Controllingorientiertes Finanz- und Rechnungswesen. Markus W. Exler

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30: Der Ansatz des Eigenkapitals

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      3.3.1.1 Gezeichnetes Kapital

      Auf der Ebene der Gesellschafter übernimmt die Höhe des gezeichneten Kapitals die individuelle Haftungsbeschränkung, deshalb auch Haftungskapital (§ 272 Abs. 1 Satz 1 HGB), unabhängig der tatsächlichen Einzahlungssituation. Als gezeichnetes Kapital ist bei der Aktiengesellschaft das Grundkapital mit insgesamt mindestens 50 T€ (Nennwert einer Aktie von mindestens 1,- Euro multipliziert mit der Anzahl der ausgegebenen Aktien) und bei der GmbH das Stammkapital mit mindestens 25 T€ auszuweisen. Nach 272 Abs. 1 Satz 2 HGB ist das gezeichnete Kapital zum Nennbetrag in der Bilanz zu passivieren. Ist das gezeichnete Eigenkapital durch Verluste aufgebraucht, entsteht ein „Negatives Eigenkapital“, welches unter dieser Bezeichnung auch bilanziert wird. Der handelsrechtliche Ausweis wird nach § 268 Abs. 3 HGB als Differenzbetrag am Schluss der Aktivseite unter der Bezeichnung „Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag“ gesondert durchgeführt.

      Im Anhang ist zu erläutern, ob eine Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechts vorliegt. Eine rechnerische Überschuldung nach § 19 Abs. 2 Insolvenzordnung (InsO) liegt vor, wenn das Vermögen des Unternehmens bei dem Ansatz von Liquidationswerten und der stillen Reserven die vorhandenen Verbindlichkeiten nicht mehr decken kann. Eine Antragstellung auf Insolvenz ist dann innerhalb der nächsten drei Wochen geboten. Handelt ein Geschäftsführer nicht dementsprechend, macht er sich der Insolvenzverschleppung verantwortlich und somit strafbar.

      Sind die Einlagen als gezeichnetes Kapital zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung noch nicht vollständig eingezahlt, sog. ausstehende Einlagen, sind diese auf der Passivseite kenntlich zu machen. Nach § 272 Abs. 1 Satz 3 HGB sind

       „die nicht eingeforderten ausstehenden Einlagen auf das gezeichnete Kapital von dem Posten „Gezeichnetes Kapital“ offen abzusetzen; der verbleibende Betrag ist als Posten „Eingefordertes Kapital“ in der Hauptspalte der Passivseite auszuweisen; der eingeforderte, aber noch nicht eingezahlte Betrag ist unter den Forderungen gesondert auszuweisen und entsprechend zu bezeichnen.“

      Änderungen sind nur über die in Haupt- oder Gesellschafterversammlung formal beschlossenen Kapitalerhöhungen oder Herabsetzungen möglich. Bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften werden die Eigenkapitalkonten variabel geführt und verändern sich über die operativen Ein- und Auszahlungsströme und den Entnahmen für die Managementleistung und der Eigenkapitalbedienung.

      3.3.1.2 Kapitalrücklage

      Entsprechende Beträge, die als Agio bzw. Aufgeld über den verbrieften Nennwert von den Eigentümern bezahlt werden, sind nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB als Kapitalrücklage zu buchen. Darüber hinaus werden bei Aktiengesellschaften auch entsprechende Beträge erfasst, die im Zusammenhang mit der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen und Optionsanleihen erzielt werden. Auch werden Zuzahlungen der Gesellschafter gegen Gewährung eines Vorzugs für ihre Anteile hierunter gebucht, wie das bei Aktiengesellschaften, insb. bei der Ausgabe von Vorzugsaktien nach § 11 AktG oder aufgrund von anderen Zuzahlungen der Gesellschafter, der Fall sein kann. Während das gezeichnete Kapital und die damit in einem direkten Zusammenhang stehende Verbuchung von Kapitalrücklagen mit der externen Kapitalzuführung der Eigentümer im Zusammenhang stehen (Beteiligungs- bzw. Einlagenfinanzierung), werden die Gewinnrücklagen auf der Basis erwirtschafteter Erträge und über die jeweilige Ausschüttungspolitik der Gesellschafter bestimmt.

      Beispiel: Die Wienerberger AG8) hat in der Vergangenheit eine Erhöhung des Eigenkapitals mit der Emission von 9,8 Mio. jungen Aktien durchgeführt. Der Ausgabepreis pro Aktie betrug 45 €. Die angefallenen Begebungskosten, die in der Gewinn- und Verlustrechnung als „sonstige betriebliche Aufwendungen“ gebucht wurden, belaufen sich auf 17 Mio. €.

      Welche Veränderungen entstehen nach IFRS im Jahresabschluss, bei einem in Österreich geltenden Körperschaftsteuersatz mit 25 %?

       Lösung:

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       Die Wienerberger AG hat einen realen Netto-Zufluss an Liquidität in Höhe von 424 Mio. €, der für wertschaffende Investitionen herangenommen werden kann. Nach der buchhalterischen Kompensation der Körperschaftsteuer nimmt das Periodenergebnis in der Gewinn- und Verlustrechnung mit 12,8 Mio. € zu.

      3.3.1.3 Gewinnrücklagen

      Nach § 272 Abs. 3 HGB dürfen als Gewinnrücklagen nur Beträge ausgewiesen werden, die im aktuellen Geschäftsjahr oder in einem früheren entstanden sind. Sie werden auf der Basis des ermittelten Jahresüberschusses gebildet und stellen dessen thesaurierten Anteil dar, der nicht an die Eigentümer ausgeschüttet wird.

       (1) Gesetzliche Rücklage

      Das Aktiengesetz weist im § 150 Abs. 2 darauf hin, dass 5 % des um einen Verlustvortrag gegengerechneter Betrag vom Jahresüberschuss in die gesetzliche Rücklage einzustellen ist, bis die gesetzliche Rücklage und die Kapitalrücklage zusammen 10 % oder des in der Satzung bestimmten höheren Teil des Grundkapitals ausmacht. Das klingt dramatischer als es in der betrieblichen Praxis ist, da bei den meisten Gesellschaften beim Börsengang oder bei den durchgeführten Kapitalerhöhungen das entsprechende Aufgeld über den Nennbetrag diese Vorgabe schon erfüllt.

       (2) Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen

      Nach § 272 Abs. 4 HGB ist für Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen …

       „… eine Rücklage zu bilden. In die Rücklage ist ein Betrag einzustellen, der dem auf der Aktivseite der Bilanz für die Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen angesetzten Betrag entspricht. Die Rücklage, die bereits bei der Aufstellung der Bilanz zu bilden ist, darf aus vorhandenen frei verfügbaren Rücklagen gebildet werden. Die Rücklage ist aufzulösen, soweit die Anteile an dem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen veräußert, ausgegeben oder eingezogen werden oder auf der Aktivseite ein niedrigerer Betrag angesetzt wird.“

       (3) Satzungsmäßige Rücklagen

      Sollen über die gesetzliche Rücklage hinaus weitere Restriktionen bezüglich der zu bestimmenden Ausschüttungsgröße im Vorfeld festgelegt werden, bietet sich ein entsprechender Satzungs- bzw. Gesellschafterbeschluss an, entsprechende Thesaurierungsszenarien festzulegen. Bespiele wären ein bestimmter Sockelbetrag, der grundsätzlich den satzungsmäßigen Rücklagen zugeführt werden soll oder auch definierte zweckgebundene Rücklagen für anstehende Ersatz- oder Erweiterungsinvestitionen.

       (4) Andere Gewinnrücklagen

      Sind den gesetzlichen und satzungsmäßigen Vorgaben genüge getan, können weitere einzubehaltende Teile des Jahresüberschusses in die Position „andere Gewinnrücklagen“ gebucht werden.

      Beispiel: Eine Aktiengesellschaft weist einen aktuellen Jahresüberschuss in Höhe von 2.020 Mio. € aus. An Dividenden sollen nach Vorstandsvorlage 350 Mio. € an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Die Bilanz hat die folgende Eigenkapitalstruktur:

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      Wie verändert sich die Eigenkapitalstruktur für das aktuelle Geschäftsjahr?

      Lösung: Das gezeichnete Kapital und die Kapitalrücklage bleiben unberührt, da diese sich ausschließlich im Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung (Beteiligungsfinanzierung als Außenfinanzierung mit Eigenkapital) verändern, nicht aber bei Thesaurierungsvorgängen (Innenfinanzierung).


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