Controllingorientiertes Finanz- und Rechnungswesen. Markus W. Exler

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bis 2009 bzw. 2010 könnten Positionen angesetzt worden sein, die vor der Bilanzrechtsreform (BilMoG) gesondert vor dem Anlagevermögen ausgewiesen wurden, wie entstehende Kosten, die dem Unternehmen in der Gründungsphase im Zusammenhang mit dem Aufbau des Betriebes für die Ingangsetzung und die Erweiterung entstanden sind. Diese durften, sofern sie nicht ohnehin bilanzierungspflichtig sind, auch als handelsrechtliche Bilanzierungshilfe aktiviert werden. Die Position „Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweite­rung des Geschäftsbetriebs“ wurde vor dem Anlagevermögen in der Bilanz gebucht und in jedem Geschäftsjahr mit mindestens 25 % durch Abschreibungen zu tilgen.

      Auch vor dem Anlagevermögen gesondert anzusetzen waren im Falle ausstehender Einlagen der Gesellschafter die weitere Aktivposition „Ausstehende Einlagen“. Weitere Sonderpositionen wären „Eingeforderte, noch nicht eingezahlte Einlagen“ nach (§ 272 Abs. 1 Satz 3 HGB), „Ausleihungen und Forderungen gegenüber GmbH-Gesellschaftern“ (§ 42 Abs. 3 GmbHG) sowie „Eingeforderte Nachschüsse“ (§ 42 Abs. 2 GmbHG).

      3.3 Bilanzierung auf der Passivseite

      Während die Aktiva die Vermögensallokation aufzeigt, die für die Renditeerzielung und Liquiditätssicherung herangezogen wird, verdeutlicht die Passiva die strukturelle Zusammensetzung der Kapitalgeber. Es wird offen gelegt, ob das Unternehmen dominierend mit Eigentümer- oder mit Gläubigerkapital finanziert wird. Bei Letzterem ist auch die vertraglich festgelegte Fristigkeit für den Bilanzleser von Interesse. Die folgenden Ausführungen betreffen den formalen Ausweis im Jahresabschluss, bei dem zwar die handelsrechtlichen Ansatz- und Bewertungsvorschriften vorgestellt werden, die inhaltliche Diskussion soll aber über den Ansatz der internatio­nalen Rechnungslegungsvorschriften nach IFRS im Hinblick auf eine Controlling-Perspektive im Zusammenhang mit der Erstellung einer Plan-Bilanz erfolgen. Demzufolge wird insb. im Zusammenhang mit dem Vorstellen des Eigenkapitals die Interpretation eines wirtschaftlichen Eigenkapitals im Vordergrund der Betrachtung stehen. Die finanzwirtschaftliche Wirkungsweise der einzelnen Finanzierungsformen wird im Kapitel D. „Finanzwirtschaftliche Aspekte“ sehr ausführlich zum Gegenstand gemacht.

      3.3.1 Eigenkapital

      Nach dem IASB-Rahmenkonzept bzw. Framework (IASB, R.16 und R.49c) ist das Eigenkapital der nach Abzug aller Schulden verbleibende Restbetrag der Vermögenswerte des Unternehmens. Die Qualifizierung der Schulden wirkt sich direkt auf die Höhe des Eigenkapitals aus. Eine Unterteilung ist nicht verpflichtend (IAS 1.54), aber möglich (IASB, R.65). Demzufolge ist die Übernahme der Untergliederung nach dem handelsrechtlichen Ansatz nach § 266 Abs. 3 HGB zulässig. Die formale Zuordnung erfolgt auf der Basis des jeweiligen Rückzahlungskriteriums (IAS 32.17f) sowie der vertraglichen Ausstattungsmerkmale, während das HGB auf Basis der Befriedigungsrangfolge im Insolvenzfall entscheidet (§ 272 Abs. 1 HGB). Als Beispiele für eine differenzierte Betrachtungsweise des Ansatzes wären Hybridanleihen sowie Private Debt- bzw. Mezzanine-Finanzierungen genauso zu nennen wie die Einlagen stiller Gesellschafter, Gesellschafterdarlehen und Genussscheine. Die Frage der wirtschaftlichen Zugehörigkeit einzelner Kapitalformen ist im Besonderen insolvenzrechtlich von großer Bedeutung, wenn es um den Wertansatz in einer Überschuldungsbilanz geht.

      Beispiel: Ein eigentümergeführtes Unternehmen hat mit einem stillen Gesellschafter einen Vertrag über eine stille Gesellschaft abgeschlossen, die dem Gesellschafter eigentümerähnliche Kontroll- und Mitbestimmungsrechte zugesteht. Darüber hinaus liegt dem Unternehmen eine Rangrücktrittserklärung vor, dass die Ansprüche des stillen Gesellschafters im Fall einer Insolvenz erst nach allen Gläubigeransprüchen befriedigt werden.

      Ist eine Passivierung als Eigenkapital möglich und welchen Einfluss könnte diese Beteiligungsform auf das wirtschaftliche Eigenkapital haben?

      Lösung: Die handelsrechtliche Passivierung wird unter dem Fremdkapital vorgenommen. Bei Bonitätsprüfungen im Zusammenhang mit der Kreditgewährung von Banken wird es (zumindest anteilig) dem wirtschaftlichen Eigenkapital zugeordnet, was insb. bei der Bestimmung der Eigenkapitalquote eine wesentliche Rolle spielt. Vertragliche Bestandteile wären: Nicht kündbar von Seiten des Kapitalgebers, gewinnabhängiges Kapitalentgelt, nachrangiger Anspruch am Liquidationserlös, keine zusätzlichen Sicherheiten erforderlich sowie eine langfristige Kapitalgewährung. IFRS erfasst dieses Mezzanine-Kapital unter dem Eigenkapital, falls eine vorzeitige Kündigung durch den Kapitalgeber zweifelsfrei ausgeschlossen werden kann (IAS 32.17 f.).

      Eine eigenständische Wertermittlung gibt es, weder nach HGB noch nach IFRS, für das Eigenkapital nicht, sondern entsteht mit der Differenz aus den Vermögenswerten minus Schulden. Die für den Bilanzansatz relevante Eigenkapitalgröße ergibt sich ausschließlich über die Zubuchung des wirtschaftlichen Periodenerfolges. Dies können Jahresüberschüsse (Jahresfehlbeträge) sowie die Veränderungen der Gewinnrücklagen als Form der Innenfinanzierung sein. Das gezeichnete Kapital und die Kapitalrücklagen werden ausschließlich über die Beteiligungsfinanzierung bestimmt. Das schließt für das formal ausgewiesene Eigenkapital originäre Bewertungs­spielräume aus. Eine Besonderheit ist der mit Hilfe einer Unternehmensbewertung über eine Discounted-Cashflow-Methode (DCF) gerechnete Wert des Eigenkapitals, der sich aus der Summe diskontierter zukünftiger freier Cashflow-Größen abzüglich der Netto-Finanzverbindlichkeiten ergibt (vgl. Kapitel F.2.3 „Unternehmensbewertung“). Im Zusammenhang mit der Konzernrechnungslegung für konsolidierte Bilanzen ist dieser für die Ermittlung des Geschäfts- oder Firmenwertes von Bedeutung.

      Wird der Erwerb eigener Anteile (vgl. § 71 Abs. 1 AktG) durchgeführt, muss eine Ausschüttungssperre berücksichtigt werden, die sicherstellen soll, dass der Erwerb nicht zur Rückzahlung von Grund- bzw. auch Stammkapital oder derartiger offener Rücklagen führt, für die satzungsmäßige Rücklagen gelten. Mit dem Erwerb eigener Aktien, der auf 10 % des Grundkapitals begrenzt ist, wird häufig die vorhandene Liquidität genutzt, um Aktien für eine anstehende Akquisition zu erwerben. Da gleichzeitig an der Börse eine Nachfrage nach Aktien artikuliert wird, kann das auch durchaus den Aktienkurs des Unternehmens beflügeln. Eigene Anteile werden passivisch vom Eigenkapital gekürzt. Die Neuregelung nach § 272 Abs. 1a HGB sieht vor, dass

       „der Nennbetrag oder, falls ein solcher nicht vorhanden ist, der rechnerische Wert von erworbenen eigenen Anteilen in der Vorspalte offen von dem Posten „Gezeichnetes Kapital abzusetzen ist. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem Nennbetrag oder dem rechnerischen Wert und den Anschaffungskosten der eigenen Anteile ist mit den frei verfügbaren Rücklagen zu verrechnen. Aufwendungen, die Anschaffungskosten sind, sind Aufwand des Geschäftsjahres.“

       „Nach der Veräußerung der eigenen Anteile entfällt der Ausweis nach Absatz 1a Satz 1. Ein den Nennbetrag oder den rechnerischen Wert übersteigender Differenzbetrag aus dem Veräußerungserlös ist bis zur Höhe des mit den frei verfügbaren Rücklagen verrechneten Betrages in die jeweiligen Rücklagen einzustellen. Ein darüber hinausgehender Differenzbetrag ist in die Kapitalrücklage gemäß Absatz 2 Nr. 1 einzustellen. Die Nebenkosten der Veräußerung sind ein Aufwand des Geschäftsjahres“ (§ 272 Abs. 1b HGB).

      Grundsätzlich müssen nach IAS 32.18 für die eindeutige Zuordnung eines Finanzinstruments zum Eigenkapital die wirtschaftliche Substanz und die rechtliche Gestaltung übereinstimmen. Zwar kann eine formale Zuordnung gewährleistet sein, bei der Möglichkeit einer Kündigung ist es aber funktional eine Verbindlichkeit, also Fremdkapital. Da bei Personengesellschaften das von den Gesellschaftern zur Verfügung gestellte Kapital, aufgrund eines gesetzlichen Kündigungsrechts in den Gesellschafterverträgen, diesem Sachverhalt in aller Regel nicht entspricht, wurde das von den Gesellschaftern zur Verfügung gestellte Kapital als Fremdkapital ausgewiesen (IAS 32.17 f.). Die Neufassung des IAS 32 sieht vor, Finanzinstrumente, die mit einem Kündigungsrecht ausgestattet sind, wie dies bei Anteilen an einer Personengesellschaft anhand von § 132 HGB gesetzlich möglich ist, eine Ausnahme einzuräumen, wenn bestimmte Voraussetzungen wie beteiligungsproportionaler und nachrangiger Anspruch am Liquidationserlös,


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