Chronik von Eden. D.J. Franzen

Chronik von Eden - D.J. Franzen


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das etwa ... Nein, das konnte nicht sein, denn es würde bedeuten, das er tot wäre! Oder dass er eine Vision erlebte, etwas, das nur Heiligen vorbehalten blieb!

      »Keine Vision. Und nein, du bist nicht tot. Ich musste dich aber sehen, mit dir reden. Deshalb komme ich zu dir, mein Kind.«

      Ohne es beeinflussen zu können, sackte Stark im Traum auf die Knie, senkte den Blick und weinte leise vor Glück.

      »Mein Vater«, keuchte er. »Ob im Leben oder im Tod, mein Herz gehört dir für alle Ewigkeit.«

      »Patrick, du sitzt da einem Irrtum auf, wie ich vermute.«

      Stark sah im Traum auf.

      Die Lichtgestalt sah mit einer Mischung aus Amusement, Bedauern und tiefer Liebe auf ihn herab.

      »Ich bin nicht der große Vater aller Dinge. Ich bin Luzifer. Und du, Patrick Stark, bist mein liebstes Kind. Deshalb habe ich dich ...«

      Ein Schrei des Entsetzens kollerte in Starks Hals hoch, warf hohle Echos in den Hallen seiner Träume. Alle Sünden seines Lebens, egal ob groß oder klein, kamen ihm wieder zu Bewusstsein.

      Luzifer?

      Er war Luzifers liebstes Kind?

      Hatte Gott ihn verstoßen?

      Der Schrei endete einfach nicht, stieß Stark mit gnadenloser Gewalt immer weiter weg von der Lichtgestalt, zerrte ihn rücklings in den dunklen Gang des Vergessens.

      Luzifer! Der Gefallene Engel hatte ihn als sein liebstes Kind bezeichnet!

      Zitternd und in Schweiß gebadet erwachte Stark. Er starrte in das dunkle Zimmer und versuchte die letzten Fetzen seines Traums, die sich wie dunkle Lumpen alten Tuchs um seinen Geist gelegt hatten, abzuschütteln.

      Vorsichtig sah er sich um.

      Er war alleine.

      Martin war offenbar aufgestanden. Gut. Mit zitternden Fingern griff Stark unter seine Jacke, holte einen kleinen Flachmann hervor und nahm einen tiefen Zug.

      Gott hatte sich von ihm abgewandt.

      Wer mochte seiner Seele jetzt noch gnädig sein?

      Kapitel XII - Dunkler Ruf

      Frank stand reglos in der Dunkelheit und lauschte. Sie waren hier, seine Soldaten. Aber es waren zu wenige, als dass er seine Aufgabe mit ihnen erledigen könnte. Gabriel war zwar weg, aber Frank war sich sicher, dass der dunkle Mann ihn weiterhin beobachtete. Frank wollte nicht noch einmal den Fehler begehen, und die Kinder unterschätzen.

      Oder Sandra.

      Die Schmerzen, die ihm Gabriel zufügen konnte, wollte er auch nicht noch einmal erleben. Ein röchelndes Seufzen rollte seinen Hals hoch.

      Frank sehnte sich nach Frieden.

      Aber hatte er den denn nicht?

      Er spürte keine Kälte, keinen Hunger, und die Erinnerungen an sein altes Leben taten ihm nicht mehr so weh, wie noch vor Kurzem. War das nicht eine ganz eigene Art von Frieden? Es gab keine Sorgen mehr um solch profane Dinge wie dem nächsten Gehaltsscheck, dem nächsten Sex, Krankheiten oder sogar dem Tod. Das alles war für ihn entrückt und unwichtig geworden wie lästige Fliegen, die man mit einem nachlässigen Wedeln der Hand verscheuchte, um sich wichtigeren Dingen zuwenden zu können. Nur noch das schwache Rauschen von Erinnerungen, Fetzen von uralten Radiosendungen gleich, die man vielleicht irgendwo in der Leere des Alls noch empfangen mochte.

      Frank spannte seinen verbrannten und untoten Körper unbewusst an. Im Grunde war er wie ein kleiner Gott. Er konnte über die tumben Hüllen der anderen Untoten gebieten, sie wie die Lemminge in ein Feuer laufen, oder sie einen schwankenden Walzer tanzen lassen. Er würde ewig leben, gefangen in diesem Nimbus zwischen wahrem Leben und echtem Tod.

      Ein bitteres Lächeln breitete sich unter dem Tuch über seinem Gesicht aus. Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen der Konzentration und des eisernen Willens. Langsam trat Frank aus dem Schatten des Hauses in das Licht der Sterne und sah zum Himmel. Dichte Wolken zogen über ihn hinweg. Die letzten Ausläufer der Brände, mit denen Köln desinfiziert worden war.

      Er sah sich um.

      Hier war nicht mehr viel zu holen für ihn. Die Untoten hatten sich in diesem kleinen Ort zu weit verstreut, als dass er sie schnell genug zusammenrufen konnte.

      Wo wollte Sandra hin?

      Wo würde sie glauben, Hilfe finden zu können?

      Frank beschloss, sich auf seinen Instinkt zu verlassen. Vorsichtig ließ er seinen Geist in den Äther hinausgreifen, spürte die knirschenden und dunklen Gedankenfetzen der anderen. Irgendwo musste er schließlich beginnen. Warum also nicht hier?

      Langsam ging er der Straße entlang, ließ seinen unhörbaren Ruf durch den Äther der Gedanken erklingen. Untote, die vorher noch ziellos umher gelaufen waren, hielten inne, sahen sich verständnislos um ... und folgten seinem dunklen Ruf.

      Frank, der General des dunklen Mannes, sammelte seine Truppen.

      Kapitel XIII - Der Zug der Vergessenen

      Es versprach ein schöner Tag zu werden. Die Sonne kämpfte sich durch die letzten Ausläufer der Qualmwolken, die von Köln aus über den Himmel zogen.

      Sandra, Martin, Pfarrer Stark und die Kinder hatten sich vor dem Haus versammelt. Sandra hielt ihre Waffe gesenkt, war aber jederzeit bereit zu schießen, sollte sich einer der Untoten zeigen. Stark hielt seinen selbstgebauten Morgenstern lässig in der Hand. Er hatte Martin seinen Plexiglasschild gegeben, mit dem er die Kinder schützen sollte.

      »Sollen wir eine bestimmte Marschordnung einhalten?«, fragte Martin. Sein Blick glitt skeptisch über die trügerische Idylle des Morgens.

      Sandra nickte, ohne ihn anzusehen.

      »Ja. Ich gehe als Erste. Patrick wird unsere rechte Flanke sichern. Die Kinder gehen in der Mitte und du, Martin, sicherst die linke Seite.«

      Martin seufzte verhalten. Es gefiel ihm nicht, die relative Sicherheit des Hauses zu verlassen. In den zwei Rucksäcken der Gruppe befand sich nur noch Munition. Ihre letzten Notrationen waren für ein karges Frühstück draufgegangen, und Trinkwasser würde ebenfalls ein Problem werden.

      »Ich finde immer noch, wir sollten nicht zu Fuß gehen«, murmelte er leise. Sandra sah ihn über die Schulter an. »Kannst du einen LKW reparieren? Nein? Dann wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben. Außerdem macht so ein Ding Lärm.«

      »Und wie sollen wir unsere Vorräte tragen?«

      Sandra schüttelte den Kopf und ging langsam auf die Straße zu, die sie nach Königsdorf führen würde.

      »Erstmal sollten wir Essen und Wasser finden. Wenn es soweit ist, können wir uns immer noch Gedanken darüber machen.«

      Martin holte Luft, als sich eine kleine Hand in seine schob. Verblüfft sah er herab. Gabi lächelte mit einer Heldenverehrung zu ihm auf, dass es ihn beinahe schon schmerzte.

      »Das ist wie ein Ausflug«, sagte sie. »Das buchstabiert man A-U-S-F-L-U-G.«

      Eine Hand legte sich schwer auf Martins Schulter.

      »Sandra hat Recht«, sagte Stark. »Hier können wir nicht bleiben. Und ich glaube, die Kinder können mehr verkraften und leisten als wir ihnen zutrauen.«

      Martin runzelte die Stirn. Glaubte der Pfarrer vielleicht doch an das, was Sandra gestern Abend als Hirngespinst abgetan hatte? Und roch er da etwa eine Fahne im Atem des Pfarrers? Stark nickte in Richtung Ortschaft.

      »Und jetzt sollten wir los, bevor Sandra uns allen davonläuft. Wenn diese Frau sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann zieht sie es auch durch.«

      Stark wandte sich von Martin ab und folgte Sandra, die schon ein gutes Stück voraus war. Mit einem letzten Blick auf die Kinder nickte Martin.

      »Also gut. Ihr


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