Lebensläufe Zeitläufte. Karlheinz Gerlach

Lebensläufe Zeitläufte - Karlheinz Gerlach


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4.3.1790 erschloß die Bücherschätze der Allgemeinheit. Er ließ das Gebäude zweckmäßig ausbauen, die Sammlungen planmäßig zusammenstellen, die Dubletten verkaufen und veranlaßte beträchtliche Ankäufe, so der bedeutenden Büchersammlung des 1798 verstorbenen Naturwissenschaftlers → Johann Reinhold Forster. Biester verreiste selten, wenn meist zu Bücherkäufen, kaum in die Ferne, so 1782 auf Veranlassung Zedlitz' nach Schlesien, 1787 mit dem Bankier Levy, vermutlich Samuel Salomon Levy (1760-1806), Ehemann der Cembalistin Sara geb. Itzig (s. Artikel Itzig, Bonem (Benjamin) Daniel), durch Deutschland, in das Elsaß, durch Lothringen und in die Schweiz oder 1791 mit Struensee nach Ostpreußen und von dort nach Polen, wo er in Warschau dem aufgeklärten König Stanisław II. August Poniatowski, dem letzten polnischen Wahlkönig, vorgestellt wurde. Biester verfaßte außer zahlreichen Zeitschriftenbeiträgen historische Werke, so Momente. Die dem Zeitalter Friedrichs des Großen sein Gepräge gaben, Abriß des Lebens und der Regierungsgeschichte der Kaiserin Katharina II. von Rußland (1797) und Die Geschichte von Polen (1796, 1797), arbeitete an der Übersetzung der Nachgelassenen Werke Friedrichs II. und an Friedrich Nicolais Beschreibung der königlichen Residenzstädte mit. Friedrich Wilhelm III. berief ihn schließlich am 19.4.1798 zum Ordentlichen Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Berlin (eine Wahl fand nicht statt). Die Große Landesloge ehrte den Verstorbenen am 2.5.1816 in einer Trauerloge. Die Gedenkrede hielt Landesgroßmeister → Frédéric Adolphe de Castillon.

      Bischoffwerder, Hans Rudolf v. (er schrieb Bischoffswerder) (13.11.1741 Ostramondra/kursächsischer Anteil Thüringens-30.10.1803 Marquardt/Mittelmark), luth.,

      Vater

      Johann Rudolf v. Bischoffwerder (1707-1754), kursächsischer Rittmeister, Adjutant von Hermann Moritz von Sachsen (1696-1750, V Kurfürst Friedrich August I. von Sachsen, August der Starke, M Maria Aurora v. Königsmark [1662-1728]), 1743 Marschall von Frankreich, zuletzt Oberst der Generalstaaten, Zeitpunkt und Ort seiner Aufnahme als Freimaurer sind nicht ermittelt, proponiert 18.3.1743 Berlin in der Loge Aux trois Globes, Visiteur 25.5. und 30.5.1743, 25.5.1743 proponiert zum Meister, ohne Gegenstimmen akzeptiert, III. 18.6.1743, IV. 26.6.1743, Mitglied der schottischen Loge L’Union, später Mitglied der Strikten Observanz mit dem Ordensnamen Adolphus eques a grypho, Mitglied der Loge Zu den drei Rosen in Jena.

      M Henriette Wilhelmine geb. v. Bünau-Ostramondra († 1762 Görlitz, brachte das Rittergut Ostramondra in die Ehe), ∞ 1. 1764 Luise Christiane v. Wilcke (V E. L. v. Wilcke, kursächsischer Kammerherr [gemeint Georg Leberecht v. Wilcke [1699-1761], kursächsischer Hof- und Regierungsrat, Kabinettsrat, Archivar]?), 1794 geschieden, 2. Wilhelmine Katharina verw. Gräfin Pinto (1757-1833, V Friedrich Wilhelm v. Tarrach [1718-1782], Finanzrat, 1777 faktischer Chef des V. Departements des Generaldirektoriums, rechte Hand Friedrichs II. im Manufakturwesen [Straubel: Biographisches Handbuch, 1004], deren erster Ehemann: Franz Ignaz v. Pinto, Graf di Barri [1725-28.12.1788 Potsdam], preußischer Generalmajor, Militäringenieur),

      Tochter:

      Friederike Wilhelmine Charlotte Gräfin v. Pinto (1776-1839) ∞ Potsdam 1797 Gustav Hermann August v. Wartensleben (1774-1834, Generalmajor, Ehe 1803 geschieden), Gv → Leopold Alexander v. Wartensleben, V Generalmajor Leopold Alexander v. Wartensleben (1745-1822)

      dessen Bruder:

      Wilhelm Friedrich Heinrich Ferdinand v. Wartensleben (1740-1776) ∞ Elisabeth Sophie Louise v. Printzen (V → Friedrich Wilhelm Freiherr v. Printzen)

      Hans Rudolf v. Bischoffwerder verbrachte seine Kindheit auf dem thüringischen Wasserschloß Ostramondra vermutlich gemeinsam mit seinem Stiefbruder

      Günther v. Bünau (21.5.1752 Bautzen-13.1.1795 Petrikau/Neu-Ostpreußen), V Günther v. Bünau (1712-1793), Landesbestallter des kursächsischen Markgraftums Oberlausitz, M Helene Elisabeth geb. v. Hohberg und Buchwald († 1755), wuchs bei seiner Stiefmutter, der Mutter Hans Rudolf v. Bischoffwerders, in Ostramondra auf, studierte Jura in Halle und 1771 in Wittenberg, 1775 Prüfung durch die Glogauer Oberamtsregierung, dort Referendar, 1778 Rigorosum, Referendar cum voto, 1780 Assistenzrat beim Kriminalkollegium in Glogau, 1786 Kriegs- und Domänenrat, wo er erstmals 1788 als Freimaurer nachgewiesen ist, 1788/1790 Redner der Hauskommende Cherub vor Eden in Glogau (Präfektur Apfelstädt der VII. Provinz der Strikten Observanz), 1790 Großsekretär, nach der Zweiten Polnischen Teilung Juli 1793 als Kriegs- und Domänenkammer nach Petrikau versetzt.

      Die juristische Fakultät der Universität Halle immatrikulierte am 15.4.1756 den erst 15-jährigen Bischoffwerder, und er war erst 17 Jahre alt, als die Loge Philadelphia zu den drei goldenen Armen ihn am 23.11.1758 aufnahm. Er brach, mitten im Siebenjährigen Krieg, das Studium ab und trat 19-jährig 1760 in das preußische Kürassierregiment Nr. 11 Leib-Carabiniers ein, das ihn am 24.2.1761 zum Kornett beförderte. Er nahm in der Armee Prinz Heinrich am 29.10.1762 an der Schlacht bei Freiberg teil. Nach dem Krieg im Juli 1763 verabschiedet, erwarb er 1766 die oberlausitzischen Rittergüter See und Sproitz (die er 1771 wieder verkaufte) und trat als kursächsischer Kammerherr und Stallmeister in die Dienste des kursächsischen Prinzen Karl.

      Karl Christian Joseph Prinz von Sachsen (1733-1796), V August III. Kurfürst von Sachsen und König von Polen (1696-1763), M Maria Josepha Erzherzogin von Österreich (1699-1757), 1758 Herzog von Kurland und Semgallen, dankte 1763 auf Druck Katharinas II. ab, lebte in Sachsen winters in Dresden im (2005-2008 wieder aufgebauten) Kurländischen Palais, sommers in Elsterwerda im Elsterschloß, 1772 Superior et Protector Ordinis in Saxonia der VII. Provinz der Strikten Observanz, großes Interesse an den Arbeiten der Dresdner Loge Zu den drei Schwertern, saß, selbst mit mystischer Neigung, dem Okkultisten Schrepfer auf.

      Johann Georg Schrepfer (get. 26.3.1738 Nürnberg-8.10.1774 Leipzig), V Gastwirt in Nürnberg (nach Konkurs 1744? Soldat [preußischer Husar?, kaiserlicher Offizier?]), Johann Georg wohnte 1760 im preußisch besetzten Leipzig, ∞ 1761 Tochter eines Schneidermeisters, kaufte ein Kaffeehaus im Barfüßergäßchen, gründete 1772, ohne je in eine Loge aufgenommen worden zu sein, eine Loge der echten Maurerei, projizierte mit Hilfe einer Laterna magica Geister, behauptete im Besitz eines Millionenvermögens auf Schweizer Banken zu sein, geriet mit der Loge Minerva in Streit, deren Geheimnisse er verriet, was aber trotz Verhaftung und der Aufdeckung seiner Betrügereien seinem Ansehen beim Dresdener Hochadel nicht schadete, vor dem er in dem Prinz Karl gehörenden Kurländischen Palais auftrat, kam am frühen Morgen des 8.10.1774 in Anwesenheit Bischoffwerders ums Leben − Selbstmord oder Mord. Schrepfer diente Friedrich Schiller als Vorlage zu seiner Erzählung Der Geisterseher.

      Bischoffwerder wurde 1765 in Görlitz in der schottischen Loge Zur gekrönten Schlange, einer Loge strikter Observanz der Präfektur Baruth der VII. Provinz, mit dem Ordensnamen Adolphus eques a grypho (Ritter zum Greifen) zum Ritter geschlagen. Er nahm an den Konventen in Kohlo (1772, wo er → Johann Christoph Wöllner kennenlernte) und Wiesbaden (1776, Bekanntschaft mit dem Heermeister → Karl Gotthelf v. Hund) teil. Er hatte eine starke Neigung zur Mystik, war ein Anhänger Schrepfers, den er im Auftrag von Prinz Karl verhörte. Sein begeisterter Bericht bewirkte, daß Schrepfer nach Dresden berufen wurde. Bischoffwerder sollte im Bayerischen Erbfolgekrieg 1778/79 als Adjutant → Heinrichs Prinz von Preußen in das sächsische Korps eintreten, indes verweigerte Prinz Karl seinen Abschied, worauf er auf Empfehlung → Friedrich Augusts von Braunschweig und durch Vermittlung Prinz Heinrichs im Range eines Majors ein von ihm aufzustellendes sächsisches Jägerkorps (Freikorps) erhielt. Friedrich II. gewährte ihm nach dem Krieg 1779 eine Pension. Bischoffwerder lebte in Potsdam als enger Vertrauter → Friedrich Wilhelms von Preußen, der ihm das Gut Marquardt schenkte. Er trat keiner preußischen Loge bei, besuchte aber als Begleiter des Thronfolgers die Feste der Potsdamer Loge Minerva. Am 24.12.1779 weihte ihn der preußische Gold- und Rosenkreuzerorden ein mit dem Ordensnamen Farferus Phocus Vibron de Hudlohn und übertrug ihm 1780-1789 die Direktion des Potsdamer Ordenszirkel Farferus. Nach der Ordensaufnahme Friedrich Wilhelms Prinz von Preußen am 8.8.1781 war er dessen rosenkreuzerischer Geleitmann. Bischoffwerder und weitere Rosenkreuzer inszenierten mit dem Thronfolger


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