Lebensläufe Zeitläufte. Karlheinz Gerlach

Lebensläufe Zeitläufte - Karlheinz Gerlach


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Ferdinand Prinz von Preußen; Bielfeld unterrichtete ihn in Potsdam in Ethik. Diese Berufung und seine Abwesenheit waren wohl der Grund, warum Bielfeld am 5.6.1744 eine erneute Wiederwahl zum Stuhlmeister ablehnte und am 8.7.1744 die Loge für einige Jahre deckte. Friedrich II. übertrug Bielfeld 1747 weitere Ämter, so des Kurators der preußischen Universitäten und des Direktors des Hospitals in Berlin, verlieh ihm 1748 das Prädikat Geh. Rat, ernannte ihn 1749 zum Kurator des Oberkuratoriums (zuständig für die Universitäten) und 1753 zum Direktor der kgl. Schauspiele. Die Loge Zu den drei Weltkugeln wählte Bielfeld nun am 6.6.1754 mit 6 zu 5 Stimmen erneut zum Meister vom Stuhl. Er trat das Amt am 16.9.1754 an und übte es formal bis zum 28.5.1755 aus. Eine seiner letzten Handlungen war am 4.1.1755 die Installierung der Berliner Tochterloge La petite Concorde (Zur Eintracht). Bielfeld verkehrte ab 1749 hauptsächlich in dem oppositionellen Rheinsberger Freundeskreis → Heinrichs Prinz von Preußen. Friedrich II. entließ ihn am 17.2.1755 aus dem Staatsdienst, wonach er am 12.4.1755 endgültig die Loge deckte und sich hoch verschuldet auf seine Güter Treben und Haselbach im Herzogtum Sachsen-Gotha-Altenburg zurückzog, wo er Gast am Hof von Gotha war. Während des Siebenjährigen Krieges 1757-1763 lebte er in Hamburg, von wo er gut unterrichtete Berichte an Heinrich Prinz von Preußen und Minister v. Finckenstein (über Kriegsschauplätze, Schweden, Rußland) schickte. Friedrich II. setzte ihm 1762 eine Pension von 600 Rtl aus und empfing ihn 1763 in Berlin. Er kam im Sommer 1767 auf Einladung der Prinzen Heinrich und Ferdinand letztmals nach Berlin. Bielfeld schrieb Komödien für die Schönemannsche Schauspieltruppe sowie staatswissenschaftliche und andere Werke: Institutions politiques, 1760/1767, mit einer Einleitung von → Joachim Georg Darjes, deutsch Des Freyherrn von Bielefeld Lehrbegriff der Staatskunst (Johann Friedrich Korn d. Ä.: Breslau 1764-1773), Lettres familières et autres de Monsieur le baron de Bielfeld (1763), deutsch Des Freyherrn von Bielfeld freundschaftliche Briefe (Danzig 1765), Übersetzungen.

      Biester, Johann Erich (17.11.1749 Freie Reichsstadt Lübeck-20.2.1816 Berlin, Grab Dorotheenstädtischer Friedhof), ev., V Ernst August Biester (* Hannover, † 1779), wohlhabender Seidenkrämer mit Ausschnitthandel, M Margarethe Elisabeth geb. Hake (1721-1750, starb achteinhalb Wochen nach der Geburt Johann Erichs, V Joachim Hake, Seidenhändler in Lissabon, von wo er nach dem Erdbeben von 1755 nach Lübeck zog, M Anna Dorothea geb. von Melle [V Jakob von Melle, 1659-1743, Lübecker Historiker]), ∞ Lübeck 1781 Kusine Anna Dorothea Hake (V Mutterbruder Johann Hake, Prediger in Lübeck),

      Sohn:

      Karl Biester (1788-1853), klassischer Philologe, Professor am Lyceum Hosianum in Braunschweig/Ostpreußen

      Johann Erich Biester besuchte 1760 das Katharineum (gegründet 1531) in Lübeck, dessen Rektor, der Theologe Johann Daniel Overbeck (1715-1802), in ihm das Interesse am Klassischen Altertum weckte, lernte moderne Sprachen (Französisch, Italienisch, Englisch, später auch Spanisch, Dänisch), studierte Ostern 1767-1771 in Göttingen Jura, hörte auch Rechtsmedizin, englische Literatur, Literaturgeschichte, Geschichte, diese bei August Ludwig v. Schlözer (1735-1809), und schloß Freundschaft mit dem Jurastudenten und Dichter

      Gottfried August Bürger (31.12.1747 Molmerswende [Stadtteil von Mansfeld]-8.6.1794 Göttingen), studierte ab 1768 in Göttingen Jura, mit → Biester gemeinsame Shakespeare-Studien, widmete ihm seine Übersetzung des Macbeth, 1772-1784 Amtmann am Patrimonialgericht Altengleichen (Fürstentum Göttingen) mit Sitz in Gelliehausen, Dichter des Sturm und Drang, schrieb Balladen, Die Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen, a. 3.3.1775 Göttingen von der Loge Zum goldenen Zirkel (GLL), II. 23.6.1776, III. 1.11.1776, 1777-1783 Redner, mit → Friedrich Ludwig Schröder befreundet. (Peter Volk, in: Reinalter: Freimaurerische Persönlichkeiten).

      Biester war nach dem Studium 1771 ohne Neigung zur praktischen Jurisprudenz als Jurist am Lübecker Marstallgericht tätig, schrieb für Zeitschriften, so für die von → Friedrich Nicolai in Berlin herausgegebene Allgemeine Deutsche Bibliothek (ADB), verkehrte unter aufgeklärten Gelehrten, besuchte den verehrten Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock (1724-1803) in Hamburg, dieser nach Feßlers Zeugnis Mitglied der Loge Zu den drei Rosen, und schloß sich den Freimaurern an − am 29.6.1773 in die Lübecker Loge Zum goldenen Füllhorn aufgenommen. Biester erhielt 1773 eine Professur für Geschichte, schöne Wissenschaften und Sprachen am Paedagogium Bützow in Mecklenburg, wo er am 28.9.1773 zum Dr. jur. promovierte, wonach er an der Universität auch Collegia über Universal- und Rechtsgeschichte sowie griechische Autoren halten durfte. Er verließ Bützow im Dezember 1775, besuchte im Sommer 1776 Berlin und unterrichtete (Hofmeister) anschließend die Enkel des Landmarschalls v. Lützow in Eickhof. Die Bekanntschaft mit → Friedrich Nicolai entschied seine Zukunft. Dieser vermittelte ihm die Stelle eines Privatsekretärs bei Karl Abraham Freiherr v. Zedlitz (1731-1793), dem preußischen Staats- und Justizminister und Chef des geistlichen Departements, die er am 1.2.1777 antrat. Zedlitz übertrug ihm ein breites Aufgabengebiet als Vorleser, Briefschreiber, Lehrer bei seinen klassischen Studien, Übersetzer, so seiner Akademieschrift Sur le Patriotisme considéré comme Objet d’Education ins Deutsche, als Prüfer von Schulberichten und Schulplänen. Er fand im Berlin Friedrichs des Großen, schrieb er in seiner Selbstbiografie, "Geist und Herz-Erhebendes, Belebendes, Bildendes" und eine "reiche Anzahl edler großer Gelehrter, die zum Teil Epoche in ihren Wissenschaften gemacht haben". Er befreundete sich innig mit dem vier Jahre jüngeren → Friedrich Gedike und gewann die "vertrauensvolle Freundschaft" des Ministers → Karl August v. Struensee. Biester trat in Berlin am 9.4.1776 der Loge Zum goldenen Pflug (GLL) bei, die ihn umgehend zum Redner, am 8.11.1782 zum 1. Aufseher und am 5.12.1789 zum Logenmeister (3.2.1790 eingesetzt) wählte − ein Amt, das er mehr als ein Vierteljahrhundert bis zu seinem Tode ausübte. Die Große Loge erwählte ihn am 24.6.1790 (bis 1815) zum Großredner, womit er der Führung des Logenbundes angehörte. Seine zahlreichen Logenreden kennzeichneten ein ihm eigentümlich zum Herzen dringender Vortrag und Deutlichkeit. Im Januar 1777 nahm ihn der Montagsklub, das Hauptquartier der Berliner Aufklärung, auf, dem er 1811-1816 als Senior vorstand. Ende 1782 gründeten er und Gedike die Berlinische Monatsschrift (Band 1 Januar 1783), bald neben der Nicolaischen ADB ein Hauptorgan der Berliner Aufklärung. Als in den neunziger Jahren die Gegenaufklärung triumphierte, trat Gedike 1791 aus der Redaktion aus. Biester verlegte, als die Zensur immer mehr drückte, den Druckort ins deutsche Ausland, stellte die Berlinische Monatsschrift im Dezember 1796 ein, setzte sie 1797 unter dem neuen Namen Berlinische Blätter und 1799-1811 als Neue Berlinische Monatsschrift fort, wenn auch nicht mehr mit gleichem Erfolg. Aus gleichen Gründen wie Gedike und Biester die Berlinische Monatsschrift gründeten der weltliche Oberkonsistorialrat Karl Franz v. Irwing (1728-1801), 1787 Präsident des Oberschulkollegiums, Gedike, → Johann Friedrich Zöllner und Biester am 5.11.1783 die gelehrte, auf die praktische Reform von Staat und Gesellschaft gerichtete Mittwochsgesellschaft mit dem geheim zu haltenden Namen Gesellschaft von Freunden der Aufklärung. Der Gesellschaft gehörten mehrere Freimaurer an, außer Biester, Gedike und Zöllner noch → Ernst Ferdinand Klein, → Friedrich Nicolai, → Karl August v. Struensee, Christian Konrad Wilhelm Dohm (1751-1820); Moses Mendelssohn war auf Vorschlag Biesters vom 17.12.1783 Ehrenmitglied, er selbst Sekretär mit der Aufgabe, die Zusammenkünfte in den Wohnungen der Vortragenden vorzubereiten. Die Berlinische Monatsschrift veröffentlichte zahlreiche ihrer Vorträge. Die Vereinsleitung löste die Mittwochsgesellschaft nach dem Edikt wegen der geheimen Verbindungen im Herbst 1798 auf. Nachdem → Antoine-Joseph Pernety, 2. Bibliothekar der kgl. Bibliothek, der fest an die Weissagung weltzerstörender Erdbeben und Erdzerspalten, die in Brandenburg ihren Ausgang nehmen sollten, glaubte, in sein frömmeres Vaterland Frankreich zurückgekehrt war, empfahl Zedlitz seinen Sekretär dem König. Friedrich II. beschied Biester am 10.1.1784 auf das Schloß, wo er ihn abends um 7 Uhr sprach und zum Bibliothekar ernannte. Friedrich Wilhelm II. beförderte ihn 1794 zum 1. Bibliothekar (die Direktion hatte der Minister des Geistlichen Departements → v. Wöllner). Biester bezog die zur Behrenstraße gelegene Dienstwohnung neben der 1775-1780 von → Georg Christian Unger entworfenen und unter der Leitung von Georg Friedrich Boumann, dem Bruder von → Michael Philipp Boumann, erbauten kgl. Bibliothek,


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