Resilienz. Linda Graham

Resilienz - Linda Graham


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2–4: UMARMUNGEN

      Eine warmherzige Umarmung mag für Sie keine neue Übung sein, aber manchmal vergessen wir, wie nachhaltig sie unsere angespannten Nerven beruhigt.

      1. Identifizieren Sie Menschen oder Tiere in Ihrem Leben, die Sie gerne umarmen oder um eine Umarmung bitten können. (Ich habe mir den Hund meiner Nachbarin für diese Zwecke mehr als einmal ausgeliehen.)

      2. Umarmen Sie diesen Menschen oder dieses Tier mit Ihrem ganzen Körper zwanzig Sekunden lang. Zwanzig Sekunden (ungefähr drei Atemzüge) reichen, um Oxytocin in beiden Umarmenden auszuschütten, wenn es ein Gefühl der Sicherheit und des Vertrauens gibt. Es schafft für beide einen sich selbst verstärkenden Kreislauf der Bindung und der Zugehörigkeit.

      3. Wiederholen, wiederholen und nochmals wiederholen – mit so vielen verschiedenen Mitmenschen und Tieren, die Sie gerne umarmen, und so oft Sie sich daran erinnern.

      Umarmungen sind eine »Wenig-und-oft«-Übung par excellence für Ihr Nervensystem. Mit jeder Umarmung werden Sie entspannter und offener und Sie bleiben entspannter und offener, während Sie Ihrem Tag nachgehen. Sie stärken die neuronalen Leitungsbahnen Ihres auf soziale Kontakte ausgerichteten Systems auf die bestmögliche Weise.

      Nervenzellen sind Teil der Struktur Ihres Herzens. Warmherzige, sichere Berührungen aktivieren diese Neuronen. Ihr Körper spürt die beruhigende Energie Ihres auf soziale Kontakte ausgerichteten Systems.

      ÜBUNG 2–5: DAS HERZZENTRUM ANKURBELN

      1. Bitten Sie jemanden, in deren Nähe Sie sich sicher fühlen, neben Ihnen zu sitzen.

      2. Legen Sie die Hand auf Ihr Herz. Bitten Sie die andere, ihre Hand gleichzeitig sanft auf Ihren mittleren Rücken zu legen, in der gleichen Höhe wie Ihre eigene Hand. Sie können die Energieverlagerung dieser Übung auch erleben, indem Sie sich das Gefühl der Verbindung zu einem anderen Menschen ins Gedächtnis rufen, während Sie sich an ein Kissen lehnen und auf einer festen Couch oder einem Stuhl sitzen.

      3. Atmen Sie ruhig ein und aus. Spüren Sie die sichere Energie in der Mitte Ihres Rumpfes. Entspannen Sie sich in diese Leichtigkeit und Geborgenheit eines aktiven auf soziale Kontakte ausgerichteten Systems.

      4. Nach ein oder zwei Minuten können Sie sich mit Ihrem Übungspartner abwechseln, wenn Sie möchten.

      Das auf soziale Kontakte ausgerichtete System ist nonverbal. Eine warmherzige, sichere Berührung vermittelt Sicherheit und führt das Nervensystem zurück zur Ruhe, auch ohne Worte.

      ÜBUNG 2–6: HAND AUFS HERZ

      Dieses Werkzeug ist so wirksam, dass eine Panikattacke in weniger als einer Minute beruhigt werden kann.

      1. Legen Sie Ihre Hand aufs Herz. Atmen Sie ruhig, langsam und tief in diesen Herzbereich hinein. Wenn Sie möchten, dann können Sie ein Gefühl der Leichtigkeit und Sicherheit oder der Güte in dieses Herzzentrum hineinatmen.

      2. Erinnern Sie sich an einen einzigen Moment, in dem Sie sich sicher und von einem anderen Menschen geliebt und geschätzt fühlten. Versuchen Sie nicht, sich an die ganze Beziehung zu erinnern, denken Sie nur an einen einzigen Moment. Das kann eine Partnerin oder ein Partner, ein Kind, ein Freund oder eine Freundin, ein Therapeut oder eine Lehrerin oder eine spirituelle Persönlichkeit sein. (Sich an einen liebevollen Moment mit einem Tier zu erinnern funktioniert ebenfalls.)

      3. Während Sie sich diesen Moment der Sicherheit, Liebe und Wertschätzung ins Gedächtnis rufen, erlauben Sie sich, die damit verbundenen Gefühle zu erleben. Lassen Sie Ihren Körper von den Empfindungen dieses Moments überschwemmen. Verweilen Sie mit diesen Gefühlen zwanzig oder dreißig Sekunden. Bemerken Sie, ob sich Leichtigkeit und Sicherheit instinktiv vertiefen.

      4. Wiederholen Sie diese Übung am Anfang mehrmals am Tag, um die neuronalen Schaltkreise dieses Erinnerungsmusters zu stärken. Danach können Sie sie jederzeit wiederholen, wenn Sie diese Übung benötigen.

      Sich an einen Moment zu erinnern, an dem Sie sich sicher und von einem anderen Menschen oder einem Haustier geliebt und geschätzt fühlten, aktiviert das soziale Vagus-System und versichert Ihnen, dass Sie in der Tat sicher sind, dass Sie dazugehören und dass Sie willkommen sind. Ihr Blutdruck sinkt und Ihre Herzfrequenz stabilisiert sich. Sie kehren zu dem Gefühl der Sicherheit zurück, das aus dem Gefühl von Verbindung und Zugehörigkeit zu sicheren anderen Menschen erwächst, auch dann, wenn Sie alleine sind.

      Sie können diese Bindung und Zugehörigkeit, dieses Gefühl der »Ruhe und Verbindung«, selbstverständlich auch dann erleben, wenn Sie sich in Gesellschaft anderer Menschen befinden, denen Sie vertrauen und in deren Nähe Sie sich sicher fühlen. Sie aktivieren ebenfalls die Ausschüttung von Oxytocin immer dann, wenn Sie sich an solche Momente erinnern oder sie sich einfach nur vorstellen. Ich empfehle, diese Übung immer dann zu machen, wenn Sie die ersten Anzeichen von Unruhe und Verunsicherung bemerken. Mit mehr Übung werden Sie aus einer schwierigen emotionalen Reaktion heraustreten können, bevor diese Sie vollständig einnimmt. Üben Sie sie mindestens fünfmal pro Tag eine ganze Woche lang, um Ihr Gehirn darin zu trainieren, auf diese neue Art zu reagieren. Sie ist, wenn Sie so wollen, mobiles Gleichgewicht.

      ÜBUNG 2–7: EINEN MOMENT DER VERBINDUNG GENIESSEN35

      Anmerkung: Diese Übung funktioniert auch inmitten von überwältigenden Problemen oder Tragödien sehr gut.

      1. Bitten Sie eine gute Freundin (oder eine Therapeutin Ihres Vertrauens), bei dieser Übung zu assistieren. Setzen Sie sich in angenehmer körperlicher Nähe einander gegenüber. Lächeln Sie sich offen und freundlich an und halten Sie dabei Blickkontakt.

      2. Spüren Sie in sich Sorge um das Wohlergehen der anderen und Fürsorge für sie und zeigen Sie das in Ihrem Gesicht. Lassen Sie sich selber spüren, dass dem Gegenüber Ihr Wohlbefinden auch wichtig ist. Nehmen Sie dessen Fürsorge in seinem Gesicht wahr.

      3. Genießen Sie das Gefühl der Entspannung in der Verbindung zueinander. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit 30 Sekunden lang auf diese Erfahrung und lassen Sie die Gefühle tiefer werden. Spüren Sie die gefühlte Wahrnehmung dieser Entspannung im Körper.

      Verbindung zu genießen ist eine neuronale Übung, die die Leitungsbahn des Bauch-Vagus nutzt, welche eine Ressource von Sicherheit und damit Resilienz in Ihrem Gehirn produziert. Der Vorgang des Genießens gibt Ihrem Gehirn die Zeit, die es braucht, um eine positive Erfahrung in positive Gefühle umzuwandeln.

      Ebene 3: Zu viel

      Manchmal trifft uns das Leben hart. »Falle sieben Mal hin, stehe acht Mal auf.« So lautet ein inspirierendes japanisches Sprichwort. Aber es ist nicht immer einfach, von einem Trauma oder mehreren Traumata oder einem ganzen Leben voller Traumata wieder auf die Beine zu kommen. Hat man Sie über Bord geworfen und Sie benötigen Hilfe, um wieder ins Boot zu klettern, dann ist es besonders wichtig, Ihr auf soziale Kontakte ausgerichtetes System zu stärken und zu nutzen, um Zuflucht und Ressourcen in sicheren Verbindungen mit anderen Menschen zu finden.

      ÜBUNG 2–8: GLEICHMUT FÜR ZWEI36

      Jeder Atemzyklus trainiert sanft den Regulierungsrhythmus Ihres sozialen Vagus. Das Einatmen aktiviert den Sympathikus und fördert soziale Kontakte und Verbindung. Das Ausatmen aktiviert den Parasympathikus und ruft ein Gefühl des Wohlbefindens hervor. In dieser Übung synchronisieren Sie Ihren Atem mit dem Ihres Gegenübers, um der Übung Verbundensein hinzuzufügen.

      1. Ihre Übungspartnerin liegt mit geschlossenen Augen bequem auf dem Boden. Sie sitzen in bequemer Haltung daneben. Kommen Sie in ein Gefühl, mit diesem Menschen im Hier und Jetzt gegenwärtig zu sein.

      2. Legen Sie eine Hand auf die Hand oder den Unterarm Ihrer Übungspartnerin und die andere auf deren Scheitel. Ihre Partnerin atmet langsam und tief.

      3. Beginnen Sie damit, Ihren Atem mit ihrem Atem zu synchronisieren. Atmen Sie einfach zwei oder drei Minuten lang gemeinsam und achten dabei darauf, wie die Lebenskraft des Atems in Ihren Körper und den Ihrer Übungspartnerin ein- und wieder aus ihm austritt.

      4. Nach zwei bis drei Minuten tauschen Sie die Rollen.

      Durch Wiederholung


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