Partnerschaft und Sexualität. Monika Röder

Partnerschaft und Sexualität - Monika Röder


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zu berücksichtigen gilt, ist die häusliche Gewalt., von der insbesondere Frauen betroffen sind. Jede dritte Frau erlebt im Laufe ihres Lebens physische und/oder sexualisierte Gewalt. Laut dem Bundeskriminalamt (2020) ist die häusliche Gewalt seit 2014 jährlich angestiegen. Etwa die Hälfte der Opfer von vollendeter und versuchter Partnerschaftsgewalt lebte im gemeinsamen Haushalt mit der tatverdächtigen Person. Von den Opfern waren ca. 80 % weiblich und ca. 20 % männlich.

      In der freien Beratungspraxis stellt häusliche Gewalt einen Sonderfall dar. Wenn wir von häuslicher Gewalt in der Partnerschaft erfahren, ist unsere Haltung systemisch und allparteilich – aber wir beziehen eine unmissverständliche Position: Wir akzeptieren die Person; das gewalttätige Verhalten dagegen ist inakzeptabel und muss beendet werden. Das Paar muss den sofortigen Ausstieg aus der Eskalation lernen (image Kap. 10.2). Ein weiteres wichtiges Element ist das Erlernen von Selbstregulation (image Kap. 11.1) in Einzeltherapien oder Antiaggressionstrainings. Da allerdings schnell gehandelt werden muss, überweisen wir Betroffene häufig an Fachstellen wie Opfer-, Frauen- und Männerberatungsstellen. Sind Kinder in die Gewalt involviert und es droht ihnen Gefahr, so müssen in Deutschland das Jugendamt, in der Schweiz die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) oder die Polizei einbezogen werden.

      2.2 Glückliche Partnerschaften

      Betrachten wir nun die Paare, die trotz der Herausforderungen des Alltags glücklich oder zufrieden mit ihrer Partnerschaft sind. Was machen diese Paare laut Paarstudien anders? Warum schwappt Stress bei ihnen nicht auf die Partnerschaft über? Wie bewältigen sie die Belastungen des Alltags und wie kommunizieren sie?

      Glückliche Paare scheinen etwas Grundlegendes verstanden zu haben: die Wichtigkeit des Perspektivenwechsels, also die Fähigkeit zur Empathie. Sie können sich in den Partner einfühlen und ihn mit seinen Bedürfnissen ernst nehmen (Arriga & Rusbult, 1998). Grundsätzlich geht es in einer Partnerschaft um die Bedürfnisse nach Sicherheit und Stabilität, Verbundenheit und Nähe, Wertschätzung und Akzeptanz sowie nach Zärtlichkeit und Sexualität und nach persönlichem Wachstum. Das Ausmaß eines bestimmten Bedürfnisses ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich.

      Damit die Bedürfnisse der beiden Partner möglichst umfassend erfüllt werden und eine Partnerschaft stabil bleibt, braucht es das Commitment beider Partner. Commitment bedeutet hier die Entscheidung, sich für die Beziehung engagieren zu wollen, um sie längerfristig aufrechtzuerhalten (Drigotas, Rusbult & Verette, 1999). Das kann z. B. heißen: »Ich will es mit dir schaffen und mich für unsere Beziehung einsetzen – selbst, wenn es manchmal schwierig ist«.

      Auch der Umgang miteinander ist bei glücklichen Paaren anders: Sie gehen grundsätzlich feinfühlig und achtsam miteinander um (Rusbult, Finkel & Kumashiro, 2009). Sie halten mehr Blickkontakt als unglückliche Paare, lächeln einander häufiger an, sprechen mit warmer, zärtlicher Stimme und vermitteln dem Partner, dass sie ihn und seine Äußerungen respektieren (Bradbury & Karney, 2010). Negative Verhaltensweisen werden durch positive ausgeglichen: Einem negativen Kommunikationsereignis, wie etwa einem Vorwurf, Jammern oder einer Provokation, stehen fünf positive Verhaltensweisen, wie etwa ein Lächeln, Interesse oder Zärtlichkeiten, gegenüber (Gottman, 2014).

      Bei Belastungen durch den Alltag zeigen glückliche Paare Fähigkeiten zur dyadischen, d. h. partnerschaftlichen, Stressbewältigung: Die Partner tauschen sich regelmäßig persönlich aus, berichten einander von ihren Belastungen und den damit einhergehenden Gefühlen; sie unterstützen sich gegenseitig emotional und auch problembezogen, d. h. durch praktische Hilfe (Kessler, 2015). Die gemeinsame Bewältigung von Stress wirkt sich positiv auf die Partnerschaft – und auch auf die Gesundheit der Partner – aus (Meuwly et al., 2012).

      Tiefes Verstehen ist wesentlich, um zu wissen, welche Bedürfnisse der Partner hat, welche Art der Unterstützung er braucht, und auch, um eine Partnerschaft als erfüllend zu erleben (Bradbury & Karney, 2010). Glückliche Paaren zeigen mehr Selbstöffnung – sie sprechen über tiefe Gefühle und Bedürfnisse – hören sich gegenseitig aufmerksamer zu, geben einander weniger Ratschläge und mehr emotionale Unterstützung als unglückliche Paare. Dieses weist auf ein gegenseitiges tieferes Verstehen hin (Kuhn, 2017).

      Eine weitere Form der Unterstützung, durch die sich glückliche Paarbeziehungen auszeichnen, ist, dass die Partner auf die Stärken des anderen fokussieren. Sie unterstützen sich gegenseitig in ihrem persönlichen Wachstum, indem sie einander helfen, die jeweiligen Stärken weiterzuentwickeln, sich gegenseitig ermutigen und positive Rückmeldungen geben. Sie machen nicht den Fehler, den Partner nach den eigenen Vorstellungen verändern zu wollen, und sie ermöglichen neue Entwicklungen, ohne den anderen aufgrund eigener Ängste einzuschränken (Rusbult et al., 2009).

      Zur Regulation von Gefühlen spielen körperliche Berührungen im Alltag glücklicher Paare eine wichtige Rolle: Nicht nur die Stimmung des Empfangenden wird durch kleine Zärtlichkeiten angehoben, sondern auch die des Gebenden. Gleichzeitig stärkt die Ausschüttung verschiedener Hormone die Bindung, was umgekehrt wieder Auswirkungen auf die partnerschaftliche Nähe und Intimität und damit die Partnerschaftszufriedenheit hat (Debrot et al., 2013)

      Im »Haus der Partnerschaft« fassen wir die Erkenntnisse der Paarforschung über glückliche Partnerschaften zusammen (image Abb. 2.1). Die sechs Säulen stellen die beschriebene Haltung der Partner dar und die Ebenen des Daches den Umgang miteinander. Das Gebäude steht auf dem Fundament der psychischen Stabilität beider Partner. Denn Partnerschaften, in denen beide Partner psychisch stabil sind, haben gute Voraussetzungen (image Kap. 2.1).

      Der Schornstein des Hauses symbolisiert die angemessenen Erwartungen: Es hat sich als günstig für die Partnerschaftszufriedenheit herausgestellt, keine überzogenen Erwartungen an Liebe, Sexualität und Partnerschaft zu haben, sondern diese den jeweiligen Lebensumständen anpassen zu können. Der Paartherapeut Arnold Retzer bezeichnet diese Fähigkeit als »resignative Reife« (Retzer, 2009). Glückliche Paare verstehen Probleme und Krisen als unvermeidbare Bestandteile der Beziehung, an denen gearbeitet werden muss. »Die besten Karten haben jene, die dies nicht als lästige, störende Übung ansehen, sondern vielmehr als eine spannende Aufgabe, in der man die Chance hat, sich gegenseitig immer wieder neu kennenzulernen und weiterzuentwickeln« (Perrig-Chiello, 2017, S. 176).

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      3 Blick ins Schlafzimmer

      Wir haben uns in den vorangegangenen Kapiteln mit dem gesellschaftlichen Kontext befasst und danach sowohl auf verbreitete Partnerschaftsprobleme als auch auf glückliche Partnerschaften geschaut. Nun fokussieren wir uns auf das Sexualleben der beiden Partner: Wie leben sie ihre Sexualität oder auch nicht? Wie »ticken« Menschen sexuell? Was löst sexuelle Lust aus? Aber auch: Was sind die Stolpersteine für eine befriedigende sexuelle Begegnung?

      Der Blick ins Schlafzimmer mithilfe der Forschung ist nicht einfach. An Studien zur Sexualität nehmen eher jüngere, liberal eingestellte und sexuell erfahrene Menschen teil, die ihre Sexualität eher als unproblematisch erleben. Menschen mit größeren Problemen oder weniger sexuellen Erfahrungen vermeiden Studien oder Fragen zur Sexualität eher (Von Sydow & Seiferth, 2015). Daher können die folgenden Resultate zur sexuellen Zufriedenheit eine etwas zu positive Abbildung der Realität darstellen.

      3.1 Sexuelle (Un-)Zufriedenheit


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