Resilienz. Linda Graham
ganz besonderen Ort führt. Das ist Ihr sicherer Ort.
3. Gehen Sie den Weg entlang. Bemerken Sie beim Gehen, was Sie sehen, hören, riechen und alles andere, was Sie erleben.
4. Sie kommen jetzt zu einem Ort, der Ihr sicherer Ort ist. Es mag eine Wiese sein, ein Häuschen, ein Lieblingszimmer zu Hause, ein Hofgarten oder ein Tisch in einem Café zusammen mit einer Freundin – jeder Ort, der nur für Sie persönlich ein besonderer Ort ist. Erlauben Sie sich, zu Ihrem sicheren Ort herüberzugehen und ihn zu betreten.
5. Nehmen Sie sich Zeit und schauen Sie sich um: Bemerken Sie alles, was Ihnen hilft, sich hier sicher und wohlzufühlen. Entspannen Sie sich und genießen Sie es, hier zu sein. Genießen Sie das Gefühl von Selbstvertrauen und innerer Stärke, das Ihr sicherer Ort Ihnen vermittelt.
6. Wenn Sie möchten, setzen Sie sich im Geist hin. Fügen Sie diesem Ort all das hinzu, was Sie sich sicherer und wohler fühlen lässt. Entfernen Sie alles Unerwünschte. Sie können alles verändern, was Sie wollen. Und dann entspannen Sie sich einfach, fühlen Sie sich wohl, genießen Sie Ihren sicheren Ort. Erlauben Sie sich einen Moment der Dankbarkeit, dass es Ihren sicheren Ort gibt und dass Sie sich hier jederzeit sicher fühlen können.
7. Wenn es Zeit ist, zu gehen, stellen Sie sich vor, Sie stehen auf, bedanken sich bei diesem Ort dafür, dass es ihn gibt, und dann gehen Sie denselben Weg wieder zurück, der Sie hierher gebracht hat, bis Sie am Tor ankommen, es durchschreiten und sich umdrehen, um es zu schließen. Ihr sicherer Ort ist auf der anderen Seite, aber Sie wissen, Sie können jederzeit dorthin zurückkehren.
8. Üben Sie dieses Aufrufen Ihres sicheren Ortes in gewöhnlichen und stressfreien Momenten, damit der Ort dann zur Verfügung steht, wenn das Leben Ihnen eine Breitseite verpasst. Erkennen Sie an, dass Sie auf die Neuroplastizität Ihres Gehirns zugreifen können, um neue und kompetente Bewältigungsressourcen aufzubauen.
Ihr sicherer Ort wird sich womöglich mit der Zeit ändern, das ist ganz normal. Wenn Sie diese Übung machen, wird Ihr Gehirn lernen, Zufluchtsorte und Ressourcen zur Bewältigung von Situationen immer dann zu schaffen, wenn Sie sie benötigen.
Ebene 2: Pannen und Kummer, Unruhen und Stürme
Als mein 80-jähriger Vater einen Schlaganfall hatte, der eine Einweisung ins Krankenhaus und danach in ein Pflegeheim erforderte, schnellte mein Stressniveau so in die Höhe, dass mein höheres Gehirn wirklich keine guten Dienste leistete. Mein Meditationslehrer Howie Cohn schlug vor, einfach innezuhalten, ruhig auf dem Bett zu liegen und sämtliche körperlichen Empfindungen in mein Gewahrsein zu lassen, sie aber nicht mit Was-wäre-Wenn-Geschichten anzustacheln. Er riet mir, sie noch nicht einmal als Angst, Panik oder Terror zu identifizieren, sondern die Körperempfindungen einfach nur sein zu lassen. Sie mochten unangenehm, beunruhigend oder beängstigend sein, aber sie würden nichts weiter tun, als nur da zu sein.
Ich übte, die Unruhe in meinem Brustkorb zu bemerken, die Enge um mein Herz, die Anspannung im Kiefer, ohne zu versuchen, sie zu verändern oder zu beheben. Nur mit den Empfindungen zu sein schuf den Raum für sie, sich zu lösen und selber zu verlagern. Natürlich löste diese Verlagerung nicht die Gesundheitsprobleme meines Vaters. Sie half mir aber dabei, nicht meinen eigenen Notfall über diesen Notfall zu erzeugen. Ich war in der Lage, zu meinem gewohnten Gut-genug-Zustand zurückzukehren und von dort aus kluge Entscheidungen zu treffen.
ÜBUNG 2–20: BERUHIGEN, BESÄNFTIGEN, ZULASSEN45
Diese Übung hilft Ihnen dabei, auf eine Art weites Gewahrsein zurückzugreifen, welches es ermöglicht, dass alles Beunruhigende für Ihr Nervensystem und damit für Ihr Funktionieren aufkommt, anerkannt wird, dort ein wenig bleibt und dann weiterzieht.
1. Finden Sie eine angenehme Position im Sitzen oder Liegen. Schließen Sie die Augen und atmen Sie dreimal sanft ein und aus. Fühlt man sich körperlich in einer bestimmten Position wohl, dann hilft das, schwierige Empfindungen oder Emotionen besser zu bewältigen, wenn sie im Körper aufsteigen.
2. Legen Sie Ihre Hand kurz aufs Herz, um sich daran zu erinnern, dass Sie in diesem Moment gegenwärtig und sicher sind und dass Sie es wert sind, Güte zu erfahren.
3. Identifizieren Sie in der Weite dieses gütigen Gewahrseins die Situationen und Umstände, die Sie jetzt ins Ungleichgewicht bringen und Ihr Wohlbefinden gefährden, und lassen Sie sie in Ihr Gewahrsein eintreten.
4. Bemerken und identifizieren Sie, welche Emotionen von diesen Umständen ausgelöst werden – vielleicht sind es Angst, Wut, Traurigkeit, Einsamkeit oder Scham.
5. Richten Sie Ihr Gewahrsein nun ganz und gar auf die von diesen Umständen ausgelösten Körperempfindungen. Lassen Sie die Geschichte los. Lassen Sie die Emotionen los. Konzentrieren Sie sich nur auf das Erleben dieser Empfindungen. Sie können sie mit sanfter, warmer, verständnisvoller Stimme benennen, so, als erkannten Sie die Gefühle einer Freundin an: »Das ist Anspannung«, »Das ist Enge«, »Das sind Schmerzen«.
6. Weiten Sie Ihr Gewahrsein auf Ihren Körper als Ganzes aus. Scannen Sie Ihren Körper nach Stellen, an denen Sie sich dieser schwierigen Empfindungen am meisten bewusst sind. Suchen Sie sich eine einzige Stelle aus, an der Sie diese Empfindung am meisten spüren, vielleicht in Form von angespannten Muskeln. Neigen Sie Ihr Gewahrsein sanft zu dieser Stelle.
7. Beruhigen Sie nun die Muskeln, die diese Empfindung tragen, so, als ob Sie die schmerzenden Muskeln mit Hitze behandelten. Beruhigen … beruhigen … beruhigen. Sie versuchen nicht, die Empfindungen zum Verschwinden zu bringen, sondern Sie halten sie in einer sanften Umarmung.
8. Wird das Unbehagen angesichts dieser Empfindung zu groß, dann richten Sie Ihr Gewahrsein auf die Empfindung des Atems. Sind Sie ruhiger geworden, können Sie es noch einmal versuchen. Wenn es leichter für Sie ist, dann können Sie auch nur den Rand der Empfindung beruhigen. Sie müssen nicht vollständig in die Empfindung eintauchen.
9. Schenken Sie sich nun einige besänftigende Worte und Trost, während Sie mit diesen Empfindungen kämpfen. »Ach, das ist schwer. Das ist wirklich unangenehm. Möge ich in diesem Moment gütig zu mir selber sein. Möge ich diesen Moment, diese Empfindungen so akzeptieren, wie sie sind. Möge ich sie in liebendem Gewahrsein halten.« Besänftigen … besänftigen … besänftigen.
10. Dann lassen Sie zu, dass das Unangenehme dieser Empfindungen hier ist. Lassen Sie den Wunsch los, das Unangenehme möge verschwinden. Lassen Sie zu, dass das Unangenehme kommt und geht, wie es mag, wie ein Gast in Ihrem Haus. Zulassen … zulassen … zulassen.
11. Beruhigen, besänftigen, zulassen. Wiederholen Sie diese Worte wie ein Mantra und halten Sie das Unangenehme der Empfindungen in der größeren Weite Ihres Gewahrseins.
Während Sie es zulassen, dass die Empfindungen in Ihrem Körper einfach da sind, und Ihrer Erfahrung mit entspannter Güte und Neugier begegnen, werden sämtliche Gefühle der Anspannung oder Enge einfach von selber schwächer werden und weiterziehen.
ÜBUNG 2–21: FOKUSSIEREN (nach einer Übung von Ann Weiser Cornell)46
Fokussieren ist das sanfte, akzeptierende Hören auf den eigenen Körper und die Botschaften des inneren Selbst.
1. Suchen Sie sich einen Platz, an dem Sie bequem und ungestört, mit einer Stütze, ungefähr zwanzig Minuten sitzen können. Finden Sie eine angenehme Position. Schließen Sie die Augen, wenn Sie möchten.
2. Nehmen Sie sich etwas Zeit, um sich Ihres ganzen Körpers hier und jetzt bewusst zu werden. Sie nehmen vielleicht Ihre Hände wahr und das, was sie berühren. Nehmen Sie Ihre Füße wahr und das, was sie berühren. Spüren Sie den Kontakt Ihres Körpers zum Platz, auf dem Sie sitzen. Erlauben Sie sich, in die Stütze hineinzusinken. Werden Sie sich Ihres Atems bewusst.
3. Richten Sie Ihr Gewahrsein allmählich nach innen und fokussieren Sie es auf das Körperinnere, samt Kehle, Brustkorb, Magen und Bauch. Lassen Sie einfach das Gewahrsein ankommen und sich dort niederlassen.
4. Fragen Sie sich nun still: »Gibt es irgendetwas in meinem Körper, in meinem Leben, das sich falsch anfühlt oder unangenehm?« Warten Sie, bis Sie eine Gefühlsantwort erhalten. Lautet die Antwort Nein und alles fühlt