Nachhaltig investieren für Dummies. Alexandra Bolena

Nachhaltig investieren für Dummies - Alexandra Bolena


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wird sehr viel Geld notwendig sein, um den European Green Deal zu finanzieren. »Sustainable Finance« wurde in diesem Zusammenhang zu einem Schlüsselbegriff, um die von der EU-Kommission geforderten Mittel in der Höhe von einer Billion Euro (das sind 1000 Milliarden und sieht so aus: 1.000.000.000.000 Euro) für den Kampf gegen die Klimakrise aufzubringen. Denn wer, wenn nicht die Finanzbranche hätte dafür ausreichend Mittel zur Verfügung? Immerhin managt sie ja nicht nur Fonds, sondern verwaltet auch unsere Pensions- und Abfertigungsbeiträge treuhänderisch und muss das Geld, das wir Versicherungen überlassen, um im Falle des Falles abgesichert zu sein, anlegen. Aber wie konkret geht Sustainable Finance? Wie funktioniert SDG-konformes Anlegen?

      

Sustainable Finance will Finanzflüsse nachhaltig und klimaverträglich ausrichten. Es geht darum, alle Investoren – vom Privatanleger bis zum milliardenschweren Staatsfonds, aber auch Versicherungen, Banken, Pensions- und Abfertigungskassen – dazu zu bewegen, bei ihren Geldanlagen darauf zu achten, dass diese unserer Umwelt in sozialen, ökologischen und ethischen Dimensionen nicht schaden. Dabei orientiert sich Sustainable Finance zunehmend an den 17 SDGs, die sich als Standard etablieren.

      EU-Taxonomie und die sechs Umweltziele der EU

      Eines der wichtigsten Ziele, um die Kapitalflüsse in Richtung nachhaltige Investitionen zu lenken und so nachhaltiges Wachstum zu erreichen, ist die Entwicklung des EU-Klassifikationssystems. Mit der Entwicklung dieser EU-Taxonomie wird bis 2022 – so der Zeitplan – final festgeschrieben werden, was unter einer »nachhaltigen Investition« zu verstehen ist. Viele der Positiv- und Negativkriterien, die Sie schon rund um die Frage der Motivation für nachhaltiges Investieren im ersten Teil kennengelernt haben (also zum Beispiel keine Investments in Unternehmen, die der Umwelt schaden, und stattdessen bewusste Investitionen in Geschäftsfelder, die das Zeug haben, die Welt ein Stückchen besser zu machen) dienen der EU als Blaupause – ist das Rad mal erfunden, muss es ja nicht nochmal erfunden werden (siehe auch Kapitel 2). Die sechs Umweltziele der EU sind:

       Klimaschutz

       Anpassung an den Klimawandel

       nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen (bis Juli 2022)

       Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Abfallvermeidung und Recycling (bis Juli 2021)

       Vermeidung und Verminderung von Umweltverschmutzung (bis Juli 2021)

       Schutz gesunder Ökosysteme (bis Juli 2022)

      Aufbauend auf diesen sechs Umweltzielen sollen ein EU Ecolabel für »grüne Finanzdienstleistungen« und ein »EU-Green-Bond-Standard« normiert werden, um Anlegern klare Informationen an die Hand zu geben und ihnen den Zugang zu nachhaltigen Produkten zu erleichtern. In diesem ersten Schritt ist der Fokus der EU klar auf das ökologische Thema gerichtet, in Folge sollen aber auch Sozial- und Governance-Themen aufgegriffen und normiert werden.

      Transparenz und Langfristigkeit

      Die wichtigste Voraussetzung, um die ehrgeizigen Pläne der EU zum Thema »Sustainable Finance« konsumentenfreundlich umsetzen zu können, ist verstärkte Transparenz. Sie ist eine Grundvoraussetzung, um die durchgängige Wertschöpfung von Unternehmen nachvollziehen und Nachhaltigkeitsrisiken angemessen bewerten zu können. In diesem Zusammenhang wurden bereits vor einigen Jahren verstärkte Berichtspflichten für Unternehmen bezüglich »Non-Financial-Themen« gesetzlich geregelt. Diese dienen nun als Basis, wenn es darum geht, Finanzprodukte in puncto Nachhaltigkeit zu bewerten. Um Ihnen als Anleger eine Einstufung zu erleichtern, wurde im Zuge der Offenlegungsverordnung exakt beschrieben, wer was wie zu dokumentieren hat. Näheres dazu später.

      Als weiterer wichtiger Punkt – und hier erleben wir gerade einen echten Paradigmenwechsel – wird die Wichtigkeit der Langfristigkeit in der Finanz- und Wirtschaftstätigkeit betont. Während früher tägliche Liquidität, also die Möglichkeit, ein Finanzprodukt täglich handeln zu können, als eine Art Qualitäts- und Sicherheitsmerkmal galt, wird heute betont, dass echter Impact, also nachhaltiger Erfolg im besten Wortsinn, Zeit braucht. Tatsächlich sind sehr viele nachhaltige Investmentangebote illiquide. Lediglich bei Aktien, Anleihen, Fonds und ETFs ist in der Regel ein täglicher Handel möglich – schon bei Green und Social Bonds muss das nicht unbedingt der Fall sein. Ein Großteil des Angebots, wenn es um nachhaltige Investments geht, ist jedoch illiquide. So befasst sich der gesamte vierte Teil dieses Buches mit Möglichkeiten zur Veranlagung, mit denen Sie Ihr Geld länger- bis langfristig – zwischen ein paar Monaten und mehr als 20 Jahren – fix binden.

      Hellgrün, dunkelgrün, EU Ecolabel

      Tatsächlich werden im Zuge der Offenlegungsverordnung drei Arten von Finanzprodukten unterschieden:

       Finanzprodukte, die ökologische oder soziale Merkmale bewerben (nach Artikel 8 der Offenlegungsverordnung hellgrüne Produkte)

       Finanzprodukte, die eine nachhaltige Investition anstreben (nach Artikel 9 der Offenlegungsverordnung – dunkelgrüne Produkte)

       Sonstige Finanzprodukte (Artikel 6)

      Letzteren ist nach Bestimmungen der Taxonomie-Verordnung die Erklärung beizufügen, dass … »die diesem Finanzprodukt zugrunde liegenden Investitionen die EU-Kriterien für ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten nicht berücksichtigen«.

      Klare Worte, die ab 2022 umso mehr Gewicht haben werden. Der Aktionsplan der EU enthält in seinem umfassenden Gesetzespaket nämlich noch weitere Bestimmungen, die sicherstellen sollen, dass das Thema Sustainable Finance auch wirklich bei Privatinvestoren landet. So sind ab 2022 Wertpapierfirmen und deren Berater verpflichtet, im Rahmen jedes einzelnen Kundengesprächs neben Risikobereitschaft, Anlagehorizont und Erfahrung am Kapitalmarkt auch Nachhaltigkeitsaspekte abzufragen und in einem Nachhaltigkeitsprofil – ähnlich dem althergebrachten Kunden-Risikoprofil – zu dokumentieren. Auch Versicherungsmakler müssen, wenn es um das Thema fondsgebundene Lebensversicherung geht, darauf achten, dass die der Versicherung zugrunde liegenden Fonds beziehungsweise die in ihnen enthaltenen Wertpapiere zum Nachhaltigkeitsprofil des Kunden passen. Wer wissen will, welche Fragen da aufs Tapet kommen können, kann sich schon heute anhand eines Leitfadens einen ersten Eindruck verschaffen. Das Forum Nachhaltige Geldanlagen, kurz FNG, hat gemeinsam mit anderen Experten und Praktikern der nachhaltigen Finanzbranche einen Fragebogen zur Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen entwickelt. Hier der Link, falls Sie wissen wollen, wie sich ein Beratungsgespräch zum Thema Nachhaltigkeit in Zukunft gestalten könnte: www.forum-ng.org/images/stories/Publikationen/Leitfaden_Abfrage_Nachhaltigkeitspraeferenzen.

      Apropos FNG – bis 2022, also bis das EU Ecolabel das Licht der Welt erblicken soll – können Sie sich als Privatanleger mit anderen Gütesiegeln für Finanzprodukte helfen. Eines davon, das im ganzen deutschsprachigen Raum geschätzt wird, vergibt das FNG. Mehr zum Thema aktuelle Gütesiegel und Co lesen


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