EINSICHT in UNerhörtes. Dr. Manfred Nelting

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mit der Mutter und ihrer im Uterus ankommenden Stoffwechsel- und Erlebniswelt. Auf dieser Grundlage kommuniziert das Baby mit der Mutter weiter.

      In Baby-Videos über die Kommunikation von Baby und Mutter, dem Baby-Talk, wie einige sagen, hat man festgestellt, dass beide meist etwa den gleichen Anteil an der Kommunikation haben. Mal sagt das Baby etwas und die Mutter wendet sich zu und antwortet, dann nimmt sich einer der beiden eine Pause und wendet sich kurz ab, mal sagt die Mutter etwas und das Baby wendet sich zu.

      Das können die Babys, der Frankfurter Psychoanalytiker Martin Dornes hat sie folgerichtig „kompetente“ Säuglinge (sein Buch: „Der kompetente Säugling“) genannt. Und sie brauchen diese Kommunikation (über einen diesbezüglichen Mangel später).

      Im Baby-Talk ist es dabei übrigens sehr wichtig, dass eine Aktivität des Babys prompt beantwortet wird, da es nur dann die Antwort als durch eigenes Agieren hervorgerufen erlebt. Dies ist im Prozess der Herausbildung eines sicheren Empfindens von Selbstwirksamkeit besonders wichtig. Natürlich kann nicht jede Regung des Babys sofort beantwortet werden, aber wenn es wach ist, ist es oft möglich, wenn man selbst in der Präsenz ist.

      Dieser erste Prozess der Menschwerdung von der Empfängnis bis zur neurophysiologisch verankerten Erkenntnis, dass es ein neu entdecktes, tatsächlich gewordenes „Ich“ und auch ein davon unterscheidbares „Du“ im Ich/Du-Verbund gibt, dauert etwa 1000 Tage. Das sind 1000 Tage kommunikativer Umhüllung, die ein Kind als Startkapital braucht, zuerst im Uterus, danach in der Umhüllung. „1000 Tage“ klingt lange und ist doch so schnell vorbei, die Eltern unter Ihnen werden mir beipflichten.

      In dieser Zeit hat durch die Kommunikation Baby/Mutter der untere Stirnlappen des Gehirns großartig reagiert, hat sich tatsächlich vergrößert und das kleine Kind hat für sich langsam erfahren, dass es zweierlei gibt, ICH und DU (unterscheidbar, aber als WIR zusammengehörig und noch eingebettet ist, neurophysiologisch verankert). Wir nennen diesen Gehirnteil den unteren präfrontalen Cortex. Diese Entwicklung braucht eben eine gehörige Zeit und immer wiederkehrende verlässliche liebevolle Kommunikation.

      Wenn es so läuft, ist die Grundlage für eine sichere Bindung des Kindes an die Mutter gelegt und diese Sicherheit bedeutet auch ein Urvertrauen für das Sein in dieser Welt, jetzt und später.

       Phasen der Gehirnentwicklung

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      Abb. 2: Phasen der Gehirnentwicklung in den ersten Lebensjahren

      Die ersten zwei Lebensjahre sind also entscheidend für die Ausbildung einer sicheren Bindung beim Kind. Sie entsteht durch die verlässliche dyadische Kommunikation inkl. Körperkontakt zwischen Kind und Mutter.

      Sollte die Mutter, aus welchen Gründen auch immer, nicht für das Kind verfügbar sein, müssen der Vater oder die Oma oder eine andere möglichst konstant präsente empathiefähige Person diese Aufgabe der ersten zwei Jahre bestmöglich erfüllen. Auch das kann gelingen, wenn diese Personen in der Lage sind, eine dyadische, gut umhüllende Kommunikation herzustellen.

      Eine zeitweilige Trennung von der Mutter oder Hauptperson setzt keine Schäden, wie wir heute wissen, aber in dieser Zeit ist es auch wichtig, dass eine andere empathiefähige Person da und präsent ist. Trennung ist aber auch etwas, was behutsam gelernt werden muss, weil es im Alltag zwangsläufig immer wieder stattfindet. Dabei lernt das Kind auch, dass die Mutter immer wieder kommt. Es ist dafür besser, wenn die Mutter sich nicht wegschleicht, sondern auf die nun präsente Person verweist und sich kurz verabschiedet. Dabei sollte die „Ersatz“-Person bekannt und vertraut sein und die Trennung im Beginn eben kurz. Später sind dabei auch sogenannte Übergangsobjekte wie ein Schal der Mutter oder ein Stofftier, mit dem gemeinsam gespielt wurde, hilfreich in der Zeit der Trennung. Aber Trennung sollte in der ersten Zeit eben etwas zeitlich sehr Begrenztes sein.

      Vorerst in dieser Phasendarstellung gehe ich davon aus, dass die Mutter für ihr Baby einfach da ist.

      Unter dieser Kommunikation wächst und reift der untere präfrontale Kortex zur allmählichen und sicheren Wahrnehmung von Ich und Du.

      Eine sichere Bindung ist nun Voraussetzung für die nächsten Phasen der Entwicklung der Impulskontrolle und einer später darauf aufbauenden Selbststeuerung (siehe Abb. 2).

      Natürlich können und werden weitere Personen im Haushalt wie der Vater oder Partner der Mutter, Geschwister und Großeltern und andere nahestehende Personen die Kommunikation der Mutter mit dem Baby/Kleinkind ergänzen oder kurzphasig ersetzen. Dies ist insbesondere gut möglich, wenn die Stimmen und Gesichter wie beim Vater und Geschwistern, vielleicht auch Großeltern durch Zusammenleben oder häufigen Kontakt schon bekannt sind.

       Oxytocin

      Die Entwicklung einer sicheren Bindung wird physiologisch begleitet durch die Ausschüttung von Oxytocin, dem Bindungshormon, beim Neugeborenen und bei der Mutter. Dies beginnt bei der Geburt und bekommt einen kräftigen Impuls beim Stillen und ganz besonders beim direkten intensiven Hautkontakt. Dadurch entsteht ein Oxytocin-Level, der im weiteren Leben die Bindungsfähigkeit weiter ausbildet und insbesondere durch körperliche Nähe und Hautkontakt immer wieder angeregt wird, tatsächlich eine verlässliche Ressource im späteren Erwachsenenleben. Übrigens hat der Vater selbst eine gute Bindungsfähigkeit, steigt auch bei ihm der Oxytocin-Level, insbesondere, wenn er auch Hautkontakt mit dem Kind hat.

      Die Bedeutung des autonomen vegetativen Nervensystems als weitere zentrale biologische Basis der Bindungsfähigkeit beschreibe ich nach der Phasendarstellung.

      Babys, die direkt nach der Geburt von der Mutter getrennt wurden und ohne sie bzw. ohne konkrete Bezugsperson im Waisenhaus ohne empathische Begleitung aufwuchsen, können später als Kinder und Jugendliche auch bei Aufnahme/Adoption in warmherzige Familien sichere Bindungen schlechter aufbauen sowie weniger Glück aus Begegnungen ziehen. Sie bleiben eher distanziert und misstrauisch. Die Fähigkeit zur Ausschüttung von Oxytocin ist bei ihnen entsprechend deutlich vermindert. Bindungsarbeit, etwa in erlebniszentrierten psychotherapeutischen Gruppen, kann hier auch noch nachträglich moderate Verbesserungen in der Bindungsfähigkeit erzielen.

       Impulsgesteuert

      Das Baby ist in diesen ersten 2 Jahren von Basisimpulsen gesteuert. Es meldet sich lautstark, wenn es Hunger hat, der Stuhlgang drückt, die Haut im Windelbereich gereizt ist oder ein Bedürfnis nach Wärme und konkret spürbarer Umhüllung und Getragenwerden da ist. Auch Schmerzstillung und Trost soll sofort erfolgen. Allen Basisimpulsen ist gemeinsam, dass sie keinen Aufschub dulden. Das Baby schreit eben sonst solange, bis das Bedürfnis gestillt oder das unangenehme Gefühl weg ist.

      Einige Eltern meinen, dass ein Kind mit 2 Jahren unartig ist, wenn es wild oder wütend agiert, weil es seinen „Willen“ nicht bekommt. Das ist aber eine Annahme, die aus hirnphysiologischer Sicht grundfalsch ist. Ein Zweijähriges kann noch keine Impulskontrolle haben, weil die sich erst in der Folgezeit im Gehirn strukturell ausbildet.

      Daher wirken Bestrafungen in diesem Alter traumatisch, weil das Kind ja nichts anderes machen kann und dadurch in ungeheuren unlösbaren Stress gerät. Stattdessen gilt es, sich feinfühlig in das Kind hineinzuversetzen, damit die „Wut“ des Kindes dann als eigene Kraft im Kind spürbar wird und mit Anregung durch die Eltern für anderes zur Verfügung steht.

      Ebenso haben viele Eltern


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