dazu benutzt werden könnten. Dem Grundsatze Theilung der Arbeit würde dieses Verfahren allerdings widersprechen und daher nur in Noth zu dieser Hülfe gegriffen werden sollte. Doch richtet sich das nach der Größe der Werkstatt, nach dem Geschäftsgange, nach der getroffenen Einrichtung u.s.w. Immer dürfte sich aber empfehlen, das Parkettlegen besondere, nur darauf eingerichteten Leuten zu übertragen und solche vielleicht nur für die Dauer des Legens in den Dienst zu nehmen.“ (Kässner)

      Pferd und Wagen war damals noch ein sehr übliches Transportmittel. Archiv: Bembé

      Eine Parkettfabrik in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts

       Das machte einen guten Hersteller aus

       Genaues Orientiertsein in den Anforderungen, welche hinsichtlich der Güte und des Geschmacks an die Parketts gestellt werden und die Fähigkeit, nicht nur denselben nach jeder Seite nachzukommen, sondern im Gegenteil dem Publikum auch Neues bieten zu können.

       Erfahrung in der Beschaffung und Bearbeitung des Materials, um bei möglichster Billigkeit desselben im Ankauf, im Austrocknen, im Zuschneiden, Zusammensetzen und Fertigmachen ein vollkommenes Produkt zu erzeugen.

       Genaue Kenntnis in der Aufeinanderfolge der Arbeitsmanipulation, in den Betriebseinrichtungen und in der Arbeitsteilung, um in tunlichst kurzer Zeit ein größtes Arbeitsquantum zu erreichen, woraus die Höhe des Verdienstes resultiert.

       Quelle: Kässner: Wesen des Parketts

      Absolute Spezialisten mit einer wahrlich imponierenden Ausbildung waren seinerzeit ebenfalls am Werk. So ist ein Schreinermeister aus der Oberpfalz dokumentiert. Der 1865 in Schwandorf in der Oberpfalz geborene Anton Prem lernte nach der Schulzeit in München bei einem Renaissance-Möbeltischler das Schreiner-Handwerk. Auf seiner Wanderschaft, die jeder Handwerker zur Erlernung meisterlicher Fähigkeiten unternahm, kam er bis nach Wien, sogar bis nach Konstantinopel und arbeitete erstmalig in Mannheim als Parkettleger. Der Beruf brachte ihn am Rhein entlang bis zur Nordseeküste, wo er im Schiffsbau tätig war. Auch in einer Waggonfabrik hat Prem gearbeitet und nach vielen Stationen im Auftrag der Kunsttischlerei Besenbacher aus München bei der Herstellung der einzigartigen Intarsien-Stabparkettböden auf der Insel Herrenchiemsee in einem der Traumschlösser des Königs Ludwig des II. als Kunstschreiner mitgewirkt, schreibt der Stuttgarter Parkettlegermeister Otto Rapp in seinem späteren Aufsatz über die Anfänge im Parketthandwerk.

      Verlegetechnik im Umbruch

      Die Verlegetechnik erfährt in dieser Zeit einen grundlegenden Wandel. Während als Unterböden zunächst vornehmlich Lager- und Blindbodenkonstruktionen dienten, schwappen aus Frankreich die ersten Stabparkettfußböden unter Anwendung von Asphalt herüber. Nach einem Auszug aus der „Deutschen Bauzeitung“ aus den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts sind dafür keinerlei Blindböden mehr erforderlich. „Vielmehr werden die Parkettstäbe in eine heiße Asphaltschicht


Скачать книгу