Mindful Parenting. Susan Bögels
sowie bei den externalisierenden Störungen ihrer Kinder (mittlere Effektstärke). In Bezug auf die elterliche Psychopathologie wurde, wiederum nur in der Follow-up-Erhebung, eine signifikante Abnahme der internalisierenden und externalisierenden Probleme deutlich (mittlere Effektstärke).
Im Evaluationsfragebogen bewerteten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Training äußerst positiv. Alle teilnehmenden Eltern (100 %) beurteilten Mindful Parenting als wertvoll und berichteten, dass sie ihren Lebensstil, die Interaktion mit dem Kind bzw. der Familie oder ihr Erziehungsverhalten geändert hätten, dass sich ihr Verhältnis zu ihren Emotionen, Kognitionen und Handlungstendenzen im Erziehungskontext verändert habe und dass sie beabsichtigten, weiterhin zu meditieren und weiterhin Achtsamkeit in der Erziehung zu praktizieren. Von den 14 Befragten beurteilten 13 das Training als tauglich zur Bewältigung ihres elterlichen Alltags. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gaben an, durchschnittlich fünfmal wöchentlich geübt zu haben.
Auf einer zehnstufigen Skala bewerteten sie den Kurs insgesamt mit 9,1 und die Wichtigkeit der verschiedenen Kurselemente wie folgt: Bei den formalen Meditationsübungen erhielt der Drei-Minuten-Atemraum die höchste Bewertung (9,4), gefolgt von Sitzmeditation (8,4), Body-Scan (7,9), Yoga (5,9) und Gehmeditation (5,6). Das bedeutet nicht zwingend, dass die niedriger bewerteten Übungen insgesamt unwichtiger waren, denn einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer stuften sie als wichtig ein (7 der 14 Befragten vergaben einen Wert zwischen 7 und 9 für die Yoga-Elemente und 5 einen Wert von 7 bis 8 für die Gehmeditation), zudem haben Elemente wie Yoga und Gehmeditation unter anderem den Zweck, die Meditationspraxis möglichst vielfältig zu gestalten. Hinzu kommt, dass für Yoga und Gehmeditation insgesamt weniger Zeit vorgesehen war als für die anderen Meditationsformen, von daher könnte die Einstufung auch die relative Bedeutung widerspiegeln, die wir als Kursleiterinnen diesen Praxiselementen gaben.
Von den behandelten Themen fanden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Achtsamkeit im (Eltern-)Alltag (8,5), Bewusstsein für Muster und Schemata im Erziehungsverhalten (8,4), sowie Selbstmitgefühl und Metta (8,1) sehr wichtig – mit Ausnahme einer Person, die Mitgefühl und Metta mit „1“ bewertete, mit der Begründung, dies sei nicht jedermanns Sache. Sogenannte Backdraft-Effekte der Liebende-Güte-Meditation werden in Kapitel 4 und im Kontext von Sitzung 7 erörtert. Von den Arbeitsformen erhielten die Gruppengespräche und die psychoedukativen Einheiten (8,4), die Tagebuchblätter zum Ausfüllen (7,4) und das Lesen der Arbeitsblätter (7,1) die höchsten Bewertungen.
Ein Vergleich der Ergebnisse der dritten Studie mit den Resultaten der beiden ersten Studien ist schwierig, da die Stichprobe der dritten Studie nur aus einer einzigen Gruppe bestand. Insofern können wir Selektionseffekte oder Effekte spezifischer Gruppenprozesse auf die Ergebnisse nicht ausschließen. Für sich betrachtet sind die Resultate der jüngsten Studie vielversprechend: Erstens bewerteten die teilnehmenden Eltern das neue Kursformat im Rahmen der Programmevaluation mit einer Gesamtnote von 9,1 als sehr gut, zweitens ergaben sich auch beachtliche Effekte, d. h. positive Veränderungen mit hohen Effektstärken bei der elterlichen Stressbelastung, elterlicher Reaktivität, Achtsamkeit im Erziehungskontext, allgemeiner Achtsamkeit und elterlicher Erfahrungsvermeidung. Vielversprechend sind schließlich auch die positiven Effekte des Kurses auf die elterliche und kindliche Psychopathologie, die erst zwei Monate nach Kursende erkennbar waren. Solche verzögerten Interventionseffekte bei zentralen Outcome-Maßen werden in der Präventionsforschung „Schläfereffekte“ genannt. Sie deuten darauf hin, dass Mindful Parenting wie ein Same, der nach einiger Zeit aufgeht, langfristig positiv auf die seelische Gesundheit von Kindern und Eltern wirkt.
3.4Schlussfolgerungen und Ausblicke auf die zukünftige Forschung
Die drei hier geschilderten Studien zeigen, dass Mindful Parenting im Kontext der kommunalen kinderpsychiatrischen Versorgung gut angenommen wird – darauf lassen eine extrem niedrige Dropout-Rate und die sehr positive Programmevaluation durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer schließen. Außerdem konnte gezeigt werden, dass Mindful Parenting klinisch signifikante und nachhaltige Effekte auf ein breites Spektrum von Erziehungsmaßnahmen, der Achtsamkeit und der kindlichen und elterlichen Psychopathologie hat. Das neue Programm, das in diesem Buch vorgestellt wird, erscheint sogar noch wirksamer als das ursprüngliche, auch wenn wir derzeit mit Vergleichen noch sehr vorsichtig sein müssen, da wir das neue Programm nur in einer einzigen Pilotgruppe evaluieren konnten und deshalb nicht ausschließen können, dass die Selektion von Eltern, Kindern, Lehrern oder andere Aspekte dieser einen Gruppe, etwa die Gruppenkohäsion, die Ergebnisse beeinflusst haben.
Der wichtigste nächste Schritt wäre, Eltern nach dem Zufallsprinzip entweder einem Mindful-Parenting-Kurs oder einem nachweislich wirksamen Elterntraining wie dem Parent-Management-Training zuzuweisen, um die Effekte beider Ansätze zu vergleichen. Eine interessante Forschungsfrage wäre auch, ob manche Eltern stärker von Mindful Parenting profitieren, während sich bei anderen das Parent-Management-Training als wirksamer erweist. Ein anderer, vielleicht kreativerer Weg, sich dieser Frage zu nähern, wäre, zu untersuchen, welche Eltern sich selbst für einen Mindful-Parenting-Kurs entscheiden oder dafür ausgewählt werden und welche Eltern das Parent-Management-Training bevorzugen oder dafür ausgewählt werden. Außerdem könnte eine Kombination aus Mindful Parenting und Parent-Management-Training getestet werden, insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob es besser ist, zuerst einen Mindful-Parenting-Kurs und anschließend das Parent-Management-Training zu besuchen, oder umgekehrt. Um zu evaluieren, ob sich die subjektiv berichteten Effekte auch in objektiv messbaren Veränderungen niederschlagen, ist die Einbeziehung weiterer Informationsquellen (z. B. Kind, Lehrer, nicht am Programm teilnehmender Elternteil) und objektiver Messinstrumente (z. B. das beobachtete Elternverhalten) sinnvoll. Langzeit-Follow-ups sind notwendig, um die Hypothese zu überprüfen, dass Mindful Parenting das Leben tatsächlich auf eine tiefgreifende Weise verändern kann, wie manche der Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer berichten (s. Sitzung 8 und Kapitel 14). Möglicherweise werden solche Lebensveränderungen erst mit der Zeit erkennbar.
TEIL 2
Mindful Parenting: Der Acht-Wochen-Kurs
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