Nachhaltig investieren für Dummies. Alexandra Bolena

Nachhaltig investieren für Dummies - Alexandra Bolena


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auch das Leben unter Wasser wird bei Offshore-Windanlagen beeinträchtigt.

       Unternehmen im Transitionsprozess

      Wer überzeugt davon ist, dass Veränderung Zeit braucht und nicht von heute auf morgen gelingen kann, kann auch den aktiven Transitionsprozess unterstützen. In diesem Fall macht es Sinn, sich Unternehmen anzusehen, die sich von ihren »alten« Geschäftsfeldern verabschieden und auf »nachhaltige Themen« umschwenken. Traditionelle Energieunternehmen zum Beispiel, die Kohle und Kernkraft abschwören und Ausstiegsszenarien entwickeln, um in Zukunft grünen Strom zu produzieren, oder Unternehmen aus der Automobilindustrie, die auf Elektroautos umstellen und/oder intensive Forschung zu Wasserstoffantrieb betreiben.

      Wenn Sie Aktien besitzen, haben Sie damit auch ein Mitspracherecht in der jeweiligen Aktiengesellschaft erworben. Als Aktionär sind Sie schließlich Anteilseigner der Gesellschaft und haben das Recht, an Hauptversammlungen teilzunehmen.

      Der Besuch einer Jahreshauptversammlung ist seit jeher ein interessantes Erlebnis. Einerseits werden Sie in der Regel gut verköstigt – kostenlose Imbisse und Getränke gehören zu Hauptversammlungen einfach dazu –, andererseits können Sie sich aus erster Hand über die Entwicklung »Ihres« Unternehmens informieren und sich mit anderen Investoren austauschen.

      Die Hauptversammlung

      Zu beachten ist jedoch, dass nicht jeder Aktionär ein Stimmrecht hat. Nur Besitzer von Stammaktien, auch Stammaktionäre genannt, haben auf Hauptversammlungen Stimmrechte. Als Besitzer von Vorzugsaktien haben Sie auf dieses Recht verzichtet, erhalten im Gegenzug aber eine etwas höhere Dividende.

      

Als Dividende bezeichnet man den laut Beschluss der Hauptversammlung an die Aktionäre ausgeschütteten Unternehmensgewinn.

      Die Höhe einer Dividende sagt also nichts über die Qualität eines Unternehmens aus, denn Gewinne können auch zum Nutzen des Unternehmens reinvestiert werden – solche Entscheidungen einer Aktiengesellschaft nennt man Dividendenpolitik. Nicht ausgeschüttete Gewinne können über diese Dividendenpolitik perfekt dafür verwendet werden, ein Unternehmen »nachhaltig« auszurichten. Das kann über verstärkte F&E, also Forschung und Entwicklung, die Einführung innovativer Technologien, umweltadäquate Anpassung des Produktions- oder Transportprozesses oder eine Adaptierung der Lieferkette nach ESG-Kriterien erfolgen. Und das sind noch bei Weitem nicht alle Themen, die über nicht ausgeschüttete Dividenden finanziert werden können, um ein Unternehmen fit für die Zukunft zu machen.

      

Wenn Ihre Aktien in einem Bankdepot liegen oder über einen Fonds verwaltet werden, haben Sie die Möglichkeit, sich auf der Hauptversammlung von der Bank vertreten zu lassen, beziehungsweise nimmt bei einem Fondsinvestment der Fondsmanager das Stimmrecht für Sie wahr.

      Sprechen Sie Ihre depotführende Bank also ruhig auf das Thema Hauptversammlung an und erkundigen Sie sich nach deren Auftreten und Stimmverhalten ebendort. Auch bei Fondsinvestments lohnt sich das Hinterfragen: Wenn sich ein Fonds dem Thema Nachhaltigkeit verschrieben hat, sollte er in der Hauptversammlung aktiv für »Nachhaltigkeitsmaßnahmen« eintreten und dies auch kommunizieren.

      Es macht daher für Anleger mit Nachhaltigkeitsanspruch Sinn, sich bei der Selektion der Fonds auch das Verhalten der Fondsgesellschaft auf Aktionärsversammlungen näher anzusehen. Wer sich auf Hauptversammlungen aktiv einbringt, engagiert sich, womit wir schon beim dritten Abschnitt des Kapitels wären – der Engagementpolitik. Ein weiterer Terminus, mit dem sich manche in der Finanzbranche gerne, aber nicht immer zu Recht schmücken.

      

Engagement in der Finanzwelt beschreibt einen langfristigen Dialog zwischen Investoren und Unternehmen mit dem Ziel, Eigentümer und Konzerngeschäftsführung für soziale, ethische und ökologische Kriterien zu sensibilisieren und Veränderungen anzustoßen.

      Engagementpolitik heißt weiters, den Dialog aktiv zu suchen. Neben Hauptversammlungen bieten sich auch andere Gelegenheiten wie offene Pressekonferenzen und Präsentationen an, um das Gespräch zu suchen. Aktive Engagementpolitik bedeutet, diesen Dialog hartnäckig einzufordern. Insbesondere dann, wenn Vorstände angesichts voller Terminkalender lieber Presse- und Konzernsprecher vorschicken, als sich selbst kritischen Fragen zu stellen. Darüber hinaus werden im Zuge von Engagementstrategien auch Gespräche mit anderen Organisationen wie NGOs, Interessensvertretungen und auch der Politik gesucht, um ESG-Verbesserungen auf den Weg zu bringen. Ein großartiges Beispiel, wie aktive Engagementpolitik funktioniert, illustriert das Beispiel der Norges Bank Investment Management (NBIM).

      Norwegen: Engagement und Impact

      Der staatliche norwegische Pensionsfonds, der größte Staatsfonds der Welt, verwaltet ein Vermögen von rund einer Billion Euro. Vor einigen Jahren hat sich das Managementteam des Fonds eine Branche seines Veranlagungsuniversums herausgepickt und die Aktieninvestments in Schuh- und Bekleidungsunternehmen näher analysiert. Im Zuge der Prüfung wurden bei so gut wie allen Branchenunternehmen Missstände in den drei ESG-Belangen festgestellt. In Folge begann NBIM im Jahr 2018 eine Zusammenarbeit mit UNICEF, um zunächst die Zusammenhänge besser zu verstehen und dann Einfluss auf globale Unternehmenspolitik und -praktiken zu nehmen. Das Ergebnis: ein Dialog zwischen einer NGO, einem Staatsfonds und Marktschwergewichten. Im Zuge dieses Dialogs haben sich unter anderem der größte europäische Sportartikelhersteller Adidas, das schwedische Modehaus H&M und Yves-Saint-Laurent-Eigentümer Kering rund um das Thema Kinderrechte verständigt. In Folge wurden speziell bei den Zulieferfirmen dieser Konzerne massive soziale Verbesserungen erwirkt.

      Nach zweijährigem Netzwerkengagement veröffentlichten NBIM und UNICEF im Jahr 2020 einen umfassenden Bericht über die Rechte von Kindern mit Fokus auf die Zulieferfirmen der umstrittenen Modebranche. Es wurden klare Mindeststandards für die Bekleidungs- und Schuhindustrie definiert und Empfehlungen ausgesprochen, die heute vielen als Messlatte dienen, wenn es um Verträge mit diesen Zulieferern geht. (Nähere Informationen erhalten Sie unter www.nbim.no/contentassets/d3bda851912f4bcc832520cd93700699/childrens-rights-expectations.pdf


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